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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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der Revolution. AIS Montemolino und sein Bruder 1860 eine Bewegung zum
Sturz Jsabellas versuchten, wurden sie durch dasselbe Element unterstützt, mit
dem die Königin sich umgiebt, durch die Carlisten und die hohe Geistlichkeit,
welche die neukatholische Partei bilden. Die Constitutionellen ferner von
O'Donnell bis zu Olozaga wissen sehr Wohl, daß die Königin sie nur duldet
und gelegentlich zu Ministern beruft, weil sie muß, und würden ohne Zweifel
einen Souverän vorziehen, der weniger zu den Ultramontanen hinneigte und
der gewillt wäre, in der Weise wie Leopold von Belgien die verschiedenen
Parteien, je nach der Mehrheit im Parlament, abwechselnd zur Negierung ge¬
langen zu lassen. Nur die Schwierigkeit eines Personenwechsels und die Furcht
Vor einer Zeit des Umschwungs, deren Chancen sich nicht wohl berechnen lassen,
erhalten Jsabella auf dem Throne. Es steht schlimm um eine Dynastie, die
es dahin gebracht hat, daß die herrschenden Parteien sie als nothwendiges Uebel
betrachten; denn es kann zu jeder Zeit sich dahin ändern, daß das Uebel stärker
empfunden wird als die Nothwendigkeit.

Vergeblich bemühte sich die Regierung den Schein zu verbreiten, als ob
die Königin beim Volke beliebt sei, vergeblich veranstaltete sie wiederholt bei
Reisen derselben in der Provinz Schauspiele des royalistischen Enthusiasmus.
18S7 ließen die Neukatholiken sie Alicante besuchen, aber die Einwohner waren
nicht aufgelegt, sich wegen des Empfangs in Kosten zu setzen, und so gaben
Provinzialrath und Civilgouverneur die nöthigen Mittel, circa 45,000 Thaler
unsres Geldes, zu den Festlichkeiten her -- beiläufig von Geldern, die sie zum
Wegebau in Kasse hatten. Ebenso machten die Behörden, als Jsabella sich
1860 nach Barcelona begab, der Gleichgültigkeit der Bevölkerung gegenüber
höchst kostspielige Anstrengungen, eine loyale Demonstration in Scene zu setzen,
aber jedermann, der die Verhältnisse kannte,'mußte lächeln, wenn die Regierung
dann durch den Telegraphen verkünden ließ, Ihre Majestät sei von 40,000
Menschen mit begeisterter Huldigung empfangen worden. Im Jahre 1861 folgte
dann ein ähnliches royalistisches Spektakelstück zu Santander, in dem nämlichen
Augenblick, wo in Andalusien zehntausend Radicale aus 43 Ortschaften, und
zwar nicht Städter, sondern Bauern, sich mit dem Feldgeschrei: "Es lebe die
Republik! Es lebe Garibaldi! Nieder mit dem Papste!" erhoben.

In Spanien ist nicht, wie 1830 in Frankreich, ein Zweig der königlichen
Familie in der Volksgunst. Grade der Zweig, welcher diese Gunst genoß, hat
jetzt den Thron inne, aber er hat sich dieselbe verscherzt wie die Orleans 1848
und in noch weit höherem Grade. So aber kam es dahin, daß man wieder¬
holt schon seine Augen auf Besetzung des Throns mit andern Persönlichkeiten
richtete. Der Infant Don Juan, Bruder Montemolinos, der sich vor einigen
Jahren den spanischen Radicalen mit demokratischen Manifesten empfahl, hatte
von vornherein gar keine Aussicht, zu reussiren. Ein aufrichtig liberaler


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der Revolution. AIS Montemolino und sein Bruder 1860 eine Bewegung zum
Sturz Jsabellas versuchten, wurden sie durch dasselbe Element unterstützt, mit
dem die Königin sich umgiebt, durch die Carlisten und die hohe Geistlichkeit,
welche die neukatholische Partei bilden. Die Constitutionellen ferner von
O'Donnell bis zu Olozaga wissen sehr Wohl, daß die Königin sie nur duldet
und gelegentlich zu Ministern beruft, weil sie muß, und würden ohne Zweifel
einen Souverän vorziehen, der weniger zu den Ultramontanen hinneigte und
der gewillt wäre, in der Weise wie Leopold von Belgien die verschiedenen
Parteien, je nach der Mehrheit im Parlament, abwechselnd zur Negierung ge¬
langen zu lassen. Nur die Schwierigkeit eines Personenwechsels und die Furcht
Vor einer Zeit des Umschwungs, deren Chancen sich nicht wohl berechnen lassen,
erhalten Jsabella auf dem Throne. Es steht schlimm um eine Dynastie, die
es dahin gebracht hat, daß die herrschenden Parteien sie als nothwendiges Uebel
betrachten; denn es kann zu jeder Zeit sich dahin ändern, daß das Uebel stärker
empfunden wird als die Nothwendigkeit.

Vergeblich bemühte sich die Regierung den Schein zu verbreiten, als ob
die Königin beim Volke beliebt sei, vergeblich veranstaltete sie wiederholt bei
Reisen derselben in der Provinz Schauspiele des royalistischen Enthusiasmus.
18S7 ließen die Neukatholiken sie Alicante besuchen, aber die Einwohner waren
nicht aufgelegt, sich wegen des Empfangs in Kosten zu setzen, und so gaben
Provinzialrath und Civilgouverneur die nöthigen Mittel, circa 45,000 Thaler
unsres Geldes, zu den Festlichkeiten her — beiläufig von Geldern, die sie zum
Wegebau in Kasse hatten. Ebenso machten die Behörden, als Jsabella sich
1860 nach Barcelona begab, der Gleichgültigkeit der Bevölkerung gegenüber
höchst kostspielige Anstrengungen, eine loyale Demonstration in Scene zu setzen,
aber jedermann, der die Verhältnisse kannte,'mußte lächeln, wenn die Regierung
dann durch den Telegraphen verkünden ließ, Ihre Majestät sei von 40,000
Menschen mit begeisterter Huldigung empfangen worden. Im Jahre 1861 folgte
dann ein ähnliches royalistisches Spektakelstück zu Santander, in dem nämlichen
Augenblick, wo in Andalusien zehntausend Radicale aus 43 Ortschaften, und
zwar nicht Städter, sondern Bauern, sich mit dem Feldgeschrei: „Es lebe die
Republik! Es lebe Garibaldi! Nieder mit dem Papste!" erhoben.

In Spanien ist nicht, wie 1830 in Frankreich, ein Zweig der königlichen
Familie in der Volksgunst. Grade der Zweig, welcher diese Gunst genoß, hat
jetzt den Thron inne, aber er hat sich dieselbe verscherzt wie die Orleans 1848
und in noch weit höherem Grade. So aber kam es dahin, daß man wieder¬
holt schon seine Augen auf Besetzung des Throns mit andern Persönlichkeiten
richtete. Der Infant Don Juan, Bruder Montemolinos, der sich vor einigen
Jahren den spanischen Radicalen mit demokratischen Manifesten empfahl, hatte
von vornherein gar keine Aussicht, zu reussiren. Ein aufrichtig liberaler


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/227>, abgerufen am 22.12.2024.