Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.in den Grenzgegenden und den südlichen Provinzen entwickelte sich ein förm¬ Seit Kurhesseus Beitritt bildete -- und das war der hauptsächlichste Fort¬ Bald nach diesem entscheidenden Vorgang begannen die Verhandlungen Zum Schluß seiner Abhandlung wirft Aegidi die Frage auf, ob schon von 74*
in den Grenzgegenden und den südlichen Provinzen entwickelte sich ein förm¬ Seit Kurhesseus Beitritt bildete — und das war der hauptsächlichste Fort¬ Bald nach diesem entscheidenden Vorgang begannen die Verhandlungen Zum Schluß seiner Abhandlung wirft Aegidi die Frage auf, ob schon von 74*
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in den Grenzgegenden und den südlichen Provinzen entwickelte sich ein förm¬
licher kleiner Krieg derselben gegen das verhaßte Mauthsystcm, es entstanden
an verschiedenen Orten, besonders in Hanau, bedenkliche Unruhen, auch waren
die finanziellen Ergebnisse der „Zollreformen" fortwährend sehr unbefriedigend.
Da beantragte Kurhessen endlich seine Aufnahme in den Zollverein Preußens
und Darmstadts, und dieselbe fand am 25. August 1831 vermittelst eines Ver¬
trags statt, in welchem das Kurfürstenthum die preußische Gesetzgebung über
Ein-, Aus- lind Durchgangsabgaben, das Zollgesetz, die Zollordnung und den
Tarif des preußisch-darmstädtischen Vereins annahm. Im Einverständnis; mit
Preußen und der großherzoglichen Negierung wurden die im Kurstaat einzu¬
führenden organischen Bestimmungen und die damit , in Verbindung stehenden
reglementären Verfügungen und Instruktionen abgefaßt und die gesammte Zoll¬
verwaltung desselben wie in den bisherigen Vereinsstaaten organisirt. Verträge
über die Aufnahme andrer Staaten in den Zollverband sollten nur unter Zu¬
ziehung sämmtlicher paciscirender Theile abgeschlossen, solche Verträge mit an¬
dern deutschen Staaten auf der Grundlage dieses Vertrags sollten angestrebt
werden.
Seit Kurhesseus Beitritt bildete — und das war der hauptsächlichste Fort¬
schritt — das ganze Zollgebiet einen einzigen, von einer wohlabgeschlossnen
Grenze umzogner Körper, und zugleich war der Sonderbund gesprengt, welcher
der Gründung eines größeren deutschen Handelsstaats bisher in Gestalt des
mitteldeutschen Handelsvereins entgegengestanden hatte. Kurhessen verband die
getrennten Theile der preußischen Monarchie und vollendete dadurch die materielle
Verschmelzung der elf Millionen Deutschen, die sich Preußen nannten. Ein mittel¬
deutscher Verein war fernerhin nicht mehr im Stande, sich zwischen Hessen-
Darmstadt und Preußen zu schieben und als Keil das letztere in Stücke zu trennen.
Bald nach diesem entscheidenden Vorgang begannen die Verhandlungen
zwischen dem Süden und dem Norden, welche mit dem Vertrage vom 22. März
1833 und der allmciligen Vereinigung der beiden Zollvcrbände zu einem
großen deutschen Zollverein endigten.
Zum Schluß seiner Abhandlung wirft Aegidi die Frage auf, ob schon von
Anfang an in Preußen der Gedanke an ein System von Verträgen gelebt, wie
sie nach und nach die Angliederung der deutschen Staaten an Preußen in Zoll-
und Handelssachen bewirkten, die wir im Vorhergehenden verfolgt haben. Er
antwortet darauf zunächst: Die preußische Regierung selbst hat, als mit Baden
über den Beitritt zum Zollverein verhandelt wurde, in officieller Note offen
ausgesprochen: „Es muß dem Verfasser der badischen Denkschrift von 1819
(Nebenius) zur großen Genugthuung gereichen, wenn er aus den Verträgen
der jetzt zu einem gemeinsamen Zoll- und Handelssystem verbundenen Staaten
ersehen wird, wie vollständig nunmehr die Ideen ins Leben getreten sind, welche
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