Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Wollenweberei blüht in 43 Provinzen; sie beschäftigte im Jahre 1861 über
25,000 Arbeiter, zählte 278.622 Spindeln und lieferte Producte im Werth von
427,395,100 Realen. Seidenfabriken hatten in dem gedachten Jahre 18 Pro-
vinzen, und wir ersehen aus den Tabellen Garridos, daß dieselben ein Capita
von fast 45 Millionen repräsentirten und Waaren im Gesammtwerth von
275,640,400 Realen lieferten. 52,000 Arbeiter serner waren in der Fabrikation
von Baumwollenstoffen beschäftigt, welche circa 58 Millionen Pfund rohe Baum¬
wolle verarbeiteten, Maschinen von zusammen 9,176 Pferdekraft im Gange
hatten und für 1,237,586,452 Realen Spinnerei- und Webereiproducte auf den
Markt brachten. Gleichfalls bedeutend sind die Hanf- und Leinwandfabrikcn, die
Seifensiedereien, die Gerbereien, die Branntweinbrennereien, die Papiermühlen,
die Eisen- und Kupferhütten. Der Werth des Ertrags aller dieser und der oben
angeführten industriellen Etablissements belief sich 1861 auf die selbst in Thaler
übertragen noch sehr ansehnliche Summe von 6,347,793,052 Realen, die Zahl
der Dampfmaschinen im Lande betrug (mit Ausschluß der Locomotiven) 563
mit 16,822 Pferdekraft, wovon 396 mit 8,790 Pferdekraft auf die Provinz
Barcelona kamen.

Das Gesagte wird hinreichen, den Irrthum zu widerlegen, als ob Spanien
auf dem Gebiete der Gewerbe hinter andern Ländern Europas noch wesentlich
zurückstehe. Es befriedigt jetzt nicht nur seinen eignen Bedarf an Geweben,
Metallwaaren und andern Producten der Industrie, sondern giebt von seinen
Erzeugnissen auf diesem Felde noch beträchtliche Mengen an Cuba, Portorico,
Uruguay, Chile und Venezuela ab. Zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts
zählte man zu Sevilla 16,000 Seidenwebstühle, die 130,000 Arbeiter beschäf¬
tigten. Zu Ende des siebzehnten war dieses Gewerbe hier völlig verschwunden.
Jetzt hat es sich wieder so weit gehoben, daß es mit den Fabriken Piemonts
und der Provence concurrirt. Ganz ungemein, um nur noch eins anzuführen,
ist die spanische Weinproduction in den letzten 20 Jahren gestiegen; sie hat sich
in dieser Periode mehr als verdoppelt, und vergleicht man die Masse ihrer
Ausfuhr nach den britischen Inseln -- beiläufig der erste Wcinmarkt der
Welt -- mit der aus Frankreich, Deutschland und Portugal nach derselben
Gegend gehenden, so erstaunt man, wie weit Spanien die ersten Weinbau-
ländcr hinter sich läßt. Frankreich und Portugal zusammen lieferten in den
Jahren 1860 bis 1862 noch nicht so viel Wein nach britischen Häfen als
Spanien allein.

Sehr bedeutend ist der Aufschwung Spaniens in Betreff der Einrichtungen,
welche Handel und Verkehr fördern. Flußregulirungen, Kanäle, Landstraßen
sind seit der Mitte der fünfziger Jahre an verschiedenen Stellen in Angriff
genommen und in-beträchtlicher Ausdehnung vollendet worden. Man hat die
Häfen verbessert und mehre neue Leuchtthürme erbaut. 1848 gab es nur 29


Wollenweberei blüht in 43 Provinzen; sie beschäftigte im Jahre 1861 über
25,000 Arbeiter, zählte 278.622 Spindeln und lieferte Producte im Werth von
427,395,100 Realen. Seidenfabriken hatten in dem gedachten Jahre 18 Pro-
vinzen, und wir ersehen aus den Tabellen Garridos, daß dieselben ein Capita
von fast 45 Millionen repräsentirten und Waaren im Gesammtwerth von
275,640,400 Realen lieferten. 52,000 Arbeiter serner waren in der Fabrikation
von Baumwollenstoffen beschäftigt, welche circa 58 Millionen Pfund rohe Baum¬
wolle verarbeiteten, Maschinen von zusammen 9,176 Pferdekraft im Gange
hatten und für 1,237,586,452 Realen Spinnerei- und Webereiproducte auf den
Markt brachten. Gleichfalls bedeutend sind die Hanf- und Leinwandfabrikcn, die
Seifensiedereien, die Gerbereien, die Branntweinbrennereien, die Papiermühlen,
die Eisen- und Kupferhütten. Der Werth des Ertrags aller dieser und der oben
angeführten industriellen Etablissements belief sich 1861 auf die selbst in Thaler
übertragen noch sehr ansehnliche Summe von 6,347,793,052 Realen, die Zahl
der Dampfmaschinen im Lande betrug (mit Ausschluß der Locomotiven) 563
mit 16,822 Pferdekraft, wovon 396 mit 8,790 Pferdekraft auf die Provinz
Barcelona kamen.

Das Gesagte wird hinreichen, den Irrthum zu widerlegen, als ob Spanien
auf dem Gebiete der Gewerbe hinter andern Ländern Europas noch wesentlich
zurückstehe. Es befriedigt jetzt nicht nur seinen eignen Bedarf an Geweben,
Metallwaaren und andern Producten der Industrie, sondern giebt von seinen
Erzeugnissen auf diesem Felde noch beträchtliche Mengen an Cuba, Portorico,
Uruguay, Chile und Venezuela ab. Zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts
zählte man zu Sevilla 16,000 Seidenwebstühle, die 130,000 Arbeiter beschäf¬
tigten. Zu Ende des siebzehnten war dieses Gewerbe hier völlig verschwunden.
Jetzt hat es sich wieder so weit gehoben, daß es mit den Fabriken Piemonts
und der Provence concurrirt. Ganz ungemein, um nur noch eins anzuführen,
ist die spanische Weinproduction in den letzten 20 Jahren gestiegen; sie hat sich
in dieser Periode mehr als verdoppelt, und vergleicht man die Masse ihrer
Ausfuhr nach den britischen Inseln — beiläufig der erste Wcinmarkt der
Welt — mit der aus Frankreich, Deutschland und Portugal nach derselben
Gegend gehenden, so erstaunt man, wie weit Spanien die ersten Weinbau-
ländcr hinter sich läßt. Frankreich und Portugal zusammen lieferten in den
Jahren 1860 bis 1862 noch nicht so viel Wein nach britischen Häfen als
Spanien allein.

Sehr bedeutend ist der Aufschwung Spaniens in Betreff der Einrichtungen,
welche Handel und Verkehr fördern. Flußregulirungen, Kanäle, Landstraßen
sind seit der Mitte der fünfziger Jahre an verschiedenen Stellen in Angriff
genommen und in-beträchtlicher Ausdehnung vollendet worden. Man hat die
Häfen verbessert und mehre neue Leuchtthürme erbaut. 1848 gab es nur 29


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0222" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284692"/>
          <p xml:id="ID_769" prev="#ID_768"> Wollenweberei blüht in 43 Provinzen; sie beschäftigte im Jahre 1861 über<lb/>
25,000 Arbeiter, zählte 278.622 Spindeln und lieferte Producte im Werth von<lb/>
427,395,100 Realen. Seidenfabriken hatten in dem gedachten Jahre 18 Pro-<lb/>
vinzen, und wir ersehen aus den Tabellen Garridos, daß dieselben ein Capita<lb/>
von fast 45 Millionen repräsentirten und Waaren im Gesammtwerth von<lb/>
275,640,400 Realen lieferten. 52,000 Arbeiter serner waren in der Fabrikation<lb/>
von Baumwollenstoffen beschäftigt, welche circa 58 Millionen Pfund rohe Baum¬<lb/>
wolle verarbeiteten, Maschinen von zusammen 9,176 Pferdekraft im Gange<lb/>
hatten und für 1,237,586,452 Realen Spinnerei- und Webereiproducte auf den<lb/>
Markt brachten. Gleichfalls bedeutend sind die Hanf- und Leinwandfabrikcn, die<lb/>
Seifensiedereien, die Gerbereien, die Branntweinbrennereien, die Papiermühlen,<lb/>
die Eisen- und Kupferhütten. Der Werth des Ertrags aller dieser und der oben<lb/>
angeführten industriellen Etablissements belief sich 1861 auf die selbst in Thaler<lb/>
übertragen noch sehr ansehnliche Summe von 6,347,793,052 Realen, die Zahl<lb/>
der Dampfmaschinen im Lande betrug (mit Ausschluß der Locomotiven) 563<lb/>
mit 16,822 Pferdekraft, wovon 396 mit 8,790 Pferdekraft auf die Provinz<lb/>
Barcelona kamen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_770"> Das Gesagte wird hinreichen, den Irrthum zu widerlegen, als ob Spanien<lb/>
auf dem Gebiete der Gewerbe hinter andern Ländern Europas noch wesentlich<lb/>
zurückstehe. Es befriedigt jetzt nicht nur seinen eignen Bedarf an Geweben,<lb/>
Metallwaaren und andern Producten der Industrie, sondern giebt von seinen<lb/>
Erzeugnissen auf diesem Felde noch beträchtliche Mengen an Cuba, Portorico,<lb/>
Uruguay, Chile und Venezuela ab. Zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts<lb/>
zählte man zu Sevilla 16,000 Seidenwebstühle, die 130,000 Arbeiter beschäf¬<lb/>
tigten. Zu Ende des siebzehnten war dieses Gewerbe hier völlig verschwunden.<lb/>
Jetzt hat es sich wieder so weit gehoben, daß es mit den Fabriken Piemonts<lb/>
und der Provence concurrirt. Ganz ungemein, um nur noch eins anzuführen,<lb/>
ist die spanische Weinproduction in den letzten 20 Jahren gestiegen; sie hat sich<lb/>
in dieser Periode mehr als verdoppelt, und vergleicht man die Masse ihrer<lb/>
Ausfuhr nach den britischen Inseln &#x2014; beiläufig der erste Wcinmarkt der<lb/>
Welt &#x2014; mit der aus Frankreich, Deutschland und Portugal nach derselben<lb/>
Gegend gehenden, so erstaunt man, wie weit Spanien die ersten Weinbau-<lb/>
ländcr hinter sich läßt. Frankreich und Portugal zusammen lieferten in den<lb/>
Jahren 1860 bis 1862 noch nicht so viel Wein nach britischen Häfen als<lb/>
Spanien allein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_771" next="#ID_772"> Sehr bedeutend ist der Aufschwung Spaniens in Betreff der Einrichtungen,<lb/>
welche Handel und Verkehr fördern. Flußregulirungen, Kanäle, Landstraßen<lb/>
sind seit der Mitte der fünfziger Jahre an verschiedenen Stellen in Angriff<lb/>
genommen und in-beträchtlicher Ausdehnung vollendet worden. Man hat die<lb/>
Häfen verbessert und mehre neue Leuchtthürme erbaut.  1848 gab es nur 29</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0222] Wollenweberei blüht in 43 Provinzen; sie beschäftigte im Jahre 1861 über 25,000 Arbeiter, zählte 278.622 Spindeln und lieferte Producte im Werth von 427,395,100 Realen. Seidenfabriken hatten in dem gedachten Jahre 18 Pro- vinzen, und wir ersehen aus den Tabellen Garridos, daß dieselben ein Capita von fast 45 Millionen repräsentirten und Waaren im Gesammtwerth von 275,640,400 Realen lieferten. 52,000 Arbeiter serner waren in der Fabrikation von Baumwollenstoffen beschäftigt, welche circa 58 Millionen Pfund rohe Baum¬ wolle verarbeiteten, Maschinen von zusammen 9,176 Pferdekraft im Gange hatten und für 1,237,586,452 Realen Spinnerei- und Webereiproducte auf den Markt brachten. Gleichfalls bedeutend sind die Hanf- und Leinwandfabrikcn, die Seifensiedereien, die Gerbereien, die Branntweinbrennereien, die Papiermühlen, die Eisen- und Kupferhütten. Der Werth des Ertrags aller dieser und der oben angeführten industriellen Etablissements belief sich 1861 auf die selbst in Thaler übertragen noch sehr ansehnliche Summe von 6,347,793,052 Realen, die Zahl der Dampfmaschinen im Lande betrug (mit Ausschluß der Locomotiven) 563 mit 16,822 Pferdekraft, wovon 396 mit 8,790 Pferdekraft auf die Provinz Barcelona kamen. Das Gesagte wird hinreichen, den Irrthum zu widerlegen, als ob Spanien auf dem Gebiete der Gewerbe hinter andern Ländern Europas noch wesentlich zurückstehe. Es befriedigt jetzt nicht nur seinen eignen Bedarf an Geweben, Metallwaaren und andern Producten der Industrie, sondern giebt von seinen Erzeugnissen auf diesem Felde noch beträchtliche Mengen an Cuba, Portorico, Uruguay, Chile und Venezuela ab. Zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts zählte man zu Sevilla 16,000 Seidenwebstühle, die 130,000 Arbeiter beschäf¬ tigten. Zu Ende des siebzehnten war dieses Gewerbe hier völlig verschwunden. Jetzt hat es sich wieder so weit gehoben, daß es mit den Fabriken Piemonts und der Provence concurrirt. Ganz ungemein, um nur noch eins anzuführen, ist die spanische Weinproduction in den letzten 20 Jahren gestiegen; sie hat sich in dieser Periode mehr als verdoppelt, und vergleicht man die Masse ihrer Ausfuhr nach den britischen Inseln — beiläufig der erste Wcinmarkt der Welt — mit der aus Frankreich, Deutschland und Portugal nach derselben Gegend gehenden, so erstaunt man, wie weit Spanien die ersten Weinbau- ländcr hinter sich läßt. Frankreich und Portugal zusammen lieferten in den Jahren 1860 bis 1862 noch nicht so viel Wein nach britischen Häfen als Spanien allein. Sehr bedeutend ist der Aufschwung Spaniens in Betreff der Einrichtungen, welche Handel und Verkehr fördern. Flußregulirungen, Kanäle, Landstraßen sind seit der Mitte der fünfziger Jahre an verschiedenen Stellen in Angriff genommen und in-beträchtlicher Ausdehnung vollendet worden. Man hat die Häfen verbessert und mehre neue Leuchtthürme erbaut. 1848 gab es nur 29

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/222
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/222>, abgerufen am 26.06.2024.