Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.deutsche Interessen handelte, durch den Bund zu geschehen. Dazu aber schien Am Schlüsse der neunten karlsbader Conferenz, 16. August 1819, setzte deutsche Interessen handelte, durch den Bund zu geschehen. Dazu aber schien Am Schlüsse der neunten karlsbader Conferenz, 16. August 1819, setzte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283867"/> <p xml:id="ID_1475" prev="#ID_1474"> deutsche Interessen handelte, durch den Bund zu geschehen. Dazu aber schien<lb/> Artikel 19 der Bundesacte, in dem sich die Bundesglieder eine gemeinschaftliche<lb/> Berathung über Handel und Verkehr vorbehalten hatten, eine passende Hand¬<lb/> habe zu bieten. Man übersah indeß dabei, daß nur von einer Berathung<lb/> die Rede sein konnte, und daß der Bund nicht das Recht hatte, die Einzel¬<lb/> staaten in Betreff ihrer innern Politik zu hemmen und zu zwingen, daß die<lb/> Bundesversammlung eben keine wahre Centralgewalt, sondern lediglich die<lb/> Summe gewisser staatlicher Jndividualexistenzen war. Die Zeit, wo der Wunsch<lb/> der deutschen Patrioten Hoffnung auf Erfüllung hätte haben können, war vor¬<lb/> über. Die wiener Schlußacte hatte der „Unbestimmtheit oder Verkennung der<lb/> der Bundesversammlung zustehenden Befugnisse" ein Ende gemacht, die Ab¬<lb/> hängigkeit des Bundestags von den Einzelregierungen besiegelt, den Bund für<lb/> einen „völkerrechtlichen Verein" erklärt, und zwar, wie die Dinge damals lagen,<lb/> zur Zufriedenheit aller. Wenn das jetzt unbequem fiel, so hatten die Klagenden<lb/> sich selbst die Schuld beizumessen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1476" next="#ID_1477"> Am Schlüsse der neunten karlsbader Conferenz, 16. August 1819, setzte<lb/> der badische Minister v. Berstett unter den Mitgliedern der Versammlung einen<lb/> Aufsatz in Umlauf, der, von Nebenius verfaßt und früher bereits den badischen<lb/> Kammern mitgetheilt, den freien Verkehr unter den deutschen Bundesstaaten<lb/> zum Gegenstand hatte und eine Zolleinigung der letzteren vorschlug, wie sie im<lb/> Wesentlichen jetzt im Zollverein verwirklicht ist. Berstett sprach dabei den Wunsch<lb/> aus, daß diese Sache jetzt ernsthaft ins Auge gefaßt werde, um darzuthun, wie<lb/> weit sie ausführbar und ob wenigstens vor der Hand wohlthätige Abänderungen<lb/> des jetzigen Systems eintreten könnten, auch welches die Hindernisse seien (An¬<lb/> spielung auf das preußische Gesetz von 1818), die sich dem Einen oder dem<lb/> Andern bestimmt entgegenstellten. Der würtenbergische Minister v. Winzingerode<lb/> unterstützte diesen Antrag mit dem Hinzufügen, nach den Verabredungen der<lb/> Conferenz werde die Angelegenheit an den Bundestag zu bringen sein. Andre<lb/> Stimmen dagegen meinten, daß die Sache zu verwickelt sei, um in der CoN'<lb/> ferenz entschieden werden zu können; sie müsse auf Grund von Artikel 19 der<lb/> Bundesacte am Bundestage vorgenommen werden. Dem Würtenberger leuchtete<lb/> das nicht ein; in der zwanzigsten Conferenz, 28. August, gab er eine Erklärung<lb/> ab, in der er auf Berstetts Anregung zurückkam. Er ging davon aus, daß<lb/> „die Regierungen in dem Augenblicke, in welchem sie ernste Anmaßungen zurück'<lb/> wiesen, gerechte Beschwerden aufmerksam zu prüfen hätten; zu letzteren rechne<lb/> der König von Würtemberg unter anderem die gegenwärtigen Ausdehnungen<lb/> der Beschränkungen des Handels in den Bundesstaaten (Anspielung wie oben)<lb/> und habe deshalb dem Grafen befohlen, zu beantragen, daß unter die Gegen'<lb/> stände, die von Karlsbad aus zu erledigen oder anzuregen und zur Instructions'<lb/> einholung für die Bundestagsgesandtschaften in Vorschlag zu bringen wäre».</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0514]
deutsche Interessen handelte, durch den Bund zu geschehen. Dazu aber schien
Artikel 19 der Bundesacte, in dem sich die Bundesglieder eine gemeinschaftliche
Berathung über Handel und Verkehr vorbehalten hatten, eine passende Hand¬
habe zu bieten. Man übersah indeß dabei, daß nur von einer Berathung
die Rede sein konnte, und daß der Bund nicht das Recht hatte, die Einzel¬
staaten in Betreff ihrer innern Politik zu hemmen und zu zwingen, daß die
Bundesversammlung eben keine wahre Centralgewalt, sondern lediglich die
Summe gewisser staatlicher Jndividualexistenzen war. Die Zeit, wo der Wunsch
der deutschen Patrioten Hoffnung auf Erfüllung hätte haben können, war vor¬
über. Die wiener Schlußacte hatte der „Unbestimmtheit oder Verkennung der
der Bundesversammlung zustehenden Befugnisse" ein Ende gemacht, die Ab¬
hängigkeit des Bundestags von den Einzelregierungen besiegelt, den Bund für
einen „völkerrechtlichen Verein" erklärt, und zwar, wie die Dinge damals lagen,
zur Zufriedenheit aller. Wenn das jetzt unbequem fiel, so hatten die Klagenden
sich selbst die Schuld beizumessen.
Am Schlüsse der neunten karlsbader Conferenz, 16. August 1819, setzte
der badische Minister v. Berstett unter den Mitgliedern der Versammlung einen
Aufsatz in Umlauf, der, von Nebenius verfaßt und früher bereits den badischen
Kammern mitgetheilt, den freien Verkehr unter den deutschen Bundesstaaten
zum Gegenstand hatte und eine Zolleinigung der letzteren vorschlug, wie sie im
Wesentlichen jetzt im Zollverein verwirklicht ist. Berstett sprach dabei den Wunsch
aus, daß diese Sache jetzt ernsthaft ins Auge gefaßt werde, um darzuthun, wie
weit sie ausführbar und ob wenigstens vor der Hand wohlthätige Abänderungen
des jetzigen Systems eintreten könnten, auch welches die Hindernisse seien (An¬
spielung auf das preußische Gesetz von 1818), die sich dem Einen oder dem
Andern bestimmt entgegenstellten. Der würtenbergische Minister v. Winzingerode
unterstützte diesen Antrag mit dem Hinzufügen, nach den Verabredungen der
Conferenz werde die Angelegenheit an den Bundestag zu bringen sein. Andre
Stimmen dagegen meinten, daß die Sache zu verwickelt sei, um in der CoN'
ferenz entschieden werden zu können; sie müsse auf Grund von Artikel 19 der
Bundesacte am Bundestage vorgenommen werden. Dem Würtenberger leuchtete
das nicht ein; in der zwanzigsten Conferenz, 28. August, gab er eine Erklärung
ab, in der er auf Berstetts Anregung zurückkam. Er ging davon aus, daß
„die Regierungen in dem Augenblicke, in welchem sie ernste Anmaßungen zurück'
wiesen, gerechte Beschwerden aufmerksam zu prüfen hätten; zu letzteren rechne
der König von Würtemberg unter anderem die gegenwärtigen Ausdehnungen
der Beschränkungen des Handels in den Bundesstaaten (Anspielung wie oben)
und habe deshalb dem Grafen befohlen, zu beantragen, daß unter die Gegen'
stände, die von Karlsbad aus zu erledigen oder anzuregen und zur Instructions'
einholung für die Bundestagsgesandtschaften in Vorschlag zu bringen wäre».
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