Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.Credits und Capitals als persönlichen Vermögens bedarf, -- Hr. Bürgers, der Die Revolution ist indessen blos eine einzelne unter den Möglichkeiten der Zumal die Demokratie weit weniger durch eigene überlegene Kraft, als Credits und Capitals als persönlichen Vermögens bedarf, — Hr. Bürgers, der Die Revolution ist indessen blos eine einzelne unter den Möglichkeiten der Zumal die Demokratie weit weniger durch eigene überlegene Kraft, als <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0346" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283699"/> <p xml:id="ID_974" prev="#ID_973"> Credits und Capitals als persönlichen Vermögens bedarf, — Hr. Bürgers, der<lb/> feurige und schlagfertige Tribun, für die Tage der Eruption. Wie wir ihn da<lb/> nachträglich alles Vertrauen für sich in Anspruch nehmen hören werden, das<lb/> ein absichtliches Maskenspiel jetzt Herrn Classen-Kappelmann zuwendet!</p><lb/> <p xml:id="ID_975"> Die Revolution ist indessen blos eine einzelne unter den Möglichkeiten der<lb/> Zukunft, und solange sie nicht ausgebrochen ist und hundert Stellungen von<lb/> Grund aus verwandelt hat, darf auch Hr. Bürgers verlangen, daß man ihn<lb/> nach seinem heutigen Verhalten messe. Da mag der einfache Beobachter sich<lb/> denn freilich freuen, daß doch an einem Punkte in Preußen ein Stück Führer¬<lb/> schaft — dieses unentbehrliche Erfordernis; entwickelten öffentlichen Lebens —<lb/> sich herauszubilden angefangen hat. Aber der liberale Patriot kann darum doch<lb/> noch nicht mit Wohlgefallen zuschauen, wie grade diese Richtung sich in einer<lb/> wichtigen Provinz der Zügel des activen Liberalismus zu bemächtigen droht;<lb/> und zum Glück hat es damit, bei Lichte besehen, denn auch noch gute Wege.<lb/> Die kölner Demokratie, wie sie sich in Herrn Bürgers verkörpert, ist zwar<lb/> keiner landesverrätherische» Hinneigung zu Frankreich mehr verdächtig. Allein<lb/> ihre Auffassungsweise ist noch immer stark französisch gefärbt; französische Kate¬<lb/> gorien und Schablonen bestimmen ihr Denken, sie erwartet das Heil Deutsch¬<lb/> lands nach wie vor von einem in Paris gegebenen moralischen oder physischen<lb/> Anstoß. Was ihr im Vergleich zu der Demokratie der älteren Landestheile an<lb/> preußischem Patriotismus abgeht, das ersetzt sie mehr noch durch kosmopolitische<lb/> Reminiscenzen ihrer socialistisch-radicalen Vorzeit als durch deutsch-nationale<lb/> Regungen. Sie ist allemal sehr bereit, mit den Gegnern Preußens im übrigen<lb/> Deutschland zu sympathisiren, selbst wenn man sich zu dem Ende einmal einer<lb/> fürstlichen Legitimität annehmen muß; die schwäbischen Particularisten, deren<lb/> Stammesbcwußtsein bekanntlich unheilbar ist, stehen ihr vermöge des absoluten<lb/> Freiheitscultus, welchem sie huldigen, immer noch näher, als die norddeutschen<lb/> Führer des Nationalvereins. Ginge es unter preußischen Landsleuten nur eben<lb/> an, sie würde wahrscheinlich die Kolb-Mayersche Sehnsucht nach der Föderativ-<lb/> rcpublik auch zu ihrem nationalen Glaubensbekenntnis; erheben. Solche Ten¬<lb/> denzen können und werden in Nheinpreußen niemals die herrschenden werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_976" next="#ID_977"> Zumal die Demokratie weit weniger durch eigene überlegene Kraft, als<lb/> durch die Fehler und Schwächen der übrigen liberalen Fraktionen obenaufgc-<lb/> kommen ist. Nicht immer herrschte sie auch nur in Köln, der altkatholischen<lb/> Bischofsstadt, die so mancherlei Stoff für eine revolutionäre Parteibildung in<lb/> sich enthält. Es gab eine Zeit, wo der Name Mevissen dort fast denselben<lb/> Klang hatte, wie heute der Name Classen-Kappelmann. Aber Hr. Mevissen<lb/> hat den Politiker, der ihn nicht rasch genug zum Minister und großen Manne<lb/> machte, ausgezogen und ist wieder in den Rock des Geschäftsmannes geschlüpft,<lb/> in welchem er es so erklecklich weit gebracht hat. Alle die reichgewordenen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0346]
Credits und Capitals als persönlichen Vermögens bedarf, — Hr. Bürgers, der
feurige und schlagfertige Tribun, für die Tage der Eruption. Wie wir ihn da
nachträglich alles Vertrauen für sich in Anspruch nehmen hören werden, das
ein absichtliches Maskenspiel jetzt Herrn Classen-Kappelmann zuwendet!
Die Revolution ist indessen blos eine einzelne unter den Möglichkeiten der
Zukunft, und solange sie nicht ausgebrochen ist und hundert Stellungen von
Grund aus verwandelt hat, darf auch Hr. Bürgers verlangen, daß man ihn
nach seinem heutigen Verhalten messe. Da mag der einfache Beobachter sich
denn freilich freuen, daß doch an einem Punkte in Preußen ein Stück Führer¬
schaft — dieses unentbehrliche Erfordernis; entwickelten öffentlichen Lebens —
sich herauszubilden angefangen hat. Aber der liberale Patriot kann darum doch
noch nicht mit Wohlgefallen zuschauen, wie grade diese Richtung sich in einer
wichtigen Provinz der Zügel des activen Liberalismus zu bemächtigen droht;
und zum Glück hat es damit, bei Lichte besehen, denn auch noch gute Wege.
Die kölner Demokratie, wie sie sich in Herrn Bürgers verkörpert, ist zwar
keiner landesverrätherische» Hinneigung zu Frankreich mehr verdächtig. Allein
ihre Auffassungsweise ist noch immer stark französisch gefärbt; französische Kate¬
gorien und Schablonen bestimmen ihr Denken, sie erwartet das Heil Deutsch¬
lands nach wie vor von einem in Paris gegebenen moralischen oder physischen
Anstoß. Was ihr im Vergleich zu der Demokratie der älteren Landestheile an
preußischem Patriotismus abgeht, das ersetzt sie mehr noch durch kosmopolitische
Reminiscenzen ihrer socialistisch-radicalen Vorzeit als durch deutsch-nationale
Regungen. Sie ist allemal sehr bereit, mit den Gegnern Preußens im übrigen
Deutschland zu sympathisiren, selbst wenn man sich zu dem Ende einmal einer
fürstlichen Legitimität annehmen muß; die schwäbischen Particularisten, deren
Stammesbcwußtsein bekanntlich unheilbar ist, stehen ihr vermöge des absoluten
Freiheitscultus, welchem sie huldigen, immer noch näher, als die norddeutschen
Führer des Nationalvereins. Ginge es unter preußischen Landsleuten nur eben
an, sie würde wahrscheinlich die Kolb-Mayersche Sehnsucht nach der Föderativ-
rcpublik auch zu ihrem nationalen Glaubensbekenntnis; erheben. Solche Ten¬
denzen können und werden in Nheinpreußen niemals die herrschenden werden.
Zumal die Demokratie weit weniger durch eigene überlegene Kraft, als
durch die Fehler und Schwächen der übrigen liberalen Fraktionen obenaufgc-
kommen ist. Nicht immer herrschte sie auch nur in Köln, der altkatholischen
Bischofsstadt, die so mancherlei Stoff für eine revolutionäre Parteibildung in
sich enthält. Es gab eine Zeit, wo der Name Mevissen dort fast denselben
Klang hatte, wie heute der Name Classen-Kappelmann. Aber Hr. Mevissen
hat den Politiker, der ihn nicht rasch genug zum Minister und großen Manne
machte, ausgezogen und ist wieder in den Rock des Geschäftsmannes geschlüpft,
in welchem er es so erklecklich weit gebracht hat. Alle die reichgewordenen
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