Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.von Vereinigung mit Preußen sprach. Er war froh darüber, weil er voraussah, Bayern und Würtemberg schlössen darauf ihren Zollverein, der am 1. Juli Auch in den nicht unmittelbar betheiligten deutschen Staaten war man Nach diesen Gesichtspunkten handelte man. Am 21. Mai 1828 trafen die Gr-nzbole" III. 1865. 74
von Vereinigung mit Preußen sprach. Er war froh darüber, weil er voraussah, Bayern und Würtemberg schlössen darauf ihren Zollverein, der am 1. Juli Auch in den nicht unmittelbar betheiligten deutschen Staaten war man Nach diesen Gesichtspunkten handelte man. Am 21. Mai 1828 trafen die Gr-nzbole» III. 1865. 74
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von Vereinigung mit Preußen sprach. Er war froh darüber, weil er voraussah,
daß die Erfahrung weniger Jahre das Bedürfniß eines großen Zollbundes
fühlbar machen werde.
Bayern und Würtemberg schlössen darauf ihren Zollverein, der am 1. Juli
1828 ins Leben trat, und in den im nächsten Jahre Rheinbayern aufgenommen
wurde. Darmstadt aber reichte am 14. Februar 1828 Preußen die Hand zum
Bunde. Die Volksstimme war dem neuen Zollverein weder in Hessen noch in
Preußen gewogen, dort argwöhnte sie Uebervortheilung und gefährliche politische
Tendenz, hier zieh man die Regierung sentimentaler Uneigennützigkeit und wies
darauf hin, daß die Zollgrenze nicht vereinfacht, sondern verlängert, also die
Verwaltung vertheuert und finanzielle Einbuße für Preußen unvermeidlich ge¬
worden sei. Aber die Volksstimme war hier allerdings, wie man bald erfuhr,
nicht Gottes Stimme, sie war vielmehr, wie häusig, die Stimme von Götzen,
von denselben Götzen, die heutzutage wieder gegen die Vereinigung Schleswig«
Holsteins mit Preußen toben.
Auch in den nicht unmittelbar betheiligten deutschen Staaten war man
voll Entrüstung über den Vorgang. Preußische Zollgesetzgebung von Hessen
angenommen — beide Staaten von einer Zollgrenze umschlossen — Aus¬
gleichungsabgaben hinsichtlich der innern Verbrauchssteuern eingeführt — alle
Tarifänderungen, alle Handelsverträge mit andern Staaten, sofern Hessens und
der westlichen preußischen Provinzen Interesse davon berührt wird, an die Zu¬
stimmung der Berliner (freilich auch der Darmstädter) gebunden — das war
unerhört, unbegreiflich, im höchsten Grade gefahrvoll. Noch galt den Staats¬
lenkern der meisten deutschen Länder die preußische Handelspolitik als das
Haupthinderniß einer deutschen. Jene war durch den Anschluß Darmstadts
verstärkt, folglich war diese noch mehr als bisher bedroht.
Nach diesen Gesichtspunkten handelte man. Am 21. Mai 1828 trafen die
Bundcstagegesandten einer bedeutenden Anzahl deutscher Staaten die erste
Verabredung, und am 18. August begannen zu Kassel Verhandlungen zwischen
Hannover, Sachsen, den thüringischen Staaten, Kurhessen, Oldenburg, Braun¬
schweig. Nassau, Hessen-Homburg, Bremen und Frankfurt wegen Abschluß eines
Handelsvereins. Dieselben hatten Erfolg; denn sie waren einerseits unwesent¬
licher, andrerseits ganz allgemeiner Natur. Durch einen auf sechs Jahre ab¬
geschlossenen Vertrag kam am 24. September schon der sogenannte mittel¬
deutsche Handelsverein zu Stande. Nach ihm fand freier Eingang von
einem der vereinigten Staaten in den andern nur für Getreide und Kartoffeln,
Heu, Stroh, Holz und Steinkohlen statt, aber der Zweck war der alte gro߬
artige, den Artikel 19 der Bundesacte zu verwirklichen und „einen möglichst
freien Verkehr" sowohl unter sich als nach außen zu befördern. „Die Isolirung
Gr-nzbole» III. 1865. 74
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