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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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bindungen durch Verträge u. d. in. bedeuten, eine Ansicht, die hinreichend be¬
gründet ist. Sehr lehrreich endlich sind in diesem Bande die Excurse über
Handel, Münzen und andere Tauschmittel der Araber, über ihre Kampfweise,
über die Ausbildung ihrer Taktik und über die Normen der Verwaltung unter
Mohammad.

Der Nichtgelehrte wird sich hier mehr an die Darstellung der Ereignisse
halten, die fast in jedem Capitel wesentliche neue Züge des Propheten und
seiner Muslime enthält. Von besonderem Interesse sind die Schilderung der
Schlacht bei Badr, das neunzehnte Capitel, welches das unglückliche Treffen
am Berge Ohod und die Belagerung Madynas durch die Makkaner unter Abu
Sofyan beschreibt, das zwanzigste, welches die grausame Vertilgung des Juden¬
stammes der Bann Koraytza und die Pilgerfahrt bis Hodaybiya zum Gegen¬
stande hat. die Darstellung des siegreichen Einzugs des Propheten in Mekka
und die Berichte über das weitere Anwachsen der Macht Mohammads. Auch
die Mittheilungen über die religiösen und politischen Einrichtungen, welche sich
in Madyna von der Flucht bis zur Schlacht bei Badr allmälig ausbildeten,
und die Abhandlung über die Frauen Mohammads werden von diesen Kreisen
mit Interesse und Nutzen gelesen werden. Besonders werthvoll wieder für den
Historiker von Fach ist, was über die letzte Pilgerfahrt des Propheten und über
Entstehung und Wesen des Pilgerfestes, dessen Verwandtschaft mit dem Osterfest
u. d. in. bemerkt wird.

Eine große Anzahl von Dingen, Personen und Zuständen erscheinen hier
klarer, manche fast völlig anders als in den bisherigen Darstellungen, erhebliche
Lücken werden ausgefüllt, und alles hat Leben und Farbe, bei allem empfinden
wir, daß ein Mann von Geist uns berichtet, der nur in einigen Punkten
bizarren Einfällen unterliegt.

Fragen wir nun, was ist das Gesammtergebniß der Untersuchung Sprengers,
so weit sie den Propheten selbst betrifft, wer war Mohammad, und was hat
er geleistet, so antwortet das Buch darauf zunächst: er war weder, wie Muir
meint, vom Teufel besessen, noch, wie Carlyle schwärmt, ein Heros. Und was
dann? Auf den ersten Blick, wenn wir von seiner träumerisch-dämmernden Vor¬
geschichte in Malta absehen und ihn nach seinem Eintritt in Madyna. welcher
sein Eintritt in die Welt des Handelns und damit in die Weltgeschichte war,
beobachten, ein Räthsel. Er läßt sich von Gott geschlechtliche Excesse erlauben,
die selbst eifrige Anhänger mit Murren aufnehmen, er bricht heilige Bündnisse
auf Befehl Allahs, er veranlaßt eine Anzahl Meuchelmorde, meist nur, weil er
die bösen Zungen der Betreffenden fürchtet, er befiehlt an einem Tage Sees^
hundert unschuldige Menschen (die Bann Koraytza) hinzurichten. Andrerseits
weiß er selbst in der Zeit seiner höchsten Machtfülle sich zu mäßigen, verschmäht
er Pracht und reichen Besitz, bewahrt er den Freunden warme Liebe, vergißt


bindungen durch Verträge u. d. in. bedeuten, eine Ansicht, die hinreichend be¬
gründet ist. Sehr lehrreich endlich sind in diesem Bande die Excurse über
Handel, Münzen und andere Tauschmittel der Araber, über ihre Kampfweise,
über die Ausbildung ihrer Taktik und über die Normen der Verwaltung unter
Mohammad.

Der Nichtgelehrte wird sich hier mehr an die Darstellung der Ereignisse
halten, die fast in jedem Capitel wesentliche neue Züge des Propheten und
seiner Muslime enthält. Von besonderem Interesse sind die Schilderung der
Schlacht bei Badr, das neunzehnte Capitel, welches das unglückliche Treffen
am Berge Ohod und die Belagerung Madynas durch die Makkaner unter Abu
Sofyan beschreibt, das zwanzigste, welches die grausame Vertilgung des Juden¬
stammes der Bann Koraytza und die Pilgerfahrt bis Hodaybiya zum Gegen¬
stande hat. die Darstellung des siegreichen Einzugs des Propheten in Mekka
und die Berichte über das weitere Anwachsen der Macht Mohammads. Auch
die Mittheilungen über die religiösen und politischen Einrichtungen, welche sich
in Madyna von der Flucht bis zur Schlacht bei Badr allmälig ausbildeten,
und die Abhandlung über die Frauen Mohammads werden von diesen Kreisen
mit Interesse und Nutzen gelesen werden. Besonders werthvoll wieder für den
Historiker von Fach ist, was über die letzte Pilgerfahrt des Propheten und über
Entstehung und Wesen des Pilgerfestes, dessen Verwandtschaft mit dem Osterfest
u. d. in. bemerkt wird.

Eine große Anzahl von Dingen, Personen und Zuständen erscheinen hier
klarer, manche fast völlig anders als in den bisherigen Darstellungen, erhebliche
Lücken werden ausgefüllt, und alles hat Leben und Farbe, bei allem empfinden
wir, daß ein Mann von Geist uns berichtet, der nur in einigen Punkten
bizarren Einfällen unterliegt.

Fragen wir nun, was ist das Gesammtergebniß der Untersuchung Sprengers,
so weit sie den Propheten selbst betrifft, wer war Mohammad, und was hat
er geleistet, so antwortet das Buch darauf zunächst: er war weder, wie Muir
meint, vom Teufel besessen, noch, wie Carlyle schwärmt, ein Heros. Und was
dann? Auf den ersten Blick, wenn wir von seiner träumerisch-dämmernden Vor¬
geschichte in Malta absehen und ihn nach seinem Eintritt in Madyna. welcher
sein Eintritt in die Welt des Handelns und damit in die Weltgeschichte war,
beobachten, ein Räthsel. Er läßt sich von Gott geschlechtliche Excesse erlauben,
die selbst eifrige Anhänger mit Murren aufnehmen, er bricht heilige Bündnisse
auf Befehl Allahs, er veranlaßt eine Anzahl Meuchelmorde, meist nur, weil er
die bösen Zungen der Betreffenden fürchtet, er befiehlt an einem Tage Sees^
hundert unschuldige Menschen (die Bann Koraytza) hinzurichten. Andrerseits
weiß er selbst in der Zeit seiner höchsten Machtfülle sich zu mäßigen, verschmäht
er Pracht und reichen Besitz, bewahrt er den Freunden warme Liebe, vergißt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/490>, abgerufen am 15.01.2025.