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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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wolle, am Nuder zu lassen; nachdem man ferner die Erblichkeit der Verwal¬
tungsrathswürde dadurch befördert hatte, daß man fünfen von sieben (statt
sonst nur dreien von sieben) das Recht zuerkannte wieder gewählt zu werden;
nach allen diesen, im Sinne des Verwaltungsraths vorgenommenen Aende¬
rungen, kam nun jene Hauptfrage aufs Tapet: sind wir allmächtig oder sind
wirs nicht? -- Es versteht sich, daß sie sich nicht in so unverhüllter Form bot
Sie gab sich vielmehr in der bescheidneren Fassung: können wir auf Grund
der zuletzt vorgenommenen Statutenänderung (Aufhebung des obligatorischen
Vorortswechsels), ohne die Bestätigung der Revision Seitens der Regierungen
abzuwarten, Weimar sofort wieder wählen oder können wir es nicht? --

Aber man hatte ja bereits einen Paragraphen der Geschäftsordnung auf
dem Wege der Abstimmung unschädlich gemacht; K 11 sprach den Generalver¬
sammlungen das Entscheiden überdies ja "in höchster Instanz" zu; also auch
die Wiederwahl oder NichtWiederwahl Weimars, so folgerte man, war durch diese
höchste Instanz allein zu bestimmen.

Hiermit stand indessen doch noch ein Hinderniß im Widerspruch, welches
Zwei Tage früher durch den Vorort Weimar selbst geschaffen worden war --
Weimars eigner Verzicht auf die Wiederwahl. Dieser Verzicht lautete laut
Protokoll vom 18. October:

"Nachdem die beabsichtigte Satzungsrevision als nur von der Absicht aus¬
gehend, Weimar wiederum zum Vorort zu wählen, dargestellt worden sei. so
verzichtet die weimarsche Zweigstistung unter allerhöchster Genehmigung ihres
durchl. Protectors, des Großherzogs, königl. Hoheit, auf eine Wiederwahl, wenn
durch eine solche Spaltungen in der allgemeinen Stiftung hervorgerufen werden
sollten, deren Interessen sowohl bei Sr. königl. Hoheit, wie bei der Zweig-
Kiftung Weimar fortwährend jedem andern Interesse Weimars vorangesetzt
werden sollen*.'

Die Generalversammlunghatte diesen Verzicht durch Aufstehen von ihren
Sitzen mit Dank acceptirt, und wennschon der seitdem desavouirte Abgeordnete
für Köln erklärte, sich dadurch nicht als gebunden zu erachten, so war die dann
Wirklich vorgenommene Revision der Statuten und namentlich die Aufhebung
des obligaten Vorortswechsels doch ohne allen Zweifel im Allgemeinen von
dem guten Glauben geleitet gewesen: Weimars Verzicht sei aufrichtig gemeint
und die bereits ausgebrochen gewesene Spaltung habe dadurch ihre Erledigung
gefunden.

Ueber die Bündigkeit dieses Verzichts zeigten sich aber, nun die Frage der
Wiederwählbarkeit entschieden werden sollte, unter den Rechtskundigen in der
Versammlung widersprechende Meinungen. Das spätere nienburger Rund¬
schreiben, durch welches, nach dem Ausdruck eines Verwaltungsrathscirculairs
die Gründe der Opposition "schlagend widerlegt" sein sollten, nennt -- zur Ver<


Grenzboten til. 186S. 49

wolle, am Nuder zu lassen; nachdem man ferner die Erblichkeit der Verwal¬
tungsrathswürde dadurch befördert hatte, daß man fünfen von sieben (statt
sonst nur dreien von sieben) das Recht zuerkannte wieder gewählt zu werden;
nach allen diesen, im Sinne des Verwaltungsraths vorgenommenen Aende¬
rungen, kam nun jene Hauptfrage aufs Tapet: sind wir allmächtig oder sind
wirs nicht? — Es versteht sich, daß sie sich nicht in so unverhüllter Form bot
Sie gab sich vielmehr in der bescheidneren Fassung: können wir auf Grund
der zuletzt vorgenommenen Statutenänderung (Aufhebung des obligatorischen
Vorortswechsels), ohne die Bestätigung der Revision Seitens der Regierungen
abzuwarten, Weimar sofort wieder wählen oder können wir es nicht? —

Aber man hatte ja bereits einen Paragraphen der Geschäftsordnung auf
dem Wege der Abstimmung unschädlich gemacht; K 11 sprach den Generalver¬
sammlungen das Entscheiden überdies ja „in höchster Instanz" zu; also auch
die Wiederwahl oder NichtWiederwahl Weimars, so folgerte man, war durch diese
höchste Instanz allein zu bestimmen.

Hiermit stand indessen doch noch ein Hinderniß im Widerspruch, welches
Zwei Tage früher durch den Vorort Weimar selbst geschaffen worden war —
Weimars eigner Verzicht auf die Wiederwahl. Dieser Verzicht lautete laut
Protokoll vom 18. October:

„Nachdem die beabsichtigte Satzungsrevision als nur von der Absicht aus¬
gehend, Weimar wiederum zum Vorort zu wählen, dargestellt worden sei. so
verzichtet die weimarsche Zweigstistung unter allerhöchster Genehmigung ihres
durchl. Protectors, des Großherzogs, königl. Hoheit, auf eine Wiederwahl, wenn
durch eine solche Spaltungen in der allgemeinen Stiftung hervorgerufen werden
sollten, deren Interessen sowohl bei Sr. königl. Hoheit, wie bei der Zweig-
Kiftung Weimar fortwährend jedem andern Interesse Weimars vorangesetzt
werden sollen*.'

Die Generalversammlunghatte diesen Verzicht durch Aufstehen von ihren
Sitzen mit Dank acceptirt, und wennschon der seitdem desavouirte Abgeordnete
für Köln erklärte, sich dadurch nicht als gebunden zu erachten, so war die dann
Wirklich vorgenommene Revision der Statuten und namentlich die Aufhebung
des obligaten Vorortswechsels doch ohne allen Zweifel im Allgemeinen von
dem guten Glauben geleitet gewesen: Weimars Verzicht sei aufrichtig gemeint
und die bereits ausgebrochen gewesene Spaltung habe dadurch ihre Erledigung
gefunden.

Ueber die Bündigkeit dieses Verzichts zeigten sich aber, nun die Frage der
Wiederwählbarkeit entschieden werden sollte, unter den Rechtskundigen in der
Versammlung widersprechende Meinungen. Das spätere nienburger Rund¬
schreiben, durch welches, nach dem Ausdruck eines Verwaltungsrathscirculairs
die Gründe der Opposition „schlagend widerlegt" sein sollten, nennt — zur Ver<


Grenzboten til. 186S. 49
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[0367] wolle, am Nuder zu lassen; nachdem man ferner die Erblichkeit der Verwal¬ tungsrathswürde dadurch befördert hatte, daß man fünfen von sieben (statt sonst nur dreien von sieben) das Recht zuerkannte wieder gewählt zu werden; nach allen diesen, im Sinne des Verwaltungsraths vorgenommenen Aende¬ rungen, kam nun jene Hauptfrage aufs Tapet: sind wir allmächtig oder sind wirs nicht? — Es versteht sich, daß sie sich nicht in so unverhüllter Form bot Sie gab sich vielmehr in der bescheidneren Fassung: können wir auf Grund der zuletzt vorgenommenen Statutenänderung (Aufhebung des obligatorischen Vorortswechsels), ohne die Bestätigung der Revision Seitens der Regierungen abzuwarten, Weimar sofort wieder wählen oder können wir es nicht? — Aber man hatte ja bereits einen Paragraphen der Geschäftsordnung auf dem Wege der Abstimmung unschädlich gemacht; K 11 sprach den Generalver¬ sammlungen das Entscheiden überdies ja „in höchster Instanz" zu; also auch die Wiederwahl oder NichtWiederwahl Weimars, so folgerte man, war durch diese höchste Instanz allein zu bestimmen. Hiermit stand indessen doch noch ein Hinderniß im Widerspruch, welches Zwei Tage früher durch den Vorort Weimar selbst geschaffen worden war — Weimars eigner Verzicht auf die Wiederwahl. Dieser Verzicht lautete laut Protokoll vom 18. October: „Nachdem die beabsichtigte Satzungsrevision als nur von der Absicht aus¬ gehend, Weimar wiederum zum Vorort zu wählen, dargestellt worden sei. so verzichtet die weimarsche Zweigstistung unter allerhöchster Genehmigung ihres durchl. Protectors, des Großherzogs, königl. Hoheit, auf eine Wiederwahl, wenn durch eine solche Spaltungen in der allgemeinen Stiftung hervorgerufen werden sollten, deren Interessen sowohl bei Sr. königl. Hoheit, wie bei der Zweig- Kiftung Weimar fortwährend jedem andern Interesse Weimars vorangesetzt werden sollen*.' Die Generalversammlunghatte diesen Verzicht durch Aufstehen von ihren Sitzen mit Dank acceptirt, und wennschon der seitdem desavouirte Abgeordnete für Köln erklärte, sich dadurch nicht als gebunden zu erachten, so war die dann Wirklich vorgenommene Revision der Statuten und namentlich die Aufhebung des obligaten Vorortswechsels doch ohne allen Zweifel im Allgemeinen von dem guten Glauben geleitet gewesen: Weimars Verzicht sei aufrichtig gemeint und die bereits ausgebrochen gewesene Spaltung habe dadurch ihre Erledigung gefunden. Ueber die Bündigkeit dieses Verzichts zeigten sich aber, nun die Frage der Wiederwählbarkeit entschieden werden sollte, unter den Rechtskundigen in der Versammlung widersprechende Meinungen. Das spätere nienburger Rund¬ schreiben, durch welches, nach dem Ausdruck eines Verwaltungsrathscirculairs die Gründe der Opposition „schlagend widerlegt" sein sollten, nennt — zur Ver< Grenzboten til. 186S. 49

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/367>, abgerufen am 15.01.2025.