Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.leader 1814 und das sonstige anerkannte gesetzliche Staatsrecht des Herzog- Außer diesem Satze ist das Recht der Steuerbewilligung durch die Volks¬ 63*
leader 1814 und das sonstige anerkannte gesetzliche Staatsrecht des Herzog- Außer diesem Satze ist das Recht der Steuerbewilligung durch die Volks¬ 63*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0403" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283756"/> <p xml:id="ID_1151" prev="#ID_1150"> leader 1814 und das sonstige anerkannte gesetzliche Staatsrecht des Herzog-<lb/> thums wurde, nachdem das provisorische Gesetz vom 6. April 1848 die Herren¬<lb/> bank des 1814er Patents beseitigt und die Stände zu einer Landesversamm¬<lb/> lung verbunden hatte, laut Vereinbarung zwischen Regierung und Ständen<lb/> zusammengestellt und durch herzogliche Verordnung vom 28. December 1849<lb/> (nassauischc Verordnungösammlung 40) in sieben Abschnitten verkündigt. Dieses<lb/> Verfassungsrecht wurde aber durch Ausführung des bekannten Bundcsbeschlusses<lb/> vom 23. August 18S1 (verkündigt am 27. Septbr. dess. Jahres), infolge dessen<lb/> sich der Herzog von Nassau zu der einseitigen Aufhebung für befugt erklärte,<lb/> wieder beseitigt, auf Verordnungswege das Wahlgesetz vom 5. April 1848<lb/> aufgehoben und durch das Edict vom 26. November 18S1 die jetzt bestehende<lb/> neue Staatsorganisation mit dem Zweikammersystem (Wahlgesetz vom 5. No-<lb/> vember 1851) eingeführt. Auf dieser vom constitutionellen Standpunkte aus<lb/> durchaus anfechtbaren Grundlage beruht das jetzt geltende, beschränkte Ver¬<lb/> fassungsrecht Nassaus, und es ist in seiner Begründung durch das deutsche<lb/> Bundesrecht die erste Stärke der Regierung und erste Schwäche der liberalen<lb/> Partei. Der entscheidende Punkt für das Verfassungsrecht ist nun ferner seinem<lb/> Inhalte nach die Bestimmung in Betreff der Steuern, daß solche zwar nur<lb/> erhoben werden dürfen, wenn sie in den Staatshaushalt aufgenommen sind<lb/> und dieser nach eingeholter Genehmigung der Landstände zum Vollzug gesetzt<lb/> daß aber eine Verweigerung der Zustimmung zur Forterhebung der<lb/> für die nothwendigen und gebilligten Ausgaben nöthigen Einnahmen, ferner<lb/> die Verweigerung der Billigung gesetzlicher Ausgaben von Seiten des Landtages<lb/> »us politischen Rücksichten, z. B. um ein Ministerium zum Rücktritt zu bewegen,<lb/> eine Pflichtverletzung der Mitglieder des Landtages enthalten<lb/> würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1152" next="#ID_1153"> Außer diesem Satze ist das Recht der Steuerbewilligung durch die Volks¬<lb/> vertretung auf das bescheidenste Maß beschränkt durch die Einrichtung, daß für<lb/> alle Verhandlungen, welche die Festsetzung des jährlichen Staatsbedarfs (Budget),<lb/> die Aufbringung der zu dessen Deckung erforderlichen Mittel (Steuerbewilligung)<lb/> und die Controle über die Verwendung der bewilligten Summen (Rechnungs¬<lb/> prüfung) zum Gegenstande haben, beide Kammern zu gemeinsamer Berathung<lb/> und Beschlußfassung in eine Versammlung (die Ständeversammlung) zusammen-<lb/> treten. Diese Einrichtung hat folgenden Sinn. Die erste Kammer besteht aus<lb/> den volljährigen Prinzen des herzoglichen Hauses (jetzt nur der Bruder des<lb/> Herzogs. Prinz Nikolaus), dem katholischen und dem evangelischen Landesbischof,<lb/> den Vertretern von 6 ehemals reichsunmittelbaren Familien, dem Vertreter einer<lb/> andern gräflichen Familie. 6 Abgeordneten der höchstbesteuerten Grundbesitzer<lb/> und 3 Mitgliedern der höchstbestcuertcn Gewerbtreibenden; bei dieser Zusammen-<lb/> setzung ist zu erwarten, daß wenn auch die Wahlen der Höchstbestcuerten liberal</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 63*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0403]
leader 1814 und das sonstige anerkannte gesetzliche Staatsrecht des Herzog-
thums wurde, nachdem das provisorische Gesetz vom 6. April 1848 die Herren¬
bank des 1814er Patents beseitigt und die Stände zu einer Landesversamm¬
lung verbunden hatte, laut Vereinbarung zwischen Regierung und Ständen
zusammengestellt und durch herzogliche Verordnung vom 28. December 1849
(nassauischc Verordnungösammlung 40) in sieben Abschnitten verkündigt. Dieses
Verfassungsrecht wurde aber durch Ausführung des bekannten Bundcsbeschlusses
vom 23. August 18S1 (verkündigt am 27. Septbr. dess. Jahres), infolge dessen
sich der Herzog von Nassau zu der einseitigen Aufhebung für befugt erklärte,
wieder beseitigt, auf Verordnungswege das Wahlgesetz vom 5. April 1848
aufgehoben und durch das Edict vom 26. November 18S1 die jetzt bestehende
neue Staatsorganisation mit dem Zweikammersystem (Wahlgesetz vom 5. No-
vember 1851) eingeführt. Auf dieser vom constitutionellen Standpunkte aus
durchaus anfechtbaren Grundlage beruht das jetzt geltende, beschränkte Ver¬
fassungsrecht Nassaus, und es ist in seiner Begründung durch das deutsche
Bundesrecht die erste Stärke der Regierung und erste Schwäche der liberalen
Partei. Der entscheidende Punkt für das Verfassungsrecht ist nun ferner seinem
Inhalte nach die Bestimmung in Betreff der Steuern, daß solche zwar nur
erhoben werden dürfen, wenn sie in den Staatshaushalt aufgenommen sind
und dieser nach eingeholter Genehmigung der Landstände zum Vollzug gesetzt
daß aber eine Verweigerung der Zustimmung zur Forterhebung der
für die nothwendigen und gebilligten Ausgaben nöthigen Einnahmen, ferner
die Verweigerung der Billigung gesetzlicher Ausgaben von Seiten des Landtages
»us politischen Rücksichten, z. B. um ein Ministerium zum Rücktritt zu bewegen,
eine Pflichtverletzung der Mitglieder des Landtages enthalten
würde.
Außer diesem Satze ist das Recht der Steuerbewilligung durch die Volks¬
vertretung auf das bescheidenste Maß beschränkt durch die Einrichtung, daß für
alle Verhandlungen, welche die Festsetzung des jährlichen Staatsbedarfs (Budget),
die Aufbringung der zu dessen Deckung erforderlichen Mittel (Steuerbewilligung)
und die Controle über die Verwendung der bewilligten Summen (Rechnungs¬
prüfung) zum Gegenstande haben, beide Kammern zu gemeinsamer Berathung
und Beschlußfassung in eine Versammlung (die Ständeversammlung) zusammen-
treten. Diese Einrichtung hat folgenden Sinn. Die erste Kammer besteht aus
den volljährigen Prinzen des herzoglichen Hauses (jetzt nur der Bruder des
Herzogs. Prinz Nikolaus), dem katholischen und dem evangelischen Landesbischof,
den Vertretern von 6 ehemals reichsunmittelbaren Familien, dem Vertreter einer
andern gräflichen Familie. 6 Abgeordneten der höchstbesteuerten Grundbesitzer
und 3 Mitgliedern der höchstbestcuertcn Gewerbtreibenden; bei dieser Zusammen-
setzung ist zu erwarten, daß wenn auch die Wahlen der Höchstbestcuerten liberal
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