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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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wird), Schleswig-Holstein (wohin sie Preußen bald bringen wird), Hannover
(wo sie beantragt ist) und Altbayern (wo sie angebahnt ist) besteht. Jetzt ist
die Concessionspflichtigkeit der Gewerbe in Kurhessen nur noch eine Waffe in
der Hand der Regierung, mißliebige Geschäftstreibende zu maßregeln. Das
deutsche Handelsgesetzbuch ist zwar endlich mit diesem Jahre eingeführt, aber
ohne die Zusätze der nürnberger Commission, die ebenfalls fast in allen deutschen
Staaten verkündigt sind. Es gehört vorzugsweise in dieses Gebiet die uner¬
klärlich lange Verzögerung der nothwendigsten Eisenbahnbauten, die noch auf¬
stehende Genehmigung zur Einführung des Einpfennigtarifs für Kohlen auf den
kurhessischen Staats- und Privatbahnen, zur Herstellung eines Tclcgraphennetzes
für den-Privatgebrauch, zum Bau eines bessern Locales für die höhere Ge¬
werbeschule.

Gehen wir nun auf das Gebiet der Landwirthschaft über, so ist diese bei
einigen der vorstehend erwähnten Mißstände grade so gut betheiligt als Handel,
Industrie und Gewerbe; daneben aber leidet sie an dem Mangel eines schon
in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts angeregten Verkovpelungsgesctzes,
eines Gesetzes über Ablösung der Feldhuten, über Theilbarkeit des Grundbesitzes
in den Provinzen Fulda und Hanau, über Landwcgcbau, über Gewährleistung
des Handels mit Hausthieren, über Beseitigung des Verbots des Verkaufs der
Früchte aus dem Halme, über richtige Vertheilung der Grundsteuer. Vor allem
schädigt den kleineren Landwirth die Aushebung des Gesetzes vom 1. Juli 1848,
durch welches die Ausübung der Jagd auf fremdem Grund und Boden be¬
seitigt und den berechtigten Eigenthümern des Grund und Bodens und den
Gemeinden zugewiesen war, durch die Verordnungen vom 22. September 18S3
und 26. Januar 1884. Diese Jagdvcrordnungen werden fortwährend aufrecht
erhalten, trotzdem sie schon durch mehre obcrgerichtliche Entscheidungen als
ungiltig festgestellt worden sind und das Oberappellationsgcricht demnächst
in der Lage sein wird, die obergerichtlichen Erkenntnisse in letzter Instanz zu
bestätigen.

Ganz Kurhessen hat ein Interesse an einer.Verbesserung der mit den beiden
Kammern der beseitigten Verfassung vom 13. April 1832 vereinbarten Steuer¬
gesetzgebung, an Erlaß eines Gesetzes über Verwerthung der Forstnutzungen,
eines Schulgesetzes, eines Gesetzes über anderweitige Regulirung der Beitrags-
Wicht zu den Kirchen- und Schulbänken, über Ausgleichung der durch die Bun-
desexecution vom Jahre 1850--1861 verschiedenen Landestheilen erwachsenen
Kosten (einzelne Gemeinden tragen schwer an der ihnen aus der Execution er¬
wachsenen Schuldenlast), eines Einquartierungsgesetzes, an der rascheren Be¬
setzung der erledigten Staatsdiencrstcllcn. Endlich verlangt die öffentliche Mei-
nung die Beseitigung der Bundesbeschlüsse vom Jahre 1854 beireffend das Ver¬
ehrer wider die Presse und das Vereinsrecht und der dazu in falscher Inder-


wird), Schleswig-Holstein (wohin sie Preußen bald bringen wird), Hannover
(wo sie beantragt ist) und Altbayern (wo sie angebahnt ist) besteht. Jetzt ist
die Concessionspflichtigkeit der Gewerbe in Kurhessen nur noch eine Waffe in
der Hand der Regierung, mißliebige Geschäftstreibende zu maßregeln. Das
deutsche Handelsgesetzbuch ist zwar endlich mit diesem Jahre eingeführt, aber
ohne die Zusätze der nürnberger Commission, die ebenfalls fast in allen deutschen
Staaten verkündigt sind. Es gehört vorzugsweise in dieses Gebiet die uner¬
klärlich lange Verzögerung der nothwendigsten Eisenbahnbauten, die noch auf¬
stehende Genehmigung zur Einführung des Einpfennigtarifs für Kohlen auf den
kurhessischen Staats- und Privatbahnen, zur Herstellung eines Tclcgraphennetzes
für den-Privatgebrauch, zum Bau eines bessern Locales für die höhere Ge¬
werbeschule.

Gehen wir nun auf das Gebiet der Landwirthschaft über, so ist diese bei
einigen der vorstehend erwähnten Mißstände grade so gut betheiligt als Handel,
Industrie und Gewerbe; daneben aber leidet sie an dem Mangel eines schon
in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts angeregten Verkovpelungsgesctzes,
eines Gesetzes über Ablösung der Feldhuten, über Theilbarkeit des Grundbesitzes
in den Provinzen Fulda und Hanau, über Landwcgcbau, über Gewährleistung
des Handels mit Hausthieren, über Beseitigung des Verbots des Verkaufs der
Früchte aus dem Halme, über richtige Vertheilung der Grundsteuer. Vor allem
schädigt den kleineren Landwirth die Aushebung des Gesetzes vom 1. Juli 1848,
durch welches die Ausübung der Jagd auf fremdem Grund und Boden be¬
seitigt und den berechtigten Eigenthümern des Grund und Bodens und den
Gemeinden zugewiesen war, durch die Verordnungen vom 22. September 18S3
und 26. Januar 1884. Diese Jagdvcrordnungen werden fortwährend aufrecht
erhalten, trotzdem sie schon durch mehre obcrgerichtliche Entscheidungen als
ungiltig festgestellt worden sind und das Oberappellationsgcricht demnächst
in der Lage sein wird, die obergerichtlichen Erkenntnisse in letzter Instanz zu
bestätigen.

Ganz Kurhessen hat ein Interesse an einer.Verbesserung der mit den beiden
Kammern der beseitigten Verfassung vom 13. April 1832 vereinbarten Steuer¬
gesetzgebung, an Erlaß eines Gesetzes über Verwerthung der Forstnutzungen,
eines Schulgesetzes, eines Gesetzes über anderweitige Regulirung der Beitrags-
Wicht zu den Kirchen- und Schulbänken, über Ausgleichung der durch die Bun-
desexecution vom Jahre 1850—1861 verschiedenen Landestheilen erwachsenen
Kosten (einzelne Gemeinden tragen schwer an der ihnen aus der Execution er¬
wachsenen Schuldenlast), eines Einquartierungsgesetzes, an der rascheren Be¬
setzung der erledigten Staatsdiencrstcllcn. Endlich verlangt die öffentliche Mei-
nung die Beseitigung der Bundesbeschlüsse vom Jahre 1854 beireffend das Ver¬
ehrer wider die Presse und das Vereinsrecht und der dazu in falscher Inder-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/531>, abgerufen am 15.01.2025.