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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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den Reihen der Zelte und Baracken der Mannschaften liegen die gleichartigen
Wohnungen der Offiziere, die Küchen für die Leute, Speiseanstalten für die
Unteroffiziere und dergleichen für die Offiziere, Lagerwachen und Arrestlocale.
Auf ISO Schritt Entfernung, von der gewöhnlichen Windrichtung ab, find die
Latrinen angelegt und zwar mit Asphaltboden und Fässern darunter, welche
"ach Bedarf fortgefahren und durch leere ersetzt werden können. Zuletzt soll
nicht verschwiegen werden, daß in Groß-Mourmelon unter staatlicher Aufsicht:c.
öffentliche Häuser für Offiziere und andere für Mannschaften eingerichtet sind.

Die Pferde der Kavallerie stehen vor der Front der Zelte unter freiem
Himmel mit einer um die Fessel geschlungenen Leine am Boden befestigt. Diese
von Algier mitgebrachte Befestigungsweise wird von den Franzosen für Vortheil-
haster gehalten, als die bei uns übliche mittelst der Halfter; einfacher und
sicherer ist sie jedenfalls. Die Pferde bedürfen vier Wochen, ehe sie sich daran
gewöhnen und verletzen sich bis dahin zahlreich. Im Uebrigen ist der Gesund¬
heitsstand der Pferde, die jedem Wind und Wetter ausgesetzt sind, ein vorzüg¬
licher. Sie sehen zwar nicht so glatt und schön aus wie unsere sorgfältig ge¬
pflegten und in der Stallhitze verweichlichten Pferde, ertragen dafür aber auch
alle Strapatzen einer kriegerischen Verwendung besser. Die Nation der Pferde
beträgt nach der Waffe 7 bis 8 Pfd. Hafer. 8 bis 10 Pfd. Heu und 10 Pfd.
Stroh. In Preußen betragen die entsprechenden Sätze außerhalb der Garni-
sonen 9 bis 10Vz Pfd. Hafer. 3 Pfd. Heu und 3'/, Pfd. Stroh.

Die Soldaten erhalten täglich 1 Loth Kaffee und 1 Loth Zucker, 1'/^ Pfund
Biot. V, Pfund Fleisch und Pfund Reis und Gemüse und 1 Weinglas
voll Schnaps. Wein wird nur ausnahmsweise verabreicht; will der Soldat
auch den Nachmittag Kaffee haben, so wird er ihm gegen Abzug von 2 Cen¬
times täglich verabreicht. Tabak wird das Pfund zu 8 Sgr. geliefert. -- In
Pleußen beträgt die große Victualienportion, d. h. die größte verabreichte Por¬
tion sür einen Tag: V" Loth Kaffee, 1 Pfund 12 Loth Brod. V- Pfund Fleisch
und 7 Loth Reis oder 9 Loth Graupen oder 18'/" Loth Hülsenfrüchte oder ^
Metzen Kartoffeln.

Colporteure, Händler, Verkäufer von spirituösen weiden im Lager nicht
geduldet. Civilpersonen dürfen nur in Begleitung von Offizieren oder mit
Erlaubnißscheinen in den Lagergasscn Eingang finden. Auch ein Markt findet
nicht statt, nur die beiden Dörfer Mvurmelon mit ihren Läden, Restaurationen
u. tgi. bieten eine Gelegenheit, sich ein besonderes, aber immer umständliches,
entferntes und kostspieliges Vergnügen zu machen. Frei ist hier das kaiserliche
Theater, das 2000 Menschen aufnehmen kann. Die Offiziere haben dort täglich
Zutritt, von den Mannschaften immer nur 1500 Mann, zu deren Gestellung
die Divisionen täglich wechseln. -- Das Lager hat in den letzten Jahren in
der Regel drei Infanteriedivisionen und eine der Kavallerie nebst der ent-


den Reihen der Zelte und Baracken der Mannschaften liegen die gleichartigen
Wohnungen der Offiziere, die Küchen für die Leute, Speiseanstalten für die
Unteroffiziere und dergleichen für die Offiziere, Lagerwachen und Arrestlocale.
Auf ISO Schritt Entfernung, von der gewöhnlichen Windrichtung ab, find die
Latrinen angelegt und zwar mit Asphaltboden und Fässern darunter, welche
»ach Bedarf fortgefahren und durch leere ersetzt werden können. Zuletzt soll
nicht verschwiegen werden, daß in Groß-Mourmelon unter staatlicher Aufsicht:c.
öffentliche Häuser für Offiziere und andere für Mannschaften eingerichtet sind.

Die Pferde der Kavallerie stehen vor der Front der Zelte unter freiem
Himmel mit einer um die Fessel geschlungenen Leine am Boden befestigt. Diese
von Algier mitgebrachte Befestigungsweise wird von den Franzosen für Vortheil-
haster gehalten, als die bei uns übliche mittelst der Halfter; einfacher und
sicherer ist sie jedenfalls. Die Pferde bedürfen vier Wochen, ehe sie sich daran
gewöhnen und verletzen sich bis dahin zahlreich. Im Uebrigen ist der Gesund¬
heitsstand der Pferde, die jedem Wind und Wetter ausgesetzt sind, ein vorzüg¬
licher. Sie sehen zwar nicht so glatt und schön aus wie unsere sorgfältig ge¬
pflegten und in der Stallhitze verweichlichten Pferde, ertragen dafür aber auch
alle Strapatzen einer kriegerischen Verwendung besser. Die Nation der Pferde
beträgt nach der Waffe 7 bis 8 Pfd. Hafer. 8 bis 10 Pfd. Heu und 10 Pfd.
Stroh. In Preußen betragen die entsprechenden Sätze außerhalb der Garni-
sonen 9 bis 10Vz Pfd. Hafer. 3 Pfd. Heu und 3'/, Pfd. Stroh.

Die Soldaten erhalten täglich 1 Loth Kaffee und 1 Loth Zucker, 1'/^ Pfund
Biot. V, Pfund Fleisch und Pfund Reis und Gemüse und 1 Weinglas
voll Schnaps. Wein wird nur ausnahmsweise verabreicht; will der Soldat
auch den Nachmittag Kaffee haben, so wird er ihm gegen Abzug von 2 Cen¬
times täglich verabreicht. Tabak wird das Pfund zu 8 Sgr. geliefert. — In
Pleußen beträgt die große Victualienportion, d. h. die größte verabreichte Por¬
tion sür einen Tag: V» Loth Kaffee, 1 Pfund 12 Loth Brod. V- Pfund Fleisch
und 7 Loth Reis oder 9 Loth Graupen oder 18'/« Loth Hülsenfrüchte oder ^
Metzen Kartoffeln.

Colporteure, Händler, Verkäufer von spirituösen weiden im Lager nicht
geduldet. Civilpersonen dürfen nur in Begleitung von Offizieren oder mit
Erlaubnißscheinen in den Lagergasscn Eingang finden. Auch ein Markt findet
nicht statt, nur die beiden Dörfer Mvurmelon mit ihren Läden, Restaurationen
u. tgi. bieten eine Gelegenheit, sich ein besonderes, aber immer umständliches,
entferntes und kostspieliges Vergnügen zu machen. Frei ist hier das kaiserliche
Theater, das 2000 Menschen aufnehmen kann. Die Offiziere haben dort täglich
Zutritt, von den Mannschaften immer nur 1500 Mann, zu deren Gestellung
die Divisionen täglich wechseln. — Das Lager hat in den letzten Jahren in
der Regel drei Infanteriedivisionen und eine der Kavallerie nebst der ent-


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[0412] den Reihen der Zelte und Baracken der Mannschaften liegen die gleichartigen Wohnungen der Offiziere, die Küchen für die Leute, Speiseanstalten für die Unteroffiziere und dergleichen für die Offiziere, Lagerwachen und Arrestlocale. Auf ISO Schritt Entfernung, von der gewöhnlichen Windrichtung ab, find die Latrinen angelegt und zwar mit Asphaltboden und Fässern darunter, welche »ach Bedarf fortgefahren und durch leere ersetzt werden können. Zuletzt soll nicht verschwiegen werden, daß in Groß-Mourmelon unter staatlicher Aufsicht:c. öffentliche Häuser für Offiziere und andere für Mannschaften eingerichtet sind. Die Pferde der Kavallerie stehen vor der Front der Zelte unter freiem Himmel mit einer um die Fessel geschlungenen Leine am Boden befestigt. Diese von Algier mitgebrachte Befestigungsweise wird von den Franzosen für Vortheil- haster gehalten, als die bei uns übliche mittelst der Halfter; einfacher und sicherer ist sie jedenfalls. Die Pferde bedürfen vier Wochen, ehe sie sich daran gewöhnen und verletzen sich bis dahin zahlreich. Im Uebrigen ist der Gesund¬ heitsstand der Pferde, die jedem Wind und Wetter ausgesetzt sind, ein vorzüg¬ licher. Sie sehen zwar nicht so glatt und schön aus wie unsere sorgfältig ge¬ pflegten und in der Stallhitze verweichlichten Pferde, ertragen dafür aber auch alle Strapatzen einer kriegerischen Verwendung besser. Die Nation der Pferde beträgt nach der Waffe 7 bis 8 Pfd. Hafer. 8 bis 10 Pfd. Heu und 10 Pfd. Stroh. In Preußen betragen die entsprechenden Sätze außerhalb der Garni- sonen 9 bis 10Vz Pfd. Hafer. 3 Pfd. Heu und 3'/, Pfd. Stroh. Die Soldaten erhalten täglich 1 Loth Kaffee und 1 Loth Zucker, 1'/^ Pfund Biot. V, Pfund Fleisch und Pfund Reis und Gemüse und 1 Weinglas voll Schnaps. Wein wird nur ausnahmsweise verabreicht; will der Soldat auch den Nachmittag Kaffee haben, so wird er ihm gegen Abzug von 2 Cen¬ times täglich verabreicht. Tabak wird das Pfund zu 8 Sgr. geliefert. — In Pleußen beträgt die große Victualienportion, d. h. die größte verabreichte Por¬ tion sür einen Tag: V» Loth Kaffee, 1 Pfund 12 Loth Brod. V- Pfund Fleisch und 7 Loth Reis oder 9 Loth Graupen oder 18'/« Loth Hülsenfrüchte oder ^ Metzen Kartoffeln. Colporteure, Händler, Verkäufer von spirituösen weiden im Lager nicht geduldet. Civilpersonen dürfen nur in Begleitung von Offizieren oder mit Erlaubnißscheinen in den Lagergasscn Eingang finden. Auch ein Markt findet nicht statt, nur die beiden Dörfer Mvurmelon mit ihren Läden, Restaurationen u. tgi. bieten eine Gelegenheit, sich ein besonderes, aber immer umständliches, entferntes und kostspieliges Vergnügen zu machen. Frei ist hier das kaiserliche Theater, das 2000 Menschen aufnehmen kann. Die Offiziere haben dort täglich Zutritt, von den Mannschaften immer nur 1500 Mann, zu deren Gestellung die Divisionen täglich wechseln. — Das Lager hat in den letzten Jahren in der Regel drei Infanteriedivisionen und eine der Kavallerie nebst der ent-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/412>, abgerufen am 15.01.2025.