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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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sprechenden Artillerie. Pioniere und Train beherbergt, im Ganzen nahe an
30.000 Mann und 3000 Pferde. -- Das Lager war demgemäß eine deutsche
Meile lang, wobei trotz der großen Zahl bei dem Mangel von außen hinzu¬
tretender Elemente sich der Einzelne verliert und das Ganze einen sehr todten
Eindruck macht. Morgens 4 Uhr wird für die Cavallerie, um 6 Uhr für die
Infanterie Reveille und Abends "/s9 Uhr für alle Waffen Zapfenstreich geblasen. --
Morgens 10 Uhr wird die erste Mahlzeit Fleisch mit dem Gemüse zusammen
gekocht verabreicht, um 5 Uhr Nachmittags die zweite und zwar genau dieselbe
Mahlzeit.

Auch die Bekleidung des französischen Soldaten im Lager ist eine sehr
reichliche; er trägt hier nur wollene Stoffe und hat außerdem noch eine Leib¬
binde. Das Lager wird nur in den Sommermonaten als Versammlungsplatz
großer Truppenmassen benutzt und beträgt die Dauer eines solchen Aufenthaltes
für dieselben 3--4 Monate.

Aus dem vorstehend Mitgetheilten über das Lager bei Chalons erhellt,
daß dasselbe außer der einmaligen Auslage von 1,600,000 Thlr. für den Grund
und Boden, außer der Anlage der Eisenbahn, dem Bau der Baracken und Ver¬
waltungsgebäude, der Beschaffung der Zelte und aller Utensilien, welches alles
w allem in Summa gewiß 400,000 Thlr. kostet, bedeutende alljährliche Mehr¬
kosten gegen das Garnisonleben fordert.. Diese Mehrkosten zu specialisiren ist
ohne Einsicht des dortigen Rechnungswesens unmöglich, wir müssen uns also
Mit der Andeutung derselben begnügen. Sie bestehen in der Unterhaltung des
Hesammten Materials; in der Vertheuerung aller Lebensbedürfnisse, entfernt
Vom Markt und Handelsort; in der Zulage an Offiziere und Mannschaft für
erhöhte Verpflegung und Bekleidung; in den Transport- und Marschkosten für
die Heranziehung der Truppen und endlich in dem größern Consum von Mensch
und Pferd durch die geringere Sorgfalt für seine Existenz.

Der Nutzen des Lagers, welcher diesen Unkosten gegenübersteht, liegt zu¬
nächst darin, daß der ganze Dienstbetrieb vereinfacht wird. Alle Verhältnisse
^rühren sich; der ganze Truppenkörper, von den obersten Leitern bis zu dem
geringsten Ausführenden, ist in allen Nacht- und Tageszeiten zusammen, die
Uebungsplätze aller Art sind zur Hand, kein anderer Dienst als der unmittelbar
vorliegende der Uebung nimmt die Truppe in Anspruch. Vergleicht man da-
M>t das Garnisonverhältniß mit seinen hundert Frictionen des täglichen Lebens,
der Entfernung des Offiziers von der Mannschaft, der Weitläufigkeit aller Dienst,
^ätze, den Anforderungen des Garnisondienstes und den Rücksichten, welche die
Sratt fordert, so leuchten die Vorzüge des Lagers für die Ausbildung jedem
^r>. Es sind die Vorzüge, welche die Ausbildung in einer vom städtischen
Treiben entfernten Erziehungsanstalt voraushat. Freilich geht dabei die Er¬
hebung des Herzens, d. h. für den Soldaten der Zusammenhang mit dem


sprechenden Artillerie. Pioniere und Train beherbergt, im Ganzen nahe an
30.000 Mann und 3000 Pferde. — Das Lager war demgemäß eine deutsche
Meile lang, wobei trotz der großen Zahl bei dem Mangel von außen hinzu¬
tretender Elemente sich der Einzelne verliert und das Ganze einen sehr todten
Eindruck macht. Morgens 4 Uhr wird für die Cavallerie, um 6 Uhr für die
Infanterie Reveille und Abends »/s9 Uhr für alle Waffen Zapfenstreich geblasen. —
Morgens 10 Uhr wird die erste Mahlzeit Fleisch mit dem Gemüse zusammen
gekocht verabreicht, um 5 Uhr Nachmittags die zweite und zwar genau dieselbe
Mahlzeit.

Auch die Bekleidung des französischen Soldaten im Lager ist eine sehr
reichliche; er trägt hier nur wollene Stoffe und hat außerdem noch eine Leib¬
binde. Das Lager wird nur in den Sommermonaten als Versammlungsplatz
großer Truppenmassen benutzt und beträgt die Dauer eines solchen Aufenthaltes
für dieselben 3—4 Monate.

Aus dem vorstehend Mitgetheilten über das Lager bei Chalons erhellt,
daß dasselbe außer der einmaligen Auslage von 1,600,000 Thlr. für den Grund
und Boden, außer der Anlage der Eisenbahn, dem Bau der Baracken und Ver¬
waltungsgebäude, der Beschaffung der Zelte und aller Utensilien, welches alles
w allem in Summa gewiß 400,000 Thlr. kostet, bedeutende alljährliche Mehr¬
kosten gegen das Garnisonleben fordert.. Diese Mehrkosten zu specialisiren ist
ohne Einsicht des dortigen Rechnungswesens unmöglich, wir müssen uns also
Mit der Andeutung derselben begnügen. Sie bestehen in der Unterhaltung des
Hesammten Materials; in der Vertheuerung aller Lebensbedürfnisse, entfernt
Vom Markt und Handelsort; in der Zulage an Offiziere und Mannschaft für
erhöhte Verpflegung und Bekleidung; in den Transport- und Marschkosten für
die Heranziehung der Truppen und endlich in dem größern Consum von Mensch
und Pferd durch die geringere Sorgfalt für seine Existenz.

Der Nutzen des Lagers, welcher diesen Unkosten gegenübersteht, liegt zu¬
nächst darin, daß der ganze Dienstbetrieb vereinfacht wird. Alle Verhältnisse
^rühren sich; der ganze Truppenkörper, von den obersten Leitern bis zu dem
geringsten Ausführenden, ist in allen Nacht- und Tageszeiten zusammen, die
Uebungsplätze aller Art sind zur Hand, kein anderer Dienst als der unmittelbar
vorliegende der Uebung nimmt die Truppe in Anspruch. Vergleicht man da-
M>t das Garnisonverhältniß mit seinen hundert Frictionen des täglichen Lebens,
der Entfernung des Offiziers von der Mannschaft, der Weitläufigkeit aller Dienst,
^ätze, den Anforderungen des Garnisondienstes und den Rücksichten, welche die
Sratt fordert, so leuchten die Vorzüge des Lagers für die Ausbildung jedem
^r>. Es sind die Vorzüge, welche die Ausbildung in einer vom städtischen
Treiben entfernten Erziehungsanstalt voraushat. Freilich geht dabei die Er¬
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[0413] sprechenden Artillerie. Pioniere und Train beherbergt, im Ganzen nahe an 30.000 Mann und 3000 Pferde. — Das Lager war demgemäß eine deutsche Meile lang, wobei trotz der großen Zahl bei dem Mangel von außen hinzu¬ tretender Elemente sich der Einzelne verliert und das Ganze einen sehr todten Eindruck macht. Morgens 4 Uhr wird für die Cavallerie, um 6 Uhr für die Infanterie Reveille und Abends »/s9 Uhr für alle Waffen Zapfenstreich geblasen. — Morgens 10 Uhr wird die erste Mahlzeit Fleisch mit dem Gemüse zusammen gekocht verabreicht, um 5 Uhr Nachmittags die zweite und zwar genau dieselbe Mahlzeit. Auch die Bekleidung des französischen Soldaten im Lager ist eine sehr reichliche; er trägt hier nur wollene Stoffe und hat außerdem noch eine Leib¬ binde. Das Lager wird nur in den Sommermonaten als Versammlungsplatz großer Truppenmassen benutzt und beträgt die Dauer eines solchen Aufenthaltes für dieselben 3—4 Monate. Aus dem vorstehend Mitgetheilten über das Lager bei Chalons erhellt, daß dasselbe außer der einmaligen Auslage von 1,600,000 Thlr. für den Grund und Boden, außer der Anlage der Eisenbahn, dem Bau der Baracken und Ver¬ waltungsgebäude, der Beschaffung der Zelte und aller Utensilien, welches alles w allem in Summa gewiß 400,000 Thlr. kostet, bedeutende alljährliche Mehr¬ kosten gegen das Garnisonleben fordert.. Diese Mehrkosten zu specialisiren ist ohne Einsicht des dortigen Rechnungswesens unmöglich, wir müssen uns also Mit der Andeutung derselben begnügen. Sie bestehen in der Unterhaltung des Hesammten Materials; in der Vertheuerung aller Lebensbedürfnisse, entfernt Vom Markt und Handelsort; in der Zulage an Offiziere und Mannschaft für erhöhte Verpflegung und Bekleidung; in den Transport- und Marschkosten für die Heranziehung der Truppen und endlich in dem größern Consum von Mensch und Pferd durch die geringere Sorgfalt für seine Existenz. Der Nutzen des Lagers, welcher diesen Unkosten gegenübersteht, liegt zu¬ nächst darin, daß der ganze Dienstbetrieb vereinfacht wird. Alle Verhältnisse ^rühren sich; der ganze Truppenkörper, von den obersten Leitern bis zu dem geringsten Ausführenden, ist in allen Nacht- und Tageszeiten zusammen, die Uebungsplätze aller Art sind zur Hand, kein anderer Dienst als der unmittelbar vorliegende der Uebung nimmt die Truppe in Anspruch. Vergleicht man da- M>t das Garnisonverhältniß mit seinen hundert Frictionen des täglichen Lebens, der Entfernung des Offiziers von der Mannschaft, der Weitläufigkeit aller Dienst, ^ätze, den Anforderungen des Garnisondienstes und den Rücksichten, welche die Sratt fordert, so leuchten die Vorzüge des Lagers für die Ausbildung jedem ^r>. Es sind die Vorzüge, welche die Ausbildung in einer vom städtischen Treiben entfernten Erziehungsanstalt voraushat. Freilich geht dabei die Er¬ hebung des Herzens, d. h. für den Soldaten der Zusammenhang mit dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/413>, abgerufen am 15.01.2025.