Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Wie sich ringend und verschlingend
Rasch verschwindend zieht der Rauch,
So die Schranken der Gedanken
Lösen, -- ketten sie sich auch.
Rein und helle fließt die Quelle
In mein Herz, -- die Poesie! --
All mein Leben, Thun und Streben,
Los't sich auf in Harmonie!
Froh und heiter bring' ich weiter
Ein ins Reich der Träumerei'n;
Laß' die Bilder immer milder
Der Erinnrung mich erfreu'n. ---
Daß mein Traumen nicht den Räumen
Sich der Wirklichkeit entzieht,
Dafür scheinen meine Kleinen
Oft durch Schreien recht bemüht.
Doch so wonnig, warm und sonnig,
Wie's mir in der Seele glüht,
Hör' ich leise dann die Weise
Von der Mutter Wiegenlied:
"Kindlein du, das immerzu
"Engel nur umschweben:
"Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh'
"Du mein einzig Leben , ^
"Dich bewacht bei Tag und Nacht
"Treue Elternliebe,
"Sorglich nur darauf bedacht,
"Daß dich nichts betrübe.
"Engelsbild, mein Kindlein du,
"Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh,
"Du mein einzig Leben.
"Schlafe ja, daß es Papa
"Wieder nicht gelüste,
"Daß er fragt: "Wer schreit denn da?
"Doch dabei dich küßte. --
"Schließe du die Aeuglein zu,
"Lächle mir entgegen,
"Daß die Mutter sich zur Ruh'
"Auch kann niederlegen.
"Engelsbild, mein Kindlein du,
"Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh'
"Du mein einzig Leben.

Wie sich ringend und verschlingend
Rasch verschwindend zieht der Rauch,
So die Schranken der Gedanken
Lösen, — ketten sie sich auch.
Rein und helle fließt die Quelle
In mein Herz, — die Poesie! —
All mein Leben, Thun und Streben,
Los't sich auf in Harmonie!
Froh und heiter bring' ich weiter
Ein ins Reich der Träumerei'n;
Laß' die Bilder immer milder
Der Erinnrung mich erfreu'n. -—
Daß mein Traumen nicht den Räumen
Sich der Wirklichkeit entzieht,
Dafür scheinen meine Kleinen
Oft durch Schreien recht bemüht.
Doch so wonnig, warm und sonnig,
Wie's mir in der Seele glüht,
Hör' ich leise dann die Weise
Von der Mutter Wiegenlied:
„Kindlein du, das immerzu
„Engel nur umschweben:
„Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh'
„Du mein einzig Leben , ^
„Dich bewacht bei Tag und Nacht
„Treue Elternliebe,
„Sorglich nur darauf bedacht,
„Daß dich nichts betrübe.
„Engelsbild, mein Kindlein du,
„Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh,
„Du mein einzig Leben.
„Schlafe ja, daß es Papa
„Wieder nicht gelüste,
„Daß er fragt: „Wer schreit denn da?
„Doch dabei dich küßte. —
„Schließe du die Aeuglein zu,
„Lächle mir entgegen,
„Daß die Mutter sich zur Ruh'
„Auch kann niederlegen.
„Engelsbild, mein Kindlein du,
„Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh'
„Du mein einzig Leben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0125" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284595"/>
          <lg xml:id="POEMID_6" type="poem">
            <l> Wie sich ringend und verschlingend<lb/>
Rasch verschwindend zieht der Rauch,<lb/>
So die Schranken der Gedanken<lb/>
Lösen, &#x2014; ketten sie sich auch.</l>
            <l> Rein und helle fließt die Quelle<lb/>
In mein Herz, &#x2014; die Poesie! &#x2014;<lb/>
All mein Leben, Thun und Streben,<lb/>
Los't sich auf in Harmonie!</l>
            <l> Froh und heiter bring' ich weiter<lb/>
Ein ins Reich der Träumerei'n;<lb/>
Laß' die Bilder immer milder<lb/>
Der Erinnrung mich erfreu'n. -&#x2014;</l>
            <l> Daß mein Traumen nicht den Räumen<lb/>
Sich der Wirklichkeit entzieht,<lb/>
Dafür scheinen meine Kleinen<lb/>
Oft durch Schreien recht bemüht.</l>
            <l> Doch so wonnig, warm und sonnig,<lb/>
Wie's mir in der Seele glüht,<lb/>
Hör' ich leise dann die Weise<lb/>
Von der Mutter Wiegenlied:</l>
            <l> &#x201E;Kindlein du, das immerzu<lb/>
&#x201E;Engel nur umschweben:<lb/>
&#x201E;Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh'<lb/>
&#x201E;Du mein einzig Leben , ^<lb/>
&#x201E;Dich bewacht bei Tag und Nacht<lb/>
&#x201E;Treue Elternliebe,<lb/>
&#x201E;Sorglich nur darauf bedacht,<lb/>
&#x201E;Daß dich nichts betrübe.<lb/>
&#x201E;Engelsbild, mein Kindlein du,<lb/>
&#x201E;Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh,<lb/>
&#x201E;Du mein einzig Leben.</l>
            <l> &#x201E;Schlafe ja, daß es Papa<lb/>
&#x201E;Wieder nicht gelüste,<lb/>
&#x201E;Daß er fragt: &#x201E;Wer schreit denn da?<lb/>
&#x201E;Doch dabei dich küßte. &#x2014;<lb/>
&#x201E;Schließe du die Aeuglein zu,<lb/>
&#x201E;Lächle mir entgegen,<lb/>
&#x201E;Daß die Mutter sich zur Ruh'<lb/>
&#x201E;Auch kann niederlegen.<lb/>
&#x201E;Engelsbild, mein Kindlein du,<lb/>
&#x201E;Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh'<lb/>
&#x201E;Du mein einzig Leben.</l>
          </lg><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0125] Wie sich ringend und verschlingend Rasch verschwindend zieht der Rauch, So die Schranken der Gedanken Lösen, — ketten sie sich auch. Rein und helle fließt die Quelle In mein Herz, — die Poesie! — All mein Leben, Thun und Streben, Los't sich auf in Harmonie! Froh und heiter bring' ich weiter Ein ins Reich der Träumerei'n; Laß' die Bilder immer milder Der Erinnrung mich erfreu'n. -— Daß mein Traumen nicht den Räumen Sich der Wirklichkeit entzieht, Dafür scheinen meine Kleinen Oft durch Schreien recht bemüht. Doch so wonnig, warm und sonnig, Wie's mir in der Seele glüht, Hör' ich leise dann die Weise Von der Mutter Wiegenlied: „Kindlein du, das immerzu „Engel nur umschweben: „Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh' „Du mein einzig Leben , ^ „Dich bewacht bei Tag und Nacht „Treue Elternliebe, „Sorglich nur darauf bedacht, „Daß dich nichts betrübe. „Engelsbild, mein Kindlein du, „Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh, „Du mein einzig Leben. „Schlafe ja, daß es Papa „Wieder nicht gelüste, „Daß er fragt: „Wer schreit denn da? „Doch dabei dich küßte. — „Schließe du die Aeuglein zu, „Lächle mir entgegen, „Daß die Mutter sich zur Ruh' „Auch kann niederlegen. „Engelsbild, mein Kindlein du, „Schlaf, ja schlaf in süßer Ruh' „Du mein einzig Leben.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/125
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/125>, abgerufen am 22.12.2024.