Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.blos religiöse und kirchliche Mittel waren es. die er hier anwendete, sondern, Was aber hier nicht gelungen, sollte auf einer andern Seite angefaßt 60*
blos religiöse und kirchliche Mittel waren es. die er hier anwendete, sondern, Was aber hier nicht gelungen, sollte auf einer andern Seite angefaßt 60*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0461" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283814"/> <p xml:id="ID_1331" prev="#ID_1330"> blos religiöse und kirchliche Mittel waren es. die er hier anwendete, sondern,<lb/> und zwar weit mehr noch, die Ränke und Künste der Diplomatie. Die deutsche<lb/> Protestantenfrage wurde von der kaiserlichen Staatskunst wie jede andere Frage<lb/> behandelt, mit der sich Karl zu beschäftigen hatte. Durch allerlei schlaue Schliche<lb/> suchte diese Staatskunst die protestantischen Gegner zu bethören und zu betrügen.<lb/> Um von denselben Beistand in politischen Dingen zu erlangen, gab sie doppel.<lb/> Ongige Verheißungen eines Concils, um von dem protestantischen Bunde ein¬<lb/> zelne Glieder zu lösen, ertheilte sie zweideutig gefaßte Zusicherungen einer reli-<lb/> A'sser Toleranz, und in beiden Fällen war sie sich der Hinterhältigkeit ihrer<lb/> Aeußerungen wohl bewußt, ja sie rechnete darauf, daß der Gegner sich in der<lb/> ihm damit gestellten Falle fangen würde. Dann wieder, als alle diplomatischen<lb/> Ueberlistungsvcrsuche zu nichts geführt hatten, erhob sich die kaiserliche Macht,<lb/> um mit Heeresgewalt die Reinheit und Einheit der Kirche zu sichern, und das<lb/> ist so wenig wie jene Reihe diplomatischer Ränke ein Weg. der auf wahre<lb/> Religiösität des Kaisers schließen läßt. Es war nicht der rechte Weg. und so<lb/> erreichte Karl eben auch nicht sein Ziel. Wie sehr der Kaiser von dem Geiste<lb/> »er spanisch-katholischen Politik erfüllt sein, wie mächtig ihn andrerseits der<lb/> Gedanke begeistern mochte, die mittelalterliche Weltherrschaft in Kirche und Staat,<lb/> den heiligen Weltstaat herzustellen, mit welcher Virtuosität, Energie und Aus¬<lb/> dauer er diesem Ziele auf dem Felde der Diplomatie wie auf dem des Krieges<lb/> nachstreben mochte, es war doch unmöglich, ein solches Ziel mit solchen Mitteln<lb/> SU erreichen, und an dieser Unmöglichkeit haben alle Erfolge, die Karl im Ein¬<lb/> zelnen errang, nichts zu ändern vermocht. Namentlich die Deutschen ließen sich<lb/> auf d^ Dauer nicht in den Plan des Kaisers einfügen, nicht in sein Joch<lb/> spannen. Nachdem dieser spanische Habsburger die nationale Entwickelung<lb/> Deutschlands, die einen so viel verheißenden Anfang genommen, in ihren besten<lb/> Blüthen geknickt hatte, war er zuletzt, und zwar zum Theil grade durch einen<lb/> Schüler seiner Politik, den sächsischen Moritz, dahin gebracht, die Unmöglichkeit<lb/> weiteren Erfolgs mit der deutschen Nation einzusehen und Deutschland den<lb/> Zucken zu kehren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1332"> Was aber hier nicht gelungen, sollte auf einer andern Seite angefaßt<lb/> Werden. Vergebens hatte der alternde Kaiser seine besten Kräfte auf die Ver-<lb/> wirklichung der beiden Ideale seines Lebens gesetzt, er fühlte sich gebrochen von<lb/> d« Last der Aufgabe, aber zäh und hartnäckig wollte er auch jetzt seine Arbeit<lb/> 'Acht für immer liegen lassen. Wo die eignen Fähigkeiten ein Ende hatten.<lb/> l°litem frische und unverbrauchte Kräfte dafür eintreten, und wo es auf diesem<lb/> Gebiete mißlungen war. sollte es aus jenem von neuem versucht werden. Der<lb/> Sohn und Nachfolger war bestimmt, die Aufgabe, die der Vater sich gestellt,<lb/> w"ter zu verfolgen, aber zunächst auf anderm Wege, und Philipp war dazu<lb/> entschlossen.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 60*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0461]
blos religiöse und kirchliche Mittel waren es. die er hier anwendete, sondern,
und zwar weit mehr noch, die Ränke und Künste der Diplomatie. Die deutsche
Protestantenfrage wurde von der kaiserlichen Staatskunst wie jede andere Frage
behandelt, mit der sich Karl zu beschäftigen hatte. Durch allerlei schlaue Schliche
suchte diese Staatskunst die protestantischen Gegner zu bethören und zu betrügen.
Um von denselben Beistand in politischen Dingen zu erlangen, gab sie doppel.
Ongige Verheißungen eines Concils, um von dem protestantischen Bunde ein¬
zelne Glieder zu lösen, ertheilte sie zweideutig gefaßte Zusicherungen einer reli-
A'sser Toleranz, und in beiden Fällen war sie sich der Hinterhältigkeit ihrer
Aeußerungen wohl bewußt, ja sie rechnete darauf, daß der Gegner sich in der
ihm damit gestellten Falle fangen würde. Dann wieder, als alle diplomatischen
Ueberlistungsvcrsuche zu nichts geführt hatten, erhob sich die kaiserliche Macht,
um mit Heeresgewalt die Reinheit und Einheit der Kirche zu sichern, und das
ist so wenig wie jene Reihe diplomatischer Ränke ein Weg. der auf wahre
Religiösität des Kaisers schließen läßt. Es war nicht der rechte Weg. und so
erreichte Karl eben auch nicht sein Ziel. Wie sehr der Kaiser von dem Geiste
»er spanisch-katholischen Politik erfüllt sein, wie mächtig ihn andrerseits der
Gedanke begeistern mochte, die mittelalterliche Weltherrschaft in Kirche und Staat,
den heiligen Weltstaat herzustellen, mit welcher Virtuosität, Energie und Aus¬
dauer er diesem Ziele auf dem Felde der Diplomatie wie auf dem des Krieges
nachstreben mochte, es war doch unmöglich, ein solches Ziel mit solchen Mitteln
SU erreichen, und an dieser Unmöglichkeit haben alle Erfolge, die Karl im Ein¬
zelnen errang, nichts zu ändern vermocht. Namentlich die Deutschen ließen sich
auf d^ Dauer nicht in den Plan des Kaisers einfügen, nicht in sein Joch
spannen. Nachdem dieser spanische Habsburger die nationale Entwickelung
Deutschlands, die einen so viel verheißenden Anfang genommen, in ihren besten
Blüthen geknickt hatte, war er zuletzt, und zwar zum Theil grade durch einen
Schüler seiner Politik, den sächsischen Moritz, dahin gebracht, die Unmöglichkeit
weiteren Erfolgs mit der deutschen Nation einzusehen und Deutschland den
Zucken zu kehren.
Was aber hier nicht gelungen, sollte auf einer andern Seite angefaßt
Werden. Vergebens hatte der alternde Kaiser seine besten Kräfte auf die Ver-
wirklichung der beiden Ideale seines Lebens gesetzt, er fühlte sich gebrochen von
d« Last der Aufgabe, aber zäh und hartnäckig wollte er auch jetzt seine Arbeit
'Acht für immer liegen lassen. Wo die eignen Fähigkeiten ein Ende hatten.
l°litem frische und unverbrauchte Kräfte dafür eintreten, und wo es auf diesem
Gebiete mißlungen war. sollte es aus jenem von neuem versucht werden. Der
Sohn und Nachfolger war bestimmt, die Aufgabe, die der Vater sich gestellt,
w"ter zu verfolgen, aber zunächst auf anderm Wege, und Philipp war dazu
entschlossen.
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