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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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wurde für großjährig erklärt. Natürlich war sie nur dem Namen nach Königin,
und Christine, Narvaez und die übrigen Führer der Moderirten herrschten.
Verschiedene Verschwörungen der Gegenpartei nahmen einen unglücklichen Aus-
gang. Immer mehr näherten sich die Moderados den Absolutisten. An die
Stelle der Verfassung von 1837 trat die Constitution von 1845. Der gewählte
Senat machte einem lebenslänglichen durch die Krone ernannten Platz, der
Wahlcensus wurde erhöht, die Provinzialdeputationen verloren ihre Gewalt
an die Civilgouverneure, die Presse wurde der Jury entzogen, die Caution ver-
dreifacht, jede Zeitung mußte fortan einen verantwortlichen Redacteur haben,
der 30 Duros unmittelbare Steuern zahlte und in dem Orte, wo das Blatt
erschien, einen offnen Laden haben sollte.

Die Königin wurde an ihren Vetter Francisco verheirathet, nachdem sie
bis dahin den "hübschen General" Serrano -- nun eben hübsch gefunden.
Ihr Gemahl war unansehnlich, kein Wunder, wenn Serrano sich in der Gunst
seiner Souveränin behauptete und sogar Narvaez vom Staatsruder zu ver-
drängen im Stande war. Ein Wechsel des Systems war damit nicht verbun¬
den. Im Gegentheil machte sich der Absolutismus immer mehr geltend, die
vertriebenen Jesuiten richteten sich, wenn auch unter einem andern Namen, be-
quem wieder im Lande ein, die Kirche veranstaltete unter dem Schutz der Ne¬
gierung wieder feierliche Processionen wie unter Ferdinand dem Siebenten,
auch die alte Korruption unter den Beamten stellte sich wieder ein. Unter der
Arbeiterbevölkerung der Städte aber machte im Stillen der Geist der rothen
Demokratie reißende Fortschritte, und der Socialismus, der seit 1836 in der
Person Don Joaquin Ahrens Parteigenossen geworben,- hatte jetzt in Ordaz
Avecilla schon einen Vertreter in den Cortes.!

Der Constitutionalismus Spaniens war nicht viel mehr als ein Gespenst,
als die Februarrevolution von 1848 auch hier die Radicalen mit neuem Muth
erfüllte. Am 26. März riefen einige Hundert derselben in Madrid mit den
Waffen in der Hand die Republik aus, in Catalonien, Valencia, Alicante und
Aragonien traten republikanische Guerillas auf, im Mai empörte sich in Madrid
ein Regiment Fußvolk, im Juli in Sevilla ein Reiterregiment und ein Ba-
taillon Infanterie. Der bekannte Bankier Salamanca gab in Bayonne Geld
M Revolution her, der Infant Don Enrique, Vetter der Königin, veröffent-
Uchte, selbstverständlich nicht aus Ueberzeugung, sondern um im Trüben zu
fischen, in Catalonien ein heftiges republikanisches Manifest. Diese vereinzelten
Erhebungen wurden unterdrückt, die Junitage von 1848 und die weitere Ent¬
wickelung der Dinge in Frankreich dämpften den Eifer und die Hoffnungen der
spanischen Radicalen auf der einen und die Furcht der am Nuder befindlichen
Partei auf der andern Seite. Man erschoß die Demokraten ohne Erbarmen,
deportirte 4000 derselben nach den Philippinen und machte durch ein Schreckens-


wurde für großjährig erklärt. Natürlich war sie nur dem Namen nach Königin,
und Christine, Narvaez und die übrigen Führer der Moderirten herrschten.
Verschiedene Verschwörungen der Gegenpartei nahmen einen unglücklichen Aus-
gang. Immer mehr näherten sich die Moderados den Absolutisten. An die
Stelle der Verfassung von 1837 trat die Constitution von 1845. Der gewählte
Senat machte einem lebenslänglichen durch die Krone ernannten Platz, der
Wahlcensus wurde erhöht, die Provinzialdeputationen verloren ihre Gewalt
an die Civilgouverneure, die Presse wurde der Jury entzogen, die Caution ver-
dreifacht, jede Zeitung mußte fortan einen verantwortlichen Redacteur haben,
der 30 Duros unmittelbare Steuern zahlte und in dem Orte, wo das Blatt
erschien, einen offnen Laden haben sollte.

Die Königin wurde an ihren Vetter Francisco verheirathet, nachdem sie
bis dahin den „hübschen General" Serrano — nun eben hübsch gefunden.
Ihr Gemahl war unansehnlich, kein Wunder, wenn Serrano sich in der Gunst
seiner Souveränin behauptete und sogar Narvaez vom Staatsruder zu ver-
drängen im Stande war. Ein Wechsel des Systems war damit nicht verbun¬
den. Im Gegentheil machte sich der Absolutismus immer mehr geltend, die
vertriebenen Jesuiten richteten sich, wenn auch unter einem andern Namen, be-
quem wieder im Lande ein, die Kirche veranstaltete unter dem Schutz der Ne¬
gierung wieder feierliche Processionen wie unter Ferdinand dem Siebenten,
auch die alte Korruption unter den Beamten stellte sich wieder ein. Unter der
Arbeiterbevölkerung der Städte aber machte im Stillen der Geist der rothen
Demokratie reißende Fortschritte, und der Socialismus, der seit 1836 in der
Person Don Joaquin Ahrens Parteigenossen geworben,- hatte jetzt in Ordaz
Avecilla schon einen Vertreter in den Cortes.!

Der Constitutionalismus Spaniens war nicht viel mehr als ein Gespenst,
als die Februarrevolution von 1848 auch hier die Radicalen mit neuem Muth
erfüllte. Am 26. März riefen einige Hundert derselben in Madrid mit den
Waffen in der Hand die Republik aus, in Catalonien, Valencia, Alicante und
Aragonien traten republikanische Guerillas auf, im Mai empörte sich in Madrid
ein Regiment Fußvolk, im Juli in Sevilla ein Reiterregiment und ein Ba-
taillon Infanterie. Der bekannte Bankier Salamanca gab in Bayonne Geld
M Revolution her, der Infant Don Enrique, Vetter der Königin, veröffent-
Uchte, selbstverständlich nicht aus Ueberzeugung, sondern um im Trüben zu
fischen, in Catalonien ein heftiges republikanisches Manifest. Diese vereinzelten
Erhebungen wurden unterdrückt, die Junitage von 1848 und die weitere Ent¬
wickelung der Dinge in Frankreich dämpften den Eifer und die Hoffnungen der
spanischen Radicalen auf der einen und die Furcht der am Nuder befindlichen
Partei auf der andern Seite. Man erschoß die Demokraten ohne Erbarmen,
deportirte 4000 derselben nach den Philippinen und machte durch ein Schreckens-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/197>, abgerufen am 22.12.2024.