Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.schenkte, ging daher auf das Anerbieten eines ihm bekannten Chemikers und Ein Seitenstück zu der verunglückten Ausführung des absurden Kaffeefabrik- Grenzboten III. 186S, 45
schenkte, ging daher auf das Anerbieten eines ihm bekannten Chemikers und Ein Seitenstück zu der verunglückten Ausführung des absurden Kaffeefabrik- Grenzboten III. 186S, 45
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schenkte, ging daher auf das Anerbieten eines ihm bekannten Chemikers und
unermüdlichen Projcctenmachers, eine Fabrik zur Bereitung von comprimirten
Kaffee zu erbauen, ohne weiteres ein. Die Fabrik wurde erbaut und mit allem
Luxus eingerichtet und lieferte, wenn man alles berechnete, die Kaffeetäfelchen
gerade doppelt so theuer und von weit schlechterer Qualität, als sie bei dem
nächstbesten Chemiker zu erhalten gewesen wären. Man überhörte alle Klagen
der Truppen, denen das mit Gewalt aufgezwungene, einem gewöhnlichen Kaffee
sehr unähnliche Getränk nachgerade zum Ekel wurde. Endlich aber wurde die
Sache doch zu arg, und der ganze Handel nahm ein klägliches Ende. Als
Denkmal dieses Mißgriffs existirt nur das leere Fabrikgebäude noch, mit wel¬
chem man nichts anzufangen weiß.
Ein Seitenstück zu der verunglückten Ausführung des absurden Kaffeefabrik-
projectes dürfte seiner Zeit das noch im Baue begriffene „Musterverpflegs-
etablissement" werden. Durch viele bittere Erfahrungen belehrt, beschloß man
endlich, keinen zur Verprvviantirung gehörenden Artikel mehr selbst zu erzeugen,
sondern alles durch contractmäßig geregelte Lieferung zu beziehen. Nur das
Brod sollte, so lange die hier und da bestehenden Backöfen noch aushalten würden,
von dem Personal der sogenannten Proviantbäckereien bereitet werden. Aber
kaum war dieser löbliche Entschluß in zwei oder drei Fällen ausgeführt, als
auch schon ein neuer Vorschlag zur Errichtung eines nach den kolossalsten Di¬
mensionen entworfenen Etablissements zur Erzeugung und Aufbewahrung der
verschiedennamigsten Verpflegsartikel auftauchte. Und man ging auf diese Idee,
bei deren Ausführung offenbar nur Einzelne sich bereichern wollten, die Staats¬
kasse und die Armee aber leiden mußten, mit Bereitwilligkeit ein. In Italien,
wo die Sache noch eher einen Sinn hatte, weil bei der entschieden feindseligen
Stimmung der Bevölkerung der geregelte Bezug der Lebensmittel von Privat¬
lieferanten sehr leicht in Frage gestellt werden kann, wollte man eine solche
Anstalt nicht errichten, wohl aber in Wien, und dazu in dem Herzen der Stadt,
wo jede Klafter Baugrund um einen fabelhaft hohen Preis hätte veräußert
werden können, und wo unter allen Umständen Hunderte von Producenten sich
um die Lieferung der verschiedenen Verpflegsartikel bewerben werden. Große
Summen wurden zuerst auf die Verschönerung und den theilweisen Umbau des
alten Verpflegsamtes, des nächst dem alten Polizeihause häßlichsten Gebäudes
in Wien, verwendet, und erst als man erkannte, daß selbst ein totaler Umbau
nicht viel helfen würde, gab man es auf, auf diesem eingeengten, unebenen,
durch die Ausmündung verschiedener Kanäle feuchten Platze einen Prachtbau
herzustellen. Eine weitläufige Cavallcriekaserne, welche recht gut noch viele
Jahre zu ihrem bisherigen oder zu einem andern Zwecke hätte benutzt werden
können, wurde niedergerissen und an ihrer Stelle ein neues mit besonderem
Luxus ausgestattetes Gebäude zur Erzeugung und Aufbewahrung der verschie-
Grenzboten III. 186S, 45
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