Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.lange zu verschieben, bis die zerbster Truppen von Faucitt im Einschiffungs¬ Der König von Preußen, der bisher dem Soldatenhandel seiner kleinen Das eine zerbster Regiment war schon im November 1777 complet und Suffolk hielt es unter so bewandten Umständen für daS Gerathenste, den lange zu verschieben, bis die zerbster Truppen von Faucitt im Einschiffungs¬ Der König von Preußen, der bisher dem Soldatenhandel seiner kleinen Das eine zerbster Regiment war schon im November 1777 complet und Suffolk hielt es unter so bewandten Umständen für daS Gerathenste, den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0438" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283791"/> <p xml:id="ID_1242" prev="#ID_1241"> lange zu verschieben, bis die zerbster Truppen von Faucitt im Einschiffungs¬<lb/> häfen übernommen sein würden. Jedes der beiden zu liefernden Regimenter<lb/> sollte aus 614 Offizieren. Unteroffizieren und Gemeinen bestehen, jedes der¬<lb/> selben aber nur zwei Stabsoffiziere, Oberst und Major, haben. Marschfertig<lb/> sollten die Leute im Frühjahr 1778 sein. England übernahm so nicht die<lb/> mindeste Gefahr oder Verantwortlichkeit; diese fiel vielmehr ausschließlich der<lb/> zerbster Regierung zu, die, wie wir sogleich sehen werden, davon noch allerlei<lb/> Verdrießlichkeit und Noth hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1243"> Der König von Preußen, der bisher dem Soldatenhandel seiner kleinen<lb/> Vettern mit England ruhig zugesehen, sing an, die Sache mit Verdruß zu em¬<lb/> pfinden und ihr am Rheinfels, in Minden und ebenso an der Elbe Hindernisse<lb/> in den Weg zu legen, wodurch er zunächst die anspacher und die hanauer<lb/> Truppennachsendungen weite und kostspielige Umwege zu machen nöthigte, dann<lb/> dem Würtenberger, mit dem man wieder angeknüpft, die Spekulation ganz<lb/> verdarb und schließlich den Zerbster beinahe um den Prosit des, wie wir sahen,<lb/> mit so viel Eifer und Ausdauer verfolgten Geschäfts gebracht hätte. Die Ge¬<lb/> schichte mit dem letzteren aber begab sich folgendermaßen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1244"> Das eine zerbster Regiment war schon im November 1777 complet und<lb/> gerüstet und hätte sofort nach dem Einschiffungsplatz abmarschiren können, wenn<lb/> die Preußen nicht die Elbe gesperrt gehalten hätten. Als die zerbster Behörden<lb/> in Berlin um Oeffnung der Barriere baten, erhielten sie die Antwort, nachdem<lb/> Anspach und Hanau mit ihren Gesuchen um Durchmarsch durch das königliche<lb/> Gebiet abgewiesen worden, dürfe Zerbst nicht besser behandelt werden, übrigens<lb/> könne man ja das Regiment auf einem kleinen Umwege (wir empfehlen die<lb/> Karte) durch den Harz nach dem Kurfürstenthum Hannover und von da an<lb/> den Ort seiner Bestimmung gelangen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1245" next="#ID_1246"> Suffolk hielt es unter so bewandten Umständen für daS Gerathenste, den<lb/> Abmarsch der Zerbster bis zum Frühjahr zu verschieben, und wies Faucitt an,<lb/> sich in diesem Sinne mit den Räthen des vielgeprüften Fürsten zu verständigen.<lb/> Friedrich August mußte sich noch einmal gedulden. Seine Wuth gegen Preußen<lb/> erreichte dadurch den Gipfel des Möglichen, und barocker wie je vorher machte<lb/> jetzt sein Zorn — man vergleiche S. 266 — dem verhaßten Nachbar in Berlin<lb/> Faust aus Faust in der Tasche. Ja er ging weiter: der Selbstherrscher aller<lb/> Zerbster wandte sich sogar an die Selbstherrscherin aller Reußen, um sie zur<lb/> Intervention gegen Friedrich den Großen zu veranlassen; allein Schwester<lb/> Katharina erklärte weder an Preußen den Krieg, noch erwirkte sie für Bruder<lb/> Friedrich Augusts Soldatenwaare die Oeffnung des preußischen Theils der Elbe,<lb/> was gar nicht hübsch von ihr war; denn die Gefahr, seine mühsam zusammen¬<lb/> gebrachten Leute durch Desertion einzubüßen, war für den Zerbster beträchtlich<lb/> größer als für seine Concurrenten auf dem Markte, weil er im eignen Lande</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0438]
lange zu verschieben, bis die zerbster Truppen von Faucitt im Einschiffungs¬
häfen übernommen sein würden. Jedes der beiden zu liefernden Regimenter
sollte aus 614 Offizieren. Unteroffizieren und Gemeinen bestehen, jedes der¬
selben aber nur zwei Stabsoffiziere, Oberst und Major, haben. Marschfertig
sollten die Leute im Frühjahr 1778 sein. England übernahm so nicht die
mindeste Gefahr oder Verantwortlichkeit; diese fiel vielmehr ausschließlich der
zerbster Regierung zu, die, wie wir sogleich sehen werden, davon noch allerlei
Verdrießlichkeit und Noth hatte.
Der König von Preußen, der bisher dem Soldatenhandel seiner kleinen
Vettern mit England ruhig zugesehen, sing an, die Sache mit Verdruß zu em¬
pfinden und ihr am Rheinfels, in Minden und ebenso an der Elbe Hindernisse
in den Weg zu legen, wodurch er zunächst die anspacher und die hanauer
Truppennachsendungen weite und kostspielige Umwege zu machen nöthigte, dann
dem Würtenberger, mit dem man wieder angeknüpft, die Spekulation ganz
verdarb und schließlich den Zerbster beinahe um den Prosit des, wie wir sahen,
mit so viel Eifer und Ausdauer verfolgten Geschäfts gebracht hätte. Die Ge¬
schichte mit dem letzteren aber begab sich folgendermaßen.
Das eine zerbster Regiment war schon im November 1777 complet und
gerüstet und hätte sofort nach dem Einschiffungsplatz abmarschiren können, wenn
die Preußen nicht die Elbe gesperrt gehalten hätten. Als die zerbster Behörden
in Berlin um Oeffnung der Barriere baten, erhielten sie die Antwort, nachdem
Anspach und Hanau mit ihren Gesuchen um Durchmarsch durch das königliche
Gebiet abgewiesen worden, dürfe Zerbst nicht besser behandelt werden, übrigens
könne man ja das Regiment auf einem kleinen Umwege (wir empfehlen die
Karte) durch den Harz nach dem Kurfürstenthum Hannover und von da an
den Ort seiner Bestimmung gelangen lassen.
Suffolk hielt es unter so bewandten Umständen für daS Gerathenste, den
Abmarsch der Zerbster bis zum Frühjahr zu verschieben, und wies Faucitt an,
sich in diesem Sinne mit den Räthen des vielgeprüften Fürsten zu verständigen.
Friedrich August mußte sich noch einmal gedulden. Seine Wuth gegen Preußen
erreichte dadurch den Gipfel des Möglichen, und barocker wie je vorher machte
jetzt sein Zorn — man vergleiche S. 266 — dem verhaßten Nachbar in Berlin
Faust aus Faust in der Tasche. Ja er ging weiter: der Selbstherrscher aller
Zerbster wandte sich sogar an die Selbstherrscherin aller Reußen, um sie zur
Intervention gegen Friedrich den Großen zu veranlassen; allein Schwester
Katharina erklärte weder an Preußen den Krieg, noch erwirkte sie für Bruder
Friedrich Augusts Soldatenwaare die Oeffnung des preußischen Theils der Elbe,
was gar nicht hübsch von ihr war; denn die Gefahr, seine mühsam zusammen¬
gebrachten Leute durch Desertion einzubüßen, war für den Zerbster beträchtlich
größer als für seine Concurrenten auf dem Markte, weil er im eignen Lande
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