Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.Umstand, daß zum Theil die tüchtigste" Kenner der semitischen Sprachen ganz Wohl noch wichtiger ward es für die gesammte Sprachwissenschaft, daß Noch unmittelbarer ist die Einwirkung der allgemein indogermanischen Die wissenschaftliche Erforschung der verschiedensten Sprachen hat nun die 13
Umstand, daß zum Theil die tüchtigste» Kenner der semitischen Sprachen ganz Wohl noch wichtiger ward es für die gesammte Sprachwissenschaft, daß Noch unmittelbarer ist die Einwirkung der allgemein indogermanischen Die wissenschaftliche Erforschung der verschiedensten Sprachen hat nun die 13
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0109" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284579"/> <p xml:id="ID_306" prev="#ID_305"> Umstand, daß zum Theil die tüchtigste» Kenner der semitischen Sprachen ganz<lb/> abenteuerliche Vorstellungen über den Zusammenhang derselben mit europäischen<lb/> Sprachen hatten. Es war aber ein großer Gewinn für die gesammte Sprach¬<lb/> wissenschaft, daß kurz vor Bopps Austreten die semitischen Forschungen einen<lb/> neuen Aufschwung genommen hatten. Die hebräischen Studien deutscher Theo¬<lb/> logen hatten in Wilhelm Gesenius ihren glänzenden Ausgangspunkt, der zu¬<lb/> gleich den Anfang einer neuen Epoche bezeichnete, und in Frankreich gab Silvestre<lb/> de Sacy, der französische Klarheit mit deutscher Gründlichkeit vereinigte, dem<lb/> Studium des Arabischen zuerst eine wirklick solide Grundlage. Die Schüler<lb/> dieser beiden Männer, welche zum Theil noch jetzt rüstig wirken, sind nur<lb/> zum Theil auch unmittelbar durch die Schule der indogermanischen Sprachver¬<lb/> gleichung gegangen, aber so weit sie wirklich Bedeutendes geleistet haben, sind<lb/> sie doch stark durch dieselbe angeregt und beeinflußt, und noch mehr gilt das<lb/> von dem jüngern Nachwuchs.</p><lb/> <p xml:id="ID_307"> Wohl noch wichtiger ward es für die gesammte Sprachwissenschaft, daß<lb/> wenige Jahre nack Bopps erstem Werk Jakob Grimms deutsche Grammatik<lb/> erschien, welche, durchaus auf unabhängigem Studium beruhend, ein al^Ungs<lb/> beschränkteres Feld in seinen tiefsten Tiefen erforschte und die erste wahre Grund-<lb/> lage einer eingehenden Erkenntniß der germanischen Sprachen schuf. So ver-<lb/> schiedenartig die beiden großen Forscher waren, der echt tvissenschaftiiche Geist<lb/> war beiden gemein, und die Nachfolger Grimms konnten, wenn sie seine For¬<lb/> schungen wahrhaft fortsetzen wollten, nicht umhin, sich mit dem Stoff und der<lb/> Methode der boppschen Schule bekannt zu machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_308"> Noch unmittelbarer ist die Einwirkung der allgemein indogermanischen<lb/> Sprachvergleichung auf die Behandlung von allerlei speciellen, wie allerlei<lb/> ferner liegenden Sprachgebieten. Die wirklich wissenschaftlichen Durchforscher<lb/> romanischer und slavischer, türkischer, finnischer, afrikanischer und anderer Sprachen<lb/> stehen alle unter dem Einfluß der boppschen Sprachvergleichung und verdanken<lb/> ihr die Ausrüstung zum sichern Erreichen ihrer Erfolge. Wo dieser Einfluß<lb/> fehlt, da sehen wir durchgängig nur Anhäufung von unverarbeitetem Stoff oder<lb/> dilettantisches Spielen. Und wo, wie es allerdings auch vorgekommen ist,<lb/> Sprachforscher der neueren Schule' im Streben, vor der Zeit Resultate zu er¬<lb/> langen und Dinge ergründen zu wollen, die vom jetzigen Standpunkt der<lb/> Wissenschaft aus noch'nicht zu ergründen sind. Entferntes voreilig verbinden<lb/> und Sprachgruppen als verwandt nachweisen wollen, die wir noch streng aus¬<lb/> einanderhalten müssen, da ist ein Abfall von den wahren Principien der bopp¬<lb/> schen Forschung.</p><lb/> <p xml:id="ID_309" next="#ID_310"> Die wissenschaftliche Erforschung der verschiedensten Sprachen hat nun die<lb/> Folge gehabt, daß auch über das Wesen der Sprache in abstrs-oto richtigere<lb/> Ansichten zur Geltung gekommen sind. Während die frühere „allgemeine Gram-<lb/> *</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 13</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0109]
Umstand, daß zum Theil die tüchtigste» Kenner der semitischen Sprachen ganz
abenteuerliche Vorstellungen über den Zusammenhang derselben mit europäischen
Sprachen hatten. Es war aber ein großer Gewinn für die gesammte Sprach¬
wissenschaft, daß kurz vor Bopps Austreten die semitischen Forschungen einen
neuen Aufschwung genommen hatten. Die hebräischen Studien deutscher Theo¬
logen hatten in Wilhelm Gesenius ihren glänzenden Ausgangspunkt, der zu¬
gleich den Anfang einer neuen Epoche bezeichnete, und in Frankreich gab Silvestre
de Sacy, der französische Klarheit mit deutscher Gründlichkeit vereinigte, dem
Studium des Arabischen zuerst eine wirklick solide Grundlage. Die Schüler
dieser beiden Männer, welche zum Theil noch jetzt rüstig wirken, sind nur
zum Theil auch unmittelbar durch die Schule der indogermanischen Sprachver¬
gleichung gegangen, aber so weit sie wirklich Bedeutendes geleistet haben, sind
sie doch stark durch dieselbe angeregt und beeinflußt, und noch mehr gilt das
von dem jüngern Nachwuchs.
Wohl noch wichtiger ward es für die gesammte Sprachwissenschaft, daß
wenige Jahre nack Bopps erstem Werk Jakob Grimms deutsche Grammatik
erschien, welche, durchaus auf unabhängigem Studium beruhend, ein al^Ungs
beschränkteres Feld in seinen tiefsten Tiefen erforschte und die erste wahre Grund-
lage einer eingehenden Erkenntniß der germanischen Sprachen schuf. So ver-
schiedenartig die beiden großen Forscher waren, der echt tvissenschaftiiche Geist
war beiden gemein, und die Nachfolger Grimms konnten, wenn sie seine For¬
schungen wahrhaft fortsetzen wollten, nicht umhin, sich mit dem Stoff und der
Methode der boppschen Schule bekannt zu machen.
Noch unmittelbarer ist die Einwirkung der allgemein indogermanischen
Sprachvergleichung auf die Behandlung von allerlei speciellen, wie allerlei
ferner liegenden Sprachgebieten. Die wirklich wissenschaftlichen Durchforscher
romanischer und slavischer, türkischer, finnischer, afrikanischer und anderer Sprachen
stehen alle unter dem Einfluß der boppschen Sprachvergleichung und verdanken
ihr die Ausrüstung zum sichern Erreichen ihrer Erfolge. Wo dieser Einfluß
fehlt, da sehen wir durchgängig nur Anhäufung von unverarbeitetem Stoff oder
dilettantisches Spielen. Und wo, wie es allerdings auch vorgekommen ist,
Sprachforscher der neueren Schule' im Streben, vor der Zeit Resultate zu er¬
langen und Dinge ergründen zu wollen, die vom jetzigen Standpunkt der
Wissenschaft aus noch'nicht zu ergründen sind. Entferntes voreilig verbinden
und Sprachgruppen als verwandt nachweisen wollen, die wir noch streng aus¬
einanderhalten müssen, da ist ein Abfall von den wahren Principien der bopp¬
schen Forschung.
Die wissenschaftliche Erforschung der verschiedensten Sprachen hat nun die
Folge gehabt, daß auch über das Wesen der Sprache in abstrs-oto richtigere
Ansichten zur Geltung gekommen sind. Während die frühere „allgemeine Gram-
*
13
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |