Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.als Dienstvergehen vorgehalten worden ist. Bei diesem Anlaß muß auch er¬ Aus vorstehendem Sachverhalt erklären sich nunmehr die skandalösen Wahl¬ ") Es ist des Raumes wegen unmöglich, hier näher darauf einzugehen; theils sind sie schon angedeutet, theils sind sie kurz zu bezeichnen als Androhungen aller möglichen Nachtheile für die oppositionellen, und Versprechungen besonderer Wohlthaten für die regierungsfreund¬ lichen Wähler. Es muß hier auch bemerkt werden, daß dos Wahlgesetz für die zweite Kam¬ mer das Drciclassenfystem hat. Außerdem 0,03 °/" Mennoniten, 0,07 "/" Deutschkatholiken. 0.01 Altlutherancr,
1.5 °/o Israeliten. Von den 1861 vorhandenen <I5i>,ö(i7 Einwohnern waren 237,953 unirte Protestanten. 211,083 Katholiken, 112 Mennoniten, 307 Deutschkatholiken, 7,112 Israelite"- als Dienstvergehen vorgehalten worden ist. Bei diesem Anlaß muß auch er¬ Aus vorstehendem Sachverhalt erklären sich nunmehr die skandalösen Wahl¬ ") Es ist des Raumes wegen unmöglich, hier näher darauf einzugehen; theils sind sie schon angedeutet, theils sind sie kurz zu bezeichnen als Androhungen aller möglichen Nachtheile für die oppositionellen, und Versprechungen besonderer Wohlthaten für die regierungsfreund¬ lichen Wähler. Es muß hier auch bemerkt werden, daß dos Wahlgesetz für die zweite Kam¬ mer das Drciclassenfystem hat. Außerdem 0,03 °/» Mennoniten, 0,07 »/„ Deutschkatholiken. 0.01 Altlutherancr,
1.5 °/o Israeliten. Von den 1861 vorhandenen <I5i>,ö(i7 Einwohnern waren 237,953 unirte Protestanten. 211,083 Katholiken, 112 Mennoniten, 307 Deutschkatholiken, 7,112 Israelite"- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0406" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283759"/> <p xml:id="ID_1158" prev="#ID_1157"> als Dienstvergehen vorgehalten worden ist. Bei diesem Anlaß muß auch er¬<lb/> wähnt werden, daß nicht nur die Wahlmänner, welche die Abgeordneten zur<lb/> zweiten Kammer zu wählen haben (bei denen es als Mandataren ihrer Urwähler<lb/> noch am erklärlichsten erscheint, obwohl das Wählen überall Ehrenpflicht sein<lb/> sollte), sondern auch die höchstbesteuerten Wähler der Abgeordneten der ersten<lb/> Kammer durch Strafandrohung zum Wählen angehalten werden. In diesem<lb/> Falle hat doch gewiß die Strafe keinen Sinn, weil der Wähler ja zum eignen<lb/> Schaden ausbleiben würde. Hier muß wohl die Rücksicht^darauf obgewaltet<lb/> haben, daß das Wahlgesetz octrvyirt wurde und seine Anwendung nicht an der<lb/> Theilnahmlosigkeit oder dem Widerstand der Wähler scheitern sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1159" next="#ID_1160"> Aus vorstehendem Sachverhalt erklären sich nunmehr die skandalösen Wahl¬<lb/> beeinflussungen*), welche bei der vorletzten Wahl zur Ständeversammlung in<lb/> so bedeutender Anzahl und in solcher Ausdehnung zur Anwendung gekommen,<lb/> sind, daß die starke Minderheit der Klerikal-Conservativen durch ihr Nichter¬<lb/> scheinen in den betreffenden Sitzungen die Wahlprüsungen und die Aufdeckung<lb/> ihrer Umtriebe vor aller Welt zu hintertreiben genöthigt war. Es muß aber<lb/> noch eine vierte Stütze der Regierung besprochen werden, nämlich der Bund<lb/> mit der römisch-katholischen Geistlichkeit. Nassau enthält in seiner Bevölkerung<lb/> (1861: 4S6.S67 Seelen) neben 52 <>/c, Evangelischen 46^ Katholiken^); und<lb/> bekanntlich steht der Bischof von Limburg mit den Bischöfen von Mainz. Fulda<lb/> und Rottenburg in der oberrheinischen Kirchenprovinz unter dem im Kampfe mit<lb/> der Negierung von Baden liegenden Erzbisthum Freiburg; das Bisthum Lim¬<lb/> burg aber zählt in Nassau (auch Frankfurt steht unter Limburg) neben einem<lb/> bischöflichen Commissarius in Eltville (Rheingau, zwei Dekanate. Eltville und<lb/> Nüdesheim) Is Dekanate mit 144 Pfarreien. Bedenkt man, daß in den ärmeren<lb/> Bezirken Nasfaus und in solchen Gegenden, wo sich eine stärkere Fabrikbevöl¬<lb/> kerung anhäuft oder durch den Großbetrieb auf dem Gebiet der Landwirthschaft<lb/> zurückkommende Zweigwirthe ein ländliches Proletariat bilden, sich leicht ein<lb/> größerer Einfluß der Geistlichkeit entwickelt, so erkennt man auch sofort die<lb/> Wichtigkeit der Verbindung der Regierung mit diesem Elemente. Es galt der<lb/> römischen Kirche und deren Vertretern in Nassau nicht nur darum, die unge¬<lb/> bildete Masse der Bevölkerung in ihren Fesseln zu erhalten, Aufklärung, Freiheit<lb/> der Bewegung, verfassungsmäßiges Recht als Bahnbrecher gegen die Macht der</p><lb/> <note xml:id="FID_27" place="foot"> ") Es ist des Raumes wegen unmöglich, hier näher darauf einzugehen; theils sind sie<lb/> schon angedeutet, theils sind sie kurz zu bezeichnen als Androhungen aller möglichen Nachtheile<lb/> für die oppositionellen, und Versprechungen besonderer Wohlthaten für die regierungsfreund¬<lb/> lichen Wähler. Es muß hier auch bemerkt werden, daß dos Wahlgesetz für die zweite Kam¬<lb/> mer das Drciclassenfystem hat.</note><lb/> <note xml:id="FID_28" place="foot"> Außerdem 0,03 °/» Mennoniten, 0,07 »/„ Deutschkatholiken. 0.01 Altlutherancr,<lb/> 1.5 °/o Israeliten. Von den 1861 vorhandenen <I5i>,ö(i7 Einwohnern waren 237,953 unirte<lb/> Protestanten. 211,083 Katholiken, 112 Mennoniten, 307 Deutschkatholiken, 7,112 Israelite"-</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0406]
als Dienstvergehen vorgehalten worden ist. Bei diesem Anlaß muß auch er¬
wähnt werden, daß nicht nur die Wahlmänner, welche die Abgeordneten zur
zweiten Kammer zu wählen haben (bei denen es als Mandataren ihrer Urwähler
noch am erklärlichsten erscheint, obwohl das Wählen überall Ehrenpflicht sein
sollte), sondern auch die höchstbesteuerten Wähler der Abgeordneten der ersten
Kammer durch Strafandrohung zum Wählen angehalten werden. In diesem
Falle hat doch gewiß die Strafe keinen Sinn, weil der Wähler ja zum eignen
Schaden ausbleiben würde. Hier muß wohl die Rücksicht^darauf obgewaltet
haben, daß das Wahlgesetz octrvyirt wurde und seine Anwendung nicht an der
Theilnahmlosigkeit oder dem Widerstand der Wähler scheitern sollte.
Aus vorstehendem Sachverhalt erklären sich nunmehr die skandalösen Wahl¬
beeinflussungen*), welche bei der vorletzten Wahl zur Ständeversammlung in
so bedeutender Anzahl und in solcher Ausdehnung zur Anwendung gekommen,
sind, daß die starke Minderheit der Klerikal-Conservativen durch ihr Nichter¬
scheinen in den betreffenden Sitzungen die Wahlprüsungen und die Aufdeckung
ihrer Umtriebe vor aller Welt zu hintertreiben genöthigt war. Es muß aber
noch eine vierte Stütze der Regierung besprochen werden, nämlich der Bund
mit der römisch-katholischen Geistlichkeit. Nassau enthält in seiner Bevölkerung
(1861: 4S6.S67 Seelen) neben 52 <>/c, Evangelischen 46^ Katholiken^); und
bekanntlich steht der Bischof von Limburg mit den Bischöfen von Mainz. Fulda
und Rottenburg in der oberrheinischen Kirchenprovinz unter dem im Kampfe mit
der Negierung von Baden liegenden Erzbisthum Freiburg; das Bisthum Lim¬
burg aber zählt in Nassau (auch Frankfurt steht unter Limburg) neben einem
bischöflichen Commissarius in Eltville (Rheingau, zwei Dekanate. Eltville und
Nüdesheim) Is Dekanate mit 144 Pfarreien. Bedenkt man, daß in den ärmeren
Bezirken Nasfaus und in solchen Gegenden, wo sich eine stärkere Fabrikbevöl¬
kerung anhäuft oder durch den Großbetrieb auf dem Gebiet der Landwirthschaft
zurückkommende Zweigwirthe ein ländliches Proletariat bilden, sich leicht ein
größerer Einfluß der Geistlichkeit entwickelt, so erkennt man auch sofort die
Wichtigkeit der Verbindung der Regierung mit diesem Elemente. Es galt der
römischen Kirche und deren Vertretern in Nassau nicht nur darum, die unge¬
bildete Masse der Bevölkerung in ihren Fesseln zu erhalten, Aufklärung, Freiheit
der Bewegung, verfassungsmäßiges Recht als Bahnbrecher gegen die Macht der
") Es ist des Raumes wegen unmöglich, hier näher darauf einzugehen; theils sind sie
schon angedeutet, theils sind sie kurz zu bezeichnen als Androhungen aller möglichen Nachtheile
für die oppositionellen, und Versprechungen besonderer Wohlthaten für die regierungsfreund¬
lichen Wähler. Es muß hier auch bemerkt werden, daß dos Wahlgesetz für die zweite Kam¬
mer das Drciclassenfystem hat.
Außerdem 0,03 °/» Mennoniten, 0,07 »/„ Deutschkatholiken. 0.01 Altlutherancr,
1.5 °/o Israeliten. Von den 1861 vorhandenen <I5i>,ö(i7 Einwohnern waren 237,953 unirte
Protestanten. 211,083 Katholiken, 112 Mennoniten, 307 Deutschkatholiken, 7,112 Israelite"-
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