Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.naeit" mit einigen theils der formalen Logik, theils der griechischen und latei¬ Keine Wissenschaft kann in neuerer Zeit so sehr als eine deutsche angesehen Deutschland hat also wohl Ursache, den Mann zu feiern, welcher so be¬ Da es leider eine Thatsache ist. daß nur ein sehr kleiner Theil der deut¬ naeit" mit einigen theils der formalen Logik, theils der griechischen und latei¬ Keine Wissenschaft kann in neuerer Zeit so sehr als eine deutsche angesehen Deutschland hat also wohl Ursache, den Mann zu feiern, welcher so be¬ Da es leider eine Thatsache ist. daß nur ein sehr kleiner Theil der deut¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0110" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284580"/> <p xml:id="ID_310" prev="#ID_309"> naeit" mit einigen theils der formalen Logik, theils der griechischen und latei¬<lb/> nischen Sprache entnommenen Formeln alle Sprache g. priori erbaute, erkennt<lb/> die neuere Wissenschaft die große Mannigfaltigkeit an, mit der sich die Völker<lb/> ausdrücken, nicht gemäß den unabänderlich gleichen Principien der strengen<lb/> Logik, sondern den nach individueller Verschiedenheit des Volkscharakters ver¬<lb/> schiedenen Arten der Anschauung.</p><lb/> <p xml:id="ID_311"> Keine Wissenschaft kann in neuerer Zeit so sehr als eine deutsche angesehen<lb/> werden, wie die Sprachwissenschaft. Wie schwer auch die Namen Burnoufs und<lb/> de Sacys wiegen, wie sehr auch die Bedeutung manches andern tüchtigen<lb/> Forschers in Frankreich. England und andern Ländern anzuerkennen ist: das<lb/> ist eine Thatsache, daß Deutschland die eigentliche Werkstätte dieser Wissenschaft<lb/> ist. und daß die Bedeutung der deutschen Linguisten weit größer ist, als die<lb/> aller andern Länder insgesammt.</p><lb/> <p xml:id="ID_312"> Deutschland hat also wohl Ursache, den Mann zu feiern, welcher so be¬<lb/> deutende wissenschaftliche Erfolge selbst errungen, bewirkt oder doch befördert<lb/> hat. Es war daher ein glücklicher Gedanke einiger hervorragender Schüler<lb/> Bopps, den funfzigjährigen Gedenktag des 16. Mai 1816, von welchem die<lb/> Vorrede des grundlegenden Werkes datirt ist. dadurch würdig zu begehn. daß<lb/> man dem Jubilar eine durch Beiträge von Fachgenossen und Verehrern gesammelte<lb/> Summe zu einer Stiftung übergäbe, welche seinen Namen tragen und der<lb/> Förderung seiner Wissenschaft dienen sollte. Es bildete sich ein Conn6, an<lb/> welchem sich erfreulicherweise nicht blos eigentliche Schüler Bopps, sondern<lb/> auch andere bedeutende Sprachforscher betheiligten. Vor allem ist es anzu¬<lb/> erkennen, daß der größte classische Philolog Deutschlands, der greise Böckh.<lb/> in den Ausschuß eintrat; der Zufall der alphabetischen Ordnung hat es mit<lb/> sich gebracht, daß sein Name auch äußerlich als der erste unter den Comite¬<lb/> mitgliedern erscheint. Außer ihm und den beiden bedeutendsten berliner<lb/> Vertretern der indogermanischen Sprachvergleichung. Weber und Kühn, haben<lb/> noch Kirchhofs. Lepsius, Müllenhoff. Petermann. Rödiger. Steinthal und<lb/> Trendelenburg den vom 16. Mai 1865 datirten Aufruf unterzeichnet. Wir<lb/> legen besonderes Gewicht darauf, daß der Ausschuß aus solchen Männern be¬<lb/> steht, weil ihnen die nähere Bestimmung über die Stiftung überlassen werden<lb/> muß. Denn da sich von vorn herein durchaus nicht übersehn ließ, wie groß<lb/> etwa die gesammelte Summe werden möchte, so war es unmöglich, schon mit<lb/> einem bestimmteren Plan über die Verwendung derselben hervorzutreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_313" next="#ID_314"> Da es leider eine Thatsache ist. daß nur ein sehr kleiner Theil der deut¬<lb/> schen, theils an Universitäten, theils an Gymnasien und sonst wirkenden Sprach¬<lb/> forscher, auf deren Beisteuer doch in erster Linie zu rechnen war. in günstigen<lb/> Vermögensverhältnissen lebt, so wagten wir beim Erlaß des Aufrufes nicht,<lb/> unsre Hoffnungen hoch zu spannen, und rechneten nur auf eine sehr bescheidene</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0110]
naeit" mit einigen theils der formalen Logik, theils der griechischen und latei¬
nischen Sprache entnommenen Formeln alle Sprache g. priori erbaute, erkennt
die neuere Wissenschaft die große Mannigfaltigkeit an, mit der sich die Völker
ausdrücken, nicht gemäß den unabänderlich gleichen Principien der strengen
Logik, sondern den nach individueller Verschiedenheit des Volkscharakters ver¬
schiedenen Arten der Anschauung.
Keine Wissenschaft kann in neuerer Zeit so sehr als eine deutsche angesehen
werden, wie die Sprachwissenschaft. Wie schwer auch die Namen Burnoufs und
de Sacys wiegen, wie sehr auch die Bedeutung manches andern tüchtigen
Forschers in Frankreich. England und andern Ländern anzuerkennen ist: das
ist eine Thatsache, daß Deutschland die eigentliche Werkstätte dieser Wissenschaft
ist. und daß die Bedeutung der deutschen Linguisten weit größer ist, als die
aller andern Länder insgesammt.
Deutschland hat also wohl Ursache, den Mann zu feiern, welcher so be¬
deutende wissenschaftliche Erfolge selbst errungen, bewirkt oder doch befördert
hat. Es war daher ein glücklicher Gedanke einiger hervorragender Schüler
Bopps, den funfzigjährigen Gedenktag des 16. Mai 1816, von welchem die
Vorrede des grundlegenden Werkes datirt ist. dadurch würdig zu begehn. daß
man dem Jubilar eine durch Beiträge von Fachgenossen und Verehrern gesammelte
Summe zu einer Stiftung übergäbe, welche seinen Namen tragen und der
Förderung seiner Wissenschaft dienen sollte. Es bildete sich ein Conn6, an
welchem sich erfreulicherweise nicht blos eigentliche Schüler Bopps, sondern
auch andere bedeutende Sprachforscher betheiligten. Vor allem ist es anzu¬
erkennen, daß der größte classische Philolog Deutschlands, der greise Böckh.
in den Ausschuß eintrat; der Zufall der alphabetischen Ordnung hat es mit
sich gebracht, daß sein Name auch äußerlich als der erste unter den Comite¬
mitgliedern erscheint. Außer ihm und den beiden bedeutendsten berliner
Vertretern der indogermanischen Sprachvergleichung. Weber und Kühn, haben
noch Kirchhofs. Lepsius, Müllenhoff. Petermann. Rödiger. Steinthal und
Trendelenburg den vom 16. Mai 1865 datirten Aufruf unterzeichnet. Wir
legen besonderes Gewicht darauf, daß der Ausschuß aus solchen Männern be¬
steht, weil ihnen die nähere Bestimmung über die Stiftung überlassen werden
muß. Denn da sich von vorn herein durchaus nicht übersehn ließ, wie groß
etwa die gesammelte Summe werden möchte, so war es unmöglich, schon mit
einem bestimmteren Plan über die Verwendung derselben hervorzutreten.
Da es leider eine Thatsache ist. daß nur ein sehr kleiner Theil der deut¬
schen, theils an Universitäten, theils an Gymnasien und sonst wirkenden Sprach¬
forscher, auf deren Beisteuer doch in erster Linie zu rechnen war. in günstigen
Vermögensverhältnissen lebt, so wagten wir beim Erlaß des Aufrufes nicht,
unsre Hoffnungen hoch zu spannen, und rechneten nur auf eine sehr bescheidene
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