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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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es. daß ein orthodoxer Hindu mich fragte, ob durch das Nehmen dieses Tranks
nicht seine Dharm (Gerechtigkeit vor der Gottheit) oder Kaste verloren gehen
werde. Ich verneinte das und zeigte ihm, daß das Kastenwesen nicht von Gott
sei, und daß durch das Beobachten der religiösen Vorschriften und Bräuche
kein Mensch vor Gott gerecht werden und die Seligkeit erlangen könne, sondern
nur allein durch den Glauben an Jesum Christum", u. s, w. u. s. w. Immer
das alte Lied, höchstens mit kleinen Variationen, Genug nun von der Thätig¬
keit unsres Missionärs, und summiren wir jetzt kurz seine Erfolge, um dann
zu einigen allgemeinen Bemerkungen über die Missionen in Indien und die
Hindernisse, die denselben entgegenstehen, überzugehen.

Ueber den Erfolg der siebenjährigen Arbeit unsrer drei deutschen Heidenboten
im Lande Bengalen ist bald berichtet. Sie tauften 9 Waisenkinder und hätten
noch einige Erwachsene für die Ceremonie bekommen können, wenn sie dem
Lebenswandel derselben hätten trauen dürfen, und wenn sie nicht hätten fürchten
müssen, daß durch diese Proselyten "der Name Jesu Christi unter dem ab¬
göttischen Volke stinkend werden" mochte. Sie vertheilten eine Anzahl Bücher,
die vielleicht gelesen, vielleicht anderweit benutzt wurden, was der Verfasser
zugiebt. Sie unterrichteten einige Kinder, die den Katechismus, den sie aus¬
wendig gelernt, möglicherweise behalten haben. Im Uebrigen tröstet sich unser
Freund damit, daß sie Bahn gebrochen hätten. Der Gesellschaft, die ihn und
die Gefährten gesandt, war das nicht genug, und da das Jahr 1848 ihr
die Mittel schmälerte, so rief sie ihre Arbeiter aus dem Weinberge ab. Die
beiden andern Missionäre traten in die Dienste einer andern Societät. Der
Berichterstatter wurde 18S0 nach Amerika versetzt.

Sie hatten freilich auch außer ihrer wiederholt erwähnten falschen Methode
mit großen Hindernissen zu kämpfen, die Armen! vor allem mit der allgemei¬
nen Stumpfheit und Gleichgiltigkeit, dann mit der Selbstgerechtigkeit der Or¬
thodoxen unter den Muhammedanern und Hindus. Sehr oft hieß es: "Alles
gut. was du sagst, wenn aber alle so wären wie du, wie wollte da die Welt
bestehen?" Andre wieder äußerten ganz ungescheut: "Unsre Sorge geht allein
darauf, wie wir uns Essen und Trinken verschaffen!" Ein Muhammedaner
Meinte verächtlich: "Wenn ich durch diesen Jesus selig werden soll, so mag ich
gar nicht selig werden." Dazu kamen mancherlei falsche Gerüchte und War¬
nungen, wie: "Hütet euch, wer ihre Bücher annimmt, muß später sich taufen
lassen", oder: "Nehmt euch in Acht, die ihr den Patris zuhört, daß eure Na¬
men nicht von ihnen aufgeschrieben werden, wo ihr dann Christen werden
müßt; denn diese Leute sind klug." Das Haupthinderniß aber ist das Kasten¬
wesen, das den Hindu von jedem entfernt hält, der nicht Seinesgleichen ist,
und hierüber müssen wir etwas ausführlicher sein.

Der Hindu achtet und fürchtet den Europäer seiner Macht und Klugheit


es. daß ein orthodoxer Hindu mich fragte, ob durch das Nehmen dieses Tranks
nicht seine Dharm (Gerechtigkeit vor der Gottheit) oder Kaste verloren gehen
werde. Ich verneinte das und zeigte ihm, daß das Kastenwesen nicht von Gott
sei, und daß durch das Beobachten der religiösen Vorschriften und Bräuche
kein Mensch vor Gott gerecht werden und die Seligkeit erlangen könne, sondern
nur allein durch den Glauben an Jesum Christum", u. s, w. u. s. w. Immer
das alte Lied, höchstens mit kleinen Variationen, Genug nun von der Thätig¬
keit unsres Missionärs, und summiren wir jetzt kurz seine Erfolge, um dann
zu einigen allgemeinen Bemerkungen über die Missionen in Indien und die
Hindernisse, die denselben entgegenstehen, überzugehen.

Ueber den Erfolg der siebenjährigen Arbeit unsrer drei deutschen Heidenboten
im Lande Bengalen ist bald berichtet. Sie tauften 9 Waisenkinder und hätten
noch einige Erwachsene für die Ceremonie bekommen können, wenn sie dem
Lebenswandel derselben hätten trauen dürfen, und wenn sie nicht hätten fürchten
müssen, daß durch diese Proselyten „der Name Jesu Christi unter dem ab¬
göttischen Volke stinkend werden" mochte. Sie vertheilten eine Anzahl Bücher,
die vielleicht gelesen, vielleicht anderweit benutzt wurden, was der Verfasser
zugiebt. Sie unterrichteten einige Kinder, die den Katechismus, den sie aus¬
wendig gelernt, möglicherweise behalten haben. Im Uebrigen tröstet sich unser
Freund damit, daß sie Bahn gebrochen hätten. Der Gesellschaft, die ihn und
die Gefährten gesandt, war das nicht genug, und da das Jahr 1848 ihr
die Mittel schmälerte, so rief sie ihre Arbeiter aus dem Weinberge ab. Die
beiden andern Missionäre traten in die Dienste einer andern Societät. Der
Berichterstatter wurde 18S0 nach Amerika versetzt.

Sie hatten freilich auch außer ihrer wiederholt erwähnten falschen Methode
mit großen Hindernissen zu kämpfen, die Armen! vor allem mit der allgemei¬
nen Stumpfheit und Gleichgiltigkeit, dann mit der Selbstgerechtigkeit der Or¬
thodoxen unter den Muhammedanern und Hindus. Sehr oft hieß es: „Alles
gut. was du sagst, wenn aber alle so wären wie du, wie wollte da die Welt
bestehen?" Andre wieder äußerten ganz ungescheut: „Unsre Sorge geht allein
darauf, wie wir uns Essen und Trinken verschaffen!" Ein Muhammedaner
Meinte verächtlich: „Wenn ich durch diesen Jesus selig werden soll, so mag ich
gar nicht selig werden." Dazu kamen mancherlei falsche Gerüchte und War¬
nungen, wie: „Hütet euch, wer ihre Bücher annimmt, muß später sich taufen
lassen", oder: „Nehmt euch in Acht, die ihr den Patris zuhört, daß eure Na¬
men nicht von ihnen aufgeschrieben werden, wo ihr dann Christen werden
müßt; denn diese Leute sind klug." Das Haupthinderniß aber ist das Kasten¬
wesen, das den Hindu von jedem entfernt hält, der nicht Seinesgleichen ist,
und hierüber müssen wir etwas ausführlicher sein.

Der Hindu achtet und fürchtet den Europäer seiner Macht und Klugheit


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[0329] es. daß ein orthodoxer Hindu mich fragte, ob durch das Nehmen dieses Tranks nicht seine Dharm (Gerechtigkeit vor der Gottheit) oder Kaste verloren gehen werde. Ich verneinte das und zeigte ihm, daß das Kastenwesen nicht von Gott sei, und daß durch das Beobachten der religiösen Vorschriften und Bräuche kein Mensch vor Gott gerecht werden und die Seligkeit erlangen könne, sondern nur allein durch den Glauben an Jesum Christum", u. s, w. u. s. w. Immer das alte Lied, höchstens mit kleinen Variationen, Genug nun von der Thätig¬ keit unsres Missionärs, und summiren wir jetzt kurz seine Erfolge, um dann zu einigen allgemeinen Bemerkungen über die Missionen in Indien und die Hindernisse, die denselben entgegenstehen, überzugehen. Ueber den Erfolg der siebenjährigen Arbeit unsrer drei deutschen Heidenboten im Lande Bengalen ist bald berichtet. Sie tauften 9 Waisenkinder und hätten noch einige Erwachsene für die Ceremonie bekommen können, wenn sie dem Lebenswandel derselben hätten trauen dürfen, und wenn sie nicht hätten fürchten müssen, daß durch diese Proselyten „der Name Jesu Christi unter dem ab¬ göttischen Volke stinkend werden" mochte. Sie vertheilten eine Anzahl Bücher, die vielleicht gelesen, vielleicht anderweit benutzt wurden, was der Verfasser zugiebt. Sie unterrichteten einige Kinder, die den Katechismus, den sie aus¬ wendig gelernt, möglicherweise behalten haben. Im Uebrigen tröstet sich unser Freund damit, daß sie Bahn gebrochen hätten. Der Gesellschaft, die ihn und die Gefährten gesandt, war das nicht genug, und da das Jahr 1848 ihr die Mittel schmälerte, so rief sie ihre Arbeiter aus dem Weinberge ab. Die beiden andern Missionäre traten in die Dienste einer andern Societät. Der Berichterstatter wurde 18S0 nach Amerika versetzt. Sie hatten freilich auch außer ihrer wiederholt erwähnten falschen Methode mit großen Hindernissen zu kämpfen, die Armen! vor allem mit der allgemei¬ nen Stumpfheit und Gleichgiltigkeit, dann mit der Selbstgerechtigkeit der Or¬ thodoxen unter den Muhammedanern und Hindus. Sehr oft hieß es: „Alles gut. was du sagst, wenn aber alle so wären wie du, wie wollte da die Welt bestehen?" Andre wieder äußerten ganz ungescheut: „Unsre Sorge geht allein darauf, wie wir uns Essen und Trinken verschaffen!" Ein Muhammedaner Meinte verächtlich: „Wenn ich durch diesen Jesus selig werden soll, so mag ich gar nicht selig werden." Dazu kamen mancherlei falsche Gerüchte und War¬ nungen, wie: „Hütet euch, wer ihre Bücher annimmt, muß später sich taufen lassen", oder: „Nehmt euch in Acht, die ihr den Patris zuhört, daß eure Na¬ men nicht von ihnen aufgeschrieben werden, wo ihr dann Christen werden müßt; denn diese Leute sind klug." Das Haupthinderniß aber ist das Kasten¬ wesen, das den Hindu von jedem entfernt hält, der nicht Seinesgleichen ist, und hierüber müssen wir etwas ausführlicher sein. Der Hindu achtet und fürchtet den Europäer seiner Macht und Klugheit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/329>, abgerufen am 22.12.2024.