Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.Küstrin führten, allein schon bei dem ersten Feuer, das unsere Leute machten, Feldlager vor Kolberg, 14. Mai 1807. -- Vor allen Dingen lasse ich Feldlager der Belagerung vor Kolberg, 18. Mai 1807. -- Treues liebes "renzboten III. 18so. 72
Küstrin führten, allein schon bei dem ersten Feuer, das unsere Leute machten, Feldlager vor Kolberg, 14. Mai 1807. — Vor allen Dingen lasse ich Feldlager der Belagerung vor Kolberg, 18. Mai 1807. — Treues liebes «renzboten III. 18so. 72
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0561" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283914"/> <p xml:id="ID_1609" prev="#ID_1608"> Küstrin führten, allein schon bei dem ersten Feuer, das unsere Leute machten,<lb/> nahmen sie die Flucht. Doch haben sie schon einigen Schaden den Franzosen<lb/> auf dem Flusse gethan, jetzo wird täglich nach diesem Gestndel patrouillirt.<lb/> Grüße und küsse alle Freunde und Bekannten und Verwandte, und sei versichert,<lb/> daß kein Augenblick vergeht, daß ich nicht mit derselben schmerzlichen Empfindung<lb/> an Dich und die lieben Jungens denke, wie am ersten Tage des Marsches.<lb/> Ganz gewiß hoffe ich auf baldigen Frieden. — Bis Berlin habe ich 45 Deser¬<lb/> teurs gehabt, von daher keine mehr. Leider haben die andern Compagnien<lb/> noch mehr, aber Weimar nicht so viel. Leb wohl, liebe Seele und bleib recht<lb/> gesund, fürchte für mich nichts, noch bin ich auf kein Pferd noch Wagen ge¬<lb/> kommen, immer gesund gewesen und auch an Polens Grenze brave Leute ge¬<lb/> troffen, es wird ferner auch gut gehen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1610"> Feldlager vor Kolberg, 14. Mai 1807. — Vor allen Dingen lasse ich<lb/> mich und alle Soldaten unseres Contingentes unserer gnädigsten Frau Herzogin<lb/> zu Füßen legen und versichere, daß wir sämmtlich jeden Tag mit Freuden für<lb/> ihren Dienst ins Feuer gehen und ihr Name jedesmal unser fröhliches Feld-<lb/> geschrei ist, daß bis heute noch jeden Tag wir im Angesicht des Belagerungs¬<lb/> corps mit Ehre uns geschlagen haben, wovon ich die Beweise stets beibringen<lb/> werde. Ja, daß man mit Mühe die jungen Leute, besonders die Schützen, in<lb/> ihrem Diensteifer zurückhalten muß, auch hat Gottes Hand sichtbarlich über uns<lb/> gewaltet —noch ist kein Mann blesstrt, geschweige getödtet worden, ohngeachtet<lb/> rechts und links neben uns dieses oft geschehen ist. Zum kleinen Gewehrfeuer<lb/> bin ich für meine Person noch nicht gekommen, sondern blos Lieutenants, allein<lb/> mehre von uns haben sich in allen Gefechten besonders ausgezeichnet. Wir<lb/> stehen im Angesicht von Kolberg und der Ostsee, die nahe vor uns liegt, in<lb/> einem Hüttenlager von Rasen aufgebaut, nur schade, daß wir auf einem morastigen<lb/> Grund liegen und es noch immer fürchterlich kalt ist. — Wir müssen oft<lb/> 10 — 12 Stunden weit nach Lebensmitteln schicken, die dann theuer kommen,<lb/> denn näher hierher ist das Land ganz aufgezehrt und die paar Dörfer stehen<lb/> ohne Einwohner verheert da. Um Mitternacht geht gewöhnlich die Kanonade<lb/> an, wo wir bis der Tag anbricht ins Gewehr treten. Dann rücken wir in<lb/> unsere Hütten ein und sehen mit einer Pfeife schlechtem Taback denen zu, die<lb/> sich schlagen müssen, welches so nahe bei uns geschieht, daß wir deutlich alle<lb/> Leute erkennen können. — Heute fangen wir an die Festung mit großen Ka¬<lb/> nonen ernsthaft zu beschießen, von diesem prächtigen Feuer ist keine Beschreibung<lb/> zu machen, wir sind es schon seit ein paar Stunden so gewohnt, daß kein<lb/> Soldat mehr deswegen aus der Hütte sieht. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1611" next="#ID_1612"> Feldlager der Belagerung vor Kolberg, 18. Mai 1807. — Treues liebes<lb/> Weib. Nur wenige Zeilen schreibe ich Dir von hier, nicht daß ich Zeit genug<lb/> hätte, sondern ich schreibe auf einem Stück Rasen knieend. — In wenig Tagen</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> «renzboten III. 18so. 72</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0561]
Küstrin führten, allein schon bei dem ersten Feuer, das unsere Leute machten,
nahmen sie die Flucht. Doch haben sie schon einigen Schaden den Franzosen
auf dem Flusse gethan, jetzo wird täglich nach diesem Gestndel patrouillirt.
Grüße und küsse alle Freunde und Bekannten und Verwandte, und sei versichert,
daß kein Augenblick vergeht, daß ich nicht mit derselben schmerzlichen Empfindung
an Dich und die lieben Jungens denke, wie am ersten Tage des Marsches.
Ganz gewiß hoffe ich auf baldigen Frieden. — Bis Berlin habe ich 45 Deser¬
teurs gehabt, von daher keine mehr. Leider haben die andern Compagnien
noch mehr, aber Weimar nicht so viel. Leb wohl, liebe Seele und bleib recht
gesund, fürchte für mich nichts, noch bin ich auf kein Pferd noch Wagen ge¬
kommen, immer gesund gewesen und auch an Polens Grenze brave Leute ge¬
troffen, es wird ferner auch gut gehen. —
Feldlager vor Kolberg, 14. Mai 1807. — Vor allen Dingen lasse ich
mich und alle Soldaten unseres Contingentes unserer gnädigsten Frau Herzogin
zu Füßen legen und versichere, daß wir sämmtlich jeden Tag mit Freuden für
ihren Dienst ins Feuer gehen und ihr Name jedesmal unser fröhliches Feld-
geschrei ist, daß bis heute noch jeden Tag wir im Angesicht des Belagerungs¬
corps mit Ehre uns geschlagen haben, wovon ich die Beweise stets beibringen
werde. Ja, daß man mit Mühe die jungen Leute, besonders die Schützen, in
ihrem Diensteifer zurückhalten muß, auch hat Gottes Hand sichtbarlich über uns
gewaltet —noch ist kein Mann blesstrt, geschweige getödtet worden, ohngeachtet
rechts und links neben uns dieses oft geschehen ist. Zum kleinen Gewehrfeuer
bin ich für meine Person noch nicht gekommen, sondern blos Lieutenants, allein
mehre von uns haben sich in allen Gefechten besonders ausgezeichnet. Wir
stehen im Angesicht von Kolberg und der Ostsee, die nahe vor uns liegt, in
einem Hüttenlager von Rasen aufgebaut, nur schade, daß wir auf einem morastigen
Grund liegen und es noch immer fürchterlich kalt ist. — Wir müssen oft
10 — 12 Stunden weit nach Lebensmitteln schicken, die dann theuer kommen,
denn näher hierher ist das Land ganz aufgezehrt und die paar Dörfer stehen
ohne Einwohner verheert da. Um Mitternacht geht gewöhnlich die Kanonade
an, wo wir bis der Tag anbricht ins Gewehr treten. Dann rücken wir in
unsere Hütten ein und sehen mit einer Pfeife schlechtem Taback denen zu, die
sich schlagen müssen, welches so nahe bei uns geschieht, daß wir deutlich alle
Leute erkennen können. — Heute fangen wir an die Festung mit großen Ka¬
nonen ernsthaft zu beschießen, von diesem prächtigen Feuer ist keine Beschreibung
zu machen, wir sind es schon seit ein paar Stunden so gewohnt, daß kein
Soldat mehr deswegen aus der Hütte sieht. —
Feldlager der Belagerung vor Kolberg, 18. Mai 1807. — Treues liebes
Weib. Nur wenige Zeilen schreibe ich Dir von hier, nicht daß ich Zeit genug
hätte, sondern ich schreibe auf einem Stück Rasen knieend. — In wenig Tagen
«renzboten III. 18so. 72
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |