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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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auch eine Erleichterung der bestehenden Handelsbeschränkungen bezweckende In¬
terpretation des 19. Artikels aufgenommen werde.

Diese Erklärung blieb nicht ohne Wirkung. In der zweiundzwanzigsten
Conferenz. 30. August, verbreitete sich Fürst Metternich darüber, indem er sagte:
Er verkenne die Wichtigkeit dieser Frage nicht, halte die Ausgab- aber für
äußerst schwierig. Deutschland bestehe ans einer Verbrüderung souveräner
Staaten, welche in ihrer Gesammtheit in dem europäischen Staatensystem als
eine Macht erscheinen. Der Handel, seine Ausdehnung wie seine Beschränkung
"Hören zu den ersten Befugnissen der souveränen Gewalt. In Deutschland
könne demnach die Handelssrage nicht allein in Beziehung auf die deutsche Ge-
sammtmacht aufgenommen und erwogen werden, sie könne vielmehr nur in Er-
Wagung gezogen werden, wenn die erste, die vorläufige Bedingung, die Handels¬
verhältnisse, unter den deutschen Staaten zu gedeihlicher Verständigung gereift
sein würde. Die hier versammelte Conferenz könne das Geschäft nicht beginnen,
sich demselben nicht einmal nähern, weil sie es nicht beendigen könne. Dagegen
Werde man sich auf den demnächst zu eröffnenden Conferenzen in Wien mit
Beleuchtung der Frage beschäftigen können. "Seine k. k. Majestät würden nicht
nur mit Vergnügen der möglichsten Einigung entgegensehen, sondern an Aller,
höchstdemselben dürfte es wohl nicht liegen, wenn Sie durch die klarste und
unbefangenste Aussprechung jedes von Ihnen als wahr erkannten Grundsatzes,
unter specieller Berücksichtigung der Souveränetätsrechte der den Bund bildenden
Staaten, deren eigenthümlicher Lage und Verhältnisse zu einem definitiven Ver¬
ständnisse nicht beizutragen vermöchten." In der letzten Conferenz. 31. August
endlich, bezeichnete Metternich als eine der Aufgaben für die Verhandlungen in
Wien: ..Die Erleichterung des Handels und Verkehrs zwischen den verschiedenen
Bundesstaaten, um den Artikel 19 der Bundesacte möglichst zur Ausführung
^ bringen, so viel die Verschiedenartigkeit der Localitäten und besonders die
Steuersysteme der einzelnen Bundesstaaten solche zulassen können."

> Die wiener Ministerconfercnzen wurden am 25. November 1819 eröffnet.
Die Frage über Handel und Verkehr sollte nach Metternichs Plan den zehnten
Berathungsgegenstand bilden, die Vorarbeit von einem Conn6 vorgenommen
werden, welches aus Gras Bernstorff (Preußen), v. Bcrstett (Baden), v. Zentner
(Bayern), v. Fakel (Luxemburg). Graf Einsiedel (Sachsen). Hach (freie Städte)
und v. Berg (Anhalt. Oldenburg. Schwarzburg) zusammengesetzt wurde. Dieses
6°mit6 kam indeß wochenlang nicht dazu, die Sache anzufassen. Dagegen
^urbe fleißig "hinter dem Vorhang gearbeitet". Privatbesprechungen fanden
^et. Aufsätze wurden gewechselt, und es begann sich unter den Vertretern
wehrer Staaten eine Art EinVerständniß gegen Preußen zu bilden, welches
Ms versicherte, daß es sein neues Zollsystem nicht aufgeben, dem Bunde hieraufreinen Einfluß gestatten werde. Freudige Zuversicht, diesen Eigensinn brechen


auch eine Erleichterung der bestehenden Handelsbeschränkungen bezweckende In¬
terpretation des 19. Artikels aufgenommen werde.

Diese Erklärung blieb nicht ohne Wirkung. In der zweiundzwanzigsten
Conferenz. 30. August, verbreitete sich Fürst Metternich darüber, indem er sagte:
Er verkenne die Wichtigkeit dieser Frage nicht, halte die Ausgab- aber für
äußerst schwierig. Deutschland bestehe ans einer Verbrüderung souveräner
Staaten, welche in ihrer Gesammtheit in dem europäischen Staatensystem als
eine Macht erscheinen. Der Handel, seine Ausdehnung wie seine Beschränkung
»Hören zu den ersten Befugnissen der souveränen Gewalt. In Deutschland
könne demnach die Handelssrage nicht allein in Beziehung auf die deutsche Ge-
sammtmacht aufgenommen und erwogen werden, sie könne vielmehr nur in Er-
Wagung gezogen werden, wenn die erste, die vorläufige Bedingung, die Handels¬
verhältnisse, unter den deutschen Staaten zu gedeihlicher Verständigung gereift
sein würde. Die hier versammelte Conferenz könne das Geschäft nicht beginnen,
sich demselben nicht einmal nähern, weil sie es nicht beendigen könne. Dagegen
Werde man sich auf den demnächst zu eröffnenden Conferenzen in Wien mit
Beleuchtung der Frage beschäftigen können. „Seine k. k. Majestät würden nicht
nur mit Vergnügen der möglichsten Einigung entgegensehen, sondern an Aller,
höchstdemselben dürfte es wohl nicht liegen, wenn Sie durch die klarste und
unbefangenste Aussprechung jedes von Ihnen als wahr erkannten Grundsatzes,
unter specieller Berücksichtigung der Souveränetätsrechte der den Bund bildenden
Staaten, deren eigenthümlicher Lage und Verhältnisse zu einem definitiven Ver¬
ständnisse nicht beizutragen vermöchten." In der letzten Conferenz. 31. August
endlich, bezeichnete Metternich als eine der Aufgaben für die Verhandlungen in
Wien: ..Die Erleichterung des Handels und Verkehrs zwischen den verschiedenen
Bundesstaaten, um den Artikel 19 der Bundesacte möglichst zur Ausführung
^ bringen, so viel die Verschiedenartigkeit der Localitäten und besonders die
Steuersysteme der einzelnen Bundesstaaten solche zulassen können."

> Die wiener Ministerconfercnzen wurden am 25. November 1819 eröffnet.
Die Frage über Handel und Verkehr sollte nach Metternichs Plan den zehnten
Berathungsgegenstand bilden, die Vorarbeit von einem Conn6 vorgenommen
werden, welches aus Gras Bernstorff (Preußen), v. Bcrstett (Baden), v. Zentner
(Bayern), v. Fakel (Luxemburg). Graf Einsiedel (Sachsen). Hach (freie Städte)
und v. Berg (Anhalt. Oldenburg. Schwarzburg) zusammengesetzt wurde. Dieses
6°mit6 kam indeß wochenlang nicht dazu, die Sache anzufassen. Dagegen
^urbe fleißig „hinter dem Vorhang gearbeitet". Privatbesprechungen fanden
^et. Aufsätze wurden gewechselt, und es begann sich unter den Vertretern
wehrer Staaten eine Art EinVerständniß gegen Preußen zu bilden, welches
Ms versicherte, daß es sein neues Zollsystem nicht aufgeben, dem Bunde hieraufreinen Einfluß gestatten werde. Freudige Zuversicht, diesen Eigensinn brechen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/515>, abgerufen am 15.01.2025.