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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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Arsenals und mehrer anderer Etablissements viele früher zu gleichen Zwecken
benutzte Gebäude entbehrlich geworden wären, und daß man durch die zweck¬
mäßige anderweitige Benutzung derselben oder durch deren Bermiethung oder
Verkauf wenigstens einen Theil der aus die Neubauten verwendeten großen
Kosten hätte einbringen können. So war es auch ursprünglich bestimmt wor¬
den, und in späterer Zeit noch bildeten die für Bermiethung oder Verkauf der¬
artiger Gebäude zu erwartenden Summen einen namhaften Posten in dem von
dem Minister vorgelegten EntWurfe des Budgets. Kam es aber wirklich dazu,
so wußte man für jedes Gebäude, welches auf diese Weise entbehrlich wurde,
sofort irgendeine Verwendung für andere Staatszwecke auszumitteln, und zwar
geschah dies gewöhnlich in sehr wenig zweckentsprechender und den Grundsätzen
vernünftiger Oekonomie widerstreitender Weise. Sogar leere Plätze, welche der
Militärverwaltung gehörten, wurden lieber unbenutzt gelassen oder zu gering¬
fügigen Zwecken verwendet, als daß man sie der Industrie, dem Handel oder
zu irgendeiner andern gemeinnützlichen Verwendung hingegeben hätte, mochte
auch der dafür gebotene Preis noch so beträchtlich sein. Verwaltungsbehörden,
deren sämmtliches Personal früher ganz bequem in drei bis vier kleinen Stuben
Platz gesunden hatte, erhielten jetzt Räume zugewiesen, in denen bis dahin
ganze Bataillone untergebracht worden waren.

Man wird das Gesagte nicht übertrieben finden, wenn man erfährt, daß
ein am Rande des ehemaligen Glacis befindlicher Platz, für welchen von meh-
rern Bauunternehmern nahezu eine Million angeboten worden war, als Park¬
platz für die alten Wagen des Militärfuhrwesens und zur Aufbewahrung einiger
Bieter und Stangen verwendet wird. Zwei ehemalige Artilleriekasernen sind
für die Bureaux des Tabcckamtcs und eines Bezirksgerichtes eingerichtet worden,
welche beiden Aemter sich früher mit weit bescheidnern Räumen begnügten und
auch wirklich begnügen konnten.

Das Aergsie aber, was zu dieser Zeit geschah, war der Bau der Kaffee¬
fabrik. Man hatte gesehen, daß die französischen Soldaten, auf deren pünkt¬
liche und reichliche Verproviantirung mit Strenge geachtet wurde, sich besser
schlugen, wenigstens Strapatzen leichter ertrugen als die östreichischen Sol¬
daten, welche ihre ungenügenden und schlechten Lebensmittel unregelmäßig oder
gar nicht bezogen und unter allen Umständen nur eine Hauptmahlzeit erhielten,
während die Franzosen im Fall eines frühzeitigen Aufbruchs wenn nichts An¬
deres, wenigstens eine Tasse schwarzen Kaffee erhielten.

Die Schlußfolgerung übereilt ziehend, kam man dahin, daß man dem
Kaffee eine übergroße Wichtigkeit beilegte und beinahe zu glauben schien, die
Nichtvcrsorgung der östreichischen Soldaten mit Kaffee sei eine der Hauptur-
sachen des unglücklichen Ausganges des Feldzuges gewesen. Der damalige
Kriegsminister Graf Degenseld, welcher dieser Sache besondere Aufmerksamkeit


Arsenals und mehrer anderer Etablissements viele früher zu gleichen Zwecken
benutzte Gebäude entbehrlich geworden wären, und daß man durch die zweck¬
mäßige anderweitige Benutzung derselben oder durch deren Bermiethung oder
Verkauf wenigstens einen Theil der aus die Neubauten verwendeten großen
Kosten hätte einbringen können. So war es auch ursprünglich bestimmt wor¬
den, und in späterer Zeit noch bildeten die für Bermiethung oder Verkauf der¬
artiger Gebäude zu erwartenden Summen einen namhaften Posten in dem von
dem Minister vorgelegten EntWurfe des Budgets. Kam es aber wirklich dazu,
so wußte man für jedes Gebäude, welches auf diese Weise entbehrlich wurde,
sofort irgendeine Verwendung für andere Staatszwecke auszumitteln, und zwar
geschah dies gewöhnlich in sehr wenig zweckentsprechender und den Grundsätzen
vernünftiger Oekonomie widerstreitender Weise. Sogar leere Plätze, welche der
Militärverwaltung gehörten, wurden lieber unbenutzt gelassen oder zu gering¬
fügigen Zwecken verwendet, als daß man sie der Industrie, dem Handel oder
zu irgendeiner andern gemeinnützlichen Verwendung hingegeben hätte, mochte
auch der dafür gebotene Preis noch so beträchtlich sein. Verwaltungsbehörden,
deren sämmtliches Personal früher ganz bequem in drei bis vier kleinen Stuben
Platz gesunden hatte, erhielten jetzt Räume zugewiesen, in denen bis dahin
ganze Bataillone untergebracht worden waren.

Man wird das Gesagte nicht übertrieben finden, wenn man erfährt, daß
ein am Rande des ehemaligen Glacis befindlicher Platz, für welchen von meh-
rern Bauunternehmern nahezu eine Million angeboten worden war, als Park¬
platz für die alten Wagen des Militärfuhrwesens und zur Aufbewahrung einiger
Bieter und Stangen verwendet wird. Zwei ehemalige Artilleriekasernen sind
für die Bureaux des Tabcckamtcs und eines Bezirksgerichtes eingerichtet worden,
welche beiden Aemter sich früher mit weit bescheidnern Räumen begnügten und
auch wirklich begnügen konnten.

Das Aergsie aber, was zu dieser Zeit geschah, war der Bau der Kaffee¬
fabrik. Man hatte gesehen, daß die französischen Soldaten, auf deren pünkt¬
liche und reichliche Verproviantirung mit Strenge geachtet wurde, sich besser
schlugen, wenigstens Strapatzen leichter ertrugen als die östreichischen Sol¬
daten, welche ihre ungenügenden und schlechten Lebensmittel unregelmäßig oder
gar nicht bezogen und unter allen Umständen nur eine Hauptmahlzeit erhielten,
während die Franzosen im Fall eines frühzeitigen Aufbruchs wenn nichts An¬
deres, wenigstens eine Tasse schwarzen Kaffee erhielten.

Die Schlußfolgerung übereilt ziehend, kam man dahin, daß man dem
Kaffee eine übergroße Wichtigkeit beilegte und beinahe zu glauben schien, die
Nichtvcrsorgung der östreichischen Soldaten mit Kaffee sei eine der Hauptur-
sachen des unglücklichen Ausganges des Feldzuges gewesen. Der damalige
Kriegsminister Graf Degenseld, welcher dieser Sache besondere Aufmerksamkeit


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[0332] Arsenals und mehrer anderer Etablissements viele früher zu gleichen Zwecken benutzte Gebäude entbehrlich geworden wären, und daß man durch die zweck¬ mäßige anderweitige Benutzung derselben oder durch deren Bermiethung oder Verkauf wenigstens einen Theil der aus die Neubauten verwendeten großen Kosten hätte einbringen können. So war es auch ursprünglich bestimmt wor¬ den, und in späterer Zeit noch bildeten die für Bermiethung oder Verkauf der¬ artiger Gebäude zu erwartenden Summen einen namhaften Posten in dem von dem Minister vorgelegten EntWurfe des Budgets. Kam es aber wirklich dazu, so wußte man für jedes Gebäude, welches auf diese Weise entbehrlich wurde, sofort irgendeine Verwendung für andere Staatszwecke auszumitteln, und zwar geschah dies gewöhnlich in sehr wenig zweckentsprechender und den Grundsätzen vernünftiger Oekonomie widerstreitender Weise. Sogar leere Plätze, welche der Militärverwaltung gehörten, wurden lieber unbenutzt gelassen oder zu gering¬ fügigen Zwecken verwendet, als daß man sie der Industrie, dem Handel oder zu irgendeiner andern gemeinnützlichen Verwendung hingegeben hätte, mochte auch der dafür gebotene Preis noch so beträchtlich sein. Verwaltungsbehörden, deren sämmtliches Personal früher ganz bequem in drei bis vier kleinen Stuben Platz gesunden hatte, erhielten jetzt Räume zugewiesen, in denen bis dahin ganze Bataillone untergebracht worden waren. Man wird das Gesagte nicht übertrieben finden, wenn man erfährt, daß ein am Rande des ehemaligen Glacis befindlicher Platz, für welchen von meh- rern Bauunternehmern nahezu eine Million angeboten worden war, als Park¬ platz für die alten Wagen des Militärfuhrwesens und zur Aufbewahrung einiger Bieter und Stangen verwendet wird. Zwei ehemalige Artilleriekasernen sind für die Bureaux des Tabcckamtcs und eines Bezirksgerichtes eingerichtet worden, welche beiden Aemter sich früher mit weit bescheidnern Räumen begnügten und auch wirklich begnügen konnten. Das Aergsie aber, was zu dieser Zeit geschah, war der Bau der Kaffee¬ fabrik. Man hatte gesehen, daß die französischen Soldaten, auf deren pünkt¬ liche und reichliche Verproviantirung mit Strenge geachtet wurde, sich besser schlugen, wenigstens Strapatzen leichter ertrugen als die östreichischen Sol¬ daten, welche ihre ungenügenden und schlechten Lebensmittel unregelmäßig oder gar nicht bezogen und unter allen Umständen nur eine Hauptmahlzeit erhielten, während die Franzosen im Fall eines frühzeitigen Aufbruchs wenn nichts An¬ deres, wenigstens eine Tasse schwarzen Kaffee erhielten. Die Schlußfolgerung übereilt ziehend, kam man dahin, daß man dem Kaffee eine übergroße Wichtigkeit beilegte und beinahe zu glauben schien, die Nichtvcrsorgung der östreichischen Soldaten mit Kaffee sei eine der Hauptur- sachen des unglücklichen Ausganges des Feldzuges gewesen. Der damalige Kriegsminister Graf Degenseld, welcher dieser Sache besondere Aufmerksamkeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/332>, abgerufen am 15.01.2025.