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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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der er zu wirken gedachte, zu beschäftigen begann, von welcher er, wie es scheint,
nicht die mindeste Kenntniß mit ins Land gebracht hatte. Dann zogen die drei
"Missionsgeschwister" nach der Stadt Ghazipur, um dort ihre Station einzu¬
richten, da ihnen das dortige Volt in Benares "als ein solches geschildert
worden war, welches mehr als anderwärts geneigt sei. Gottes Wort anzu¬
hören". Was das besagen wollte, werden wir später sehen und dabei erfahren,
daß auch dieses größere Maß von Geneigtheit mikroskopisch kleine Dimensionen
hatte. Vorher kehren wir nach Tschuprah um, wo unser Berichterstatter sich
mit der Landessprache und mit der Predigtweise der ältern Herren Missionäre
bekannt machte.

Der Heidenbote in Ostindien hat zwei Idiome zu erlernen, das Hindui,
welches eine Tochtersprache des Sanskrit ist und von den Hindus gesprochen
wird, und das Urdu, ein Gemisch des Hindui mit persischen und arabischen
Elementen, dessen sich die Muhammedaner bedienen. Jenes vermittelt ihm ein
.Partie, d. h. ein gelehrter Brahmane, dieses ein Munschi, d. h. ein muham-
medanischer Sprachlehrer. Die Grammatik muß er für sich treiben; denn von
jenen beiden Asiaten lernt er nur die richtige Aussprache und, durch Versuche,
mit ihnen zu conversiren, eine Anzahl von Wörtern und Redensarten. An¬
fänglich geht es natürlich sehr mangelhaft mit dem Verstehen und noch mangel¬
hafter mit dem Selbstsprechen. Allmcilig indeß bekommt unser Schüler ein
Ohr für die fremden Klänge, dann vermag er einigermaßen Antwort auf die
an ihn gerichteten Fragen zu geben, zuletzt versucht er sich im Missionshause
mit dem Lehrer und andern Hindus in kleinen Gesprächen über Religion, und
zugleich begleitet er die Missionäre auf den Bazar zur Predigt, oder auf eine
Mela (Jahrmarkt), um ihr Verfahren bei der Bekehrungsarbeit zu beobachten.
So machte sichs auch mit unserm Freunde! Nach etwa acht Monaten ist er
so weit fortgeschritten, daß er auf eignen Füßen stehen zu können meint. Doch
gehen die ersten öffentlichen Versuche apostolischer Wirksamkeit nicht ohne große
Verlegenheiten ab.

"Am Anfang meines Auftretens als Verkünder des Evangeliums kam es
öfters vor, daß ich nicht im Stande war, alles, was die Heiden sagten, zu
verstehen und mich aus den verfänglichen Fragen, welche die Brahmanen an
mich richteten, herauszuwinken. In diesem Falle wurde ich von einem ältern
Missionär, der darin Gewandtheit und Erfahrung hatte, unterstützt. Nicht
selten ereignete es sich, daß, wenn ich in der ersten Zeit meiner Thätigkeit eine
ganze Weile gesprochen und die Heiden dem Anschein nach aufmerksam zugehört
hatten, einer der Zuhörer zu mir sagte: "Ham angrezi nahm holte", d. h. ich
spreche nicht englisch. Dies ist sehr niederschlagend, da man sich bewußt ist,
Fleiß und Mühe auf die Erlernung der Sprache verwandt zu haben. Der
angehende Missionär giebt aber zu solchen Aeußerungen durch zweierlei Veran-


Grenzbotm I. 18os. 34

der er zu wirken gedachte, zu beschäftigen begann, von welcher er, wie es scheint,
nicht die mindeste Kenntniß mit ins Land gebracht hatte. Dann zogen die drei
„Missionsgeschwister" nach der Stadt Ghazipur, um dort ihre Station einzu¬
richten, da ihnen das dortige Volt in Benares „als ein solches geschildert
worden war, welches mehr als anderwärts geneigt sei. Gottes Wort anzu¬
hören". Was das besagen wollte, werden wir später sehen und dabei erfahren,
daß auch dieses größere Maß von Geneigtheit mikroskopisch kleine Dimensionen
hatte. Vorher kehren wir nach Tschuprah um, wo unser Berichterstatter sich
mit der Landessprache und mit der Predigtweise der ältern Herren Missionäre
bekannt machte.

Der Heidenbote in Ostindien hat zwei Idiome zu erlernen, das Hindui,
welches eine Tochtersprache des Sanskrit ist und von den Hindus gesprochen
wird, und das Urdu, ein Gemisch des Hindui mit persischen und arabischen
Elementen, dessen sich die Muhammedaner bedienen. Jenes vermittelt ihm ein
.Partie, d. h. ein gelehrter Brahmane, dieses ein Munschi, d. h. ein muham-
medanischer Sprachlehrer. Die Grammatik muß er für sich treiben; denn von
jenen beiden Asiaten lernt er nur die richtige Aussprache und, durch Versuche,
mit ihnen zu conversiren, eine Anzahl von Wörtern und Redensarten. An¬
fänglich geht es natürlich sehr mangelhaft mit dem Verstehen und noch mangel¬
hafter mit dem Selbstsprechen. Allmcilig indeß bekommt unser Schüler ein
Ohr für die fremden Klänge, dann vermag er einigermaßen Antwort auf die
an ihn gerichteten Fragen zu geben, zuletzt versucht er sich im Missionshause
mit dem Lehrer und andern Hindus in kleinen Gesprächen über Religion, und
zugleich begleitet er die Missionäre auf den Bazar zur Predigt, oder auf eine
Mela (Jahrmarkt), um ihr Verfahren bei der Bekehrungsarbeit zu beobachten.
So machte sichs auch mit unserm Freunde! Nach etwa acht Monaten ist er
so weit fortgeschritten, daß er auf eignen Füßen stehen zu können meint. Doch
gehen die ersten öffentlichen Versuche apostolischer Wirksamkeit nicht ohne große
Verlegenheiten ab.

„Am Anfang meines Auftretens als Verkünder des Evangeliums kam es
öfters vor, daß ich nicht im Stande war, alles, was die Heiden sagten, zu
verstehen und mich aus den verfänglichen Fragen, welche die Brahmanen an
mich richteten, herauszuwinken. In diesem Falle wurde ich von einem ältern
Missionär, der darin Gewandtheit und Erfahrung hatte, unterstützt. Nicht
selten ereignete es sich, daß, wenn ich in der ersten Zeit meiner Thätigkeit eine
ganze Weile gesprochen und die Heiden dem Anschein nach aufmerksam zugehört
hatten, einer der Zuhörer zu mir sagte: „Ham angrezi nahm holte", d. h. ich
spreche nicht englisch. Dies ist sehr niederschlagend, da man sich bewußt ist,
Fleiß und Mühe auf die Erlernung der Sprache verwandt zu haben. Der
angehende Missionär giebt aber zu solchen Aeußerungen durch zweierlei Veran-


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[0283] der er zu wirken gedachte, zu beschäftigen begann, von welcher er, wie es scheint, nicht die mindeste Kenntniß mit ins Land gebracht hatte. Dann zogen die drei „Missionsgeschwister" nach der Stadt Ghazipur, um dort ihre Station einzu¬ richten, da ihnen das dortige Volt in Benares „als ein solches geschildert worden war, welches mehr als anderwärts geneigt sei. Gottes Wort anzu¬ hören". Was das besagen wollte, werden wir später sehen und dabei erfahren, daß auch dieses größere Maß von Geneigtheit mikroskopisch kleine Dimensionen hatte. Vorher kehren wir nach Tschuprah um, wo unser Berichterstatter sich mit der Landessprache und mit der Predigtweise der ältern Herren Missionäre bekannt machte. Der Heidenbote in Ostindien hat zwei Idiome zu erlernen, das Hindui, welches eine Tochtersprache des Sanskrit ist und von den Hindus gesprochen wird, und das Urdu, ein Gemisch des Hindui mit persischen und arabischen Elementen, dessen sich die Muhammedaner bedienen. Jenes vermittelt ihm ein .Partie, d. h. ein gelehrter Brahmane, dieses ein Munschi, d. h. ein muham- medanischer Sprachlehrer. Die Grammatik muß er für sich treiben; denn von jenen beiden Asiaten lernt er nur die richtige Aussprache und, durch Versuche, mit ihnen zu conversiren, eine Anzahl von Wörtern und Redensarten. An¬ fänglich geht es natürlich sehr mangelhaft mit dem Verstehen und noch mangel¬ hafter mit dem Selbstsprechen. Allmcilig indeß bekommt unser Schüler ein Ohr für die fremden Klänge, dann vermag er einigermaßen Antwort auf die an ihn gerichteten Fragen zu geben, zuletzt versucht er sich im Missionshause mit dem Lehrer und andern Hindus in kleinen Gesprächen über Religion, und zugleich begleitet er die Missionäre auf den Bazar zur Predigt, oder auf eine Mela (Jahrmarkt), um ihr Verfahren bei der Bekehrungsarbeit zu beobachten. So machte sichs auch mit unserm Freunde! Nach etwa acht Monaten ist er so weit fortgeschritten, daß er auf eignen Füßen stehen zu können meint. Doch gehen die ersten öffentlichen Versuche apostolischer Wirksamkeit nicht ohne große Verlegenheiten ab. „Am Anfang meines Auftretens als Verkünder des Evangeliums kam es öfters vor, daß ich nicht im Stande war, alles, was die Heiden sagten, zu verstehen und mich aus den verfänglichen Fragen, welche die Brahmanen an mich richteten, herauszuwinken. In diesem Falle wurde ich von einem ältern Missionär, der darin Gewandtheit und Erfahrung hatte, unterstützt. Nicht selten ereignete es sich, daß, wenn ich in der ersten Zeit meiner Thätigkeit eine ganze Weile gesprochen und die Heiden dem Anschein nach aufmerksam zugehört hatten, einer der Zuhörer zu mir sagte: „Ham angrezi nahm holte", d. h. ich spreche nicht englisch. Dies ist sehr niederschlagend, da man sich bewußt ist, Fleiß und Mühe auf die Erlernung der Sprache verwandt zu haben. Der angehende Missionär giebt aber zu solchen Aeußerungen durch zweierlei Veran- Grenzbotm I. 18os. 34

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/283>, abgerufen am 22.12.2024.