Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.zu dürfen. Er betont sogar ausdrücklich, er habe nur auf eine Gelegenheit Wenn man nun bedenkt, daß der Plan der Ernennung besoldeter und 42*
zu dürfen. Er betont sogar ausdrücklich, er habe nur auf eine Gelegenheit Wenn man nun bedenkt, daß der Plan der Ernennung besoldeter und 42*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0311" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283664"/> <p xml:id="ID_879" prev="#ID_878"> zu dürfen. Er betont sogar ausdrücklich, er habe nur auf eine Gelegenheit<lb/> gewartet, die ihm gewordene Gabe passend zu verwenden. Ganz gleichgiltig<lb/> aber muß es für die Kritik dieser Darbietungen erscheinen, wie der zufällige<lb/> Empfänger sich einen Paragraphen auslegt, dessen strenge Observanz nicht seine,<lb/> sondern die Sache der Stiftungsmitglieder und vor allem des Verwaltungs¬<lb/> raths ist. Ob die Gaben angenommen wurden, das ist eine völlig irrelevante<lb/> Frage. Ob sie angeboten werden durften, daraus kommt es an. Dies ist aber<lb/> zweifellos grade in dem vorgenannten Falle nicht der Fall. Wo keine Hilfs¬<lb/> bedürftigkeit vorhanden ist. kann nicht von „Hilfe und Beistand" darbieten die<lb/> Rede sein. Der Zweck der Stiftung ist aber, wie erwähnt, einmal „in Fällen<lb/> schwerer Lebenssorge Hilfe und Beistand" darzubieten; demnächst auch<lb/> solche Schriftsteller und Schriftstellerinnen zu „berücksichtigen, auf welche obige<lb/> Merkmale nicht sämmtlich zutreffen" (verdienstliches Wirken für die National-<lb/> titeratur und zwar in dichterischer Form, sowie das Borhandensein schwerer<lb/> Lebenssorgen), wenn diese Personen nämlich „zu Hilfe und Beistand empfohlen<lb/> werden". Beide Kcuegvrien tragen also den Stempel der Hilfsbedürftigkeit<lb/> an der Stirn. Einem bemittelten Autor fünfhundert Thaler aus dem Fond der Stif¬<lb/> tung zu überlassen, war demnach eine flagrante Verkennung des Stiftungszweckes.</p><lb/> <p xml:id="ID_880"> Wenn man nun bedenkt, daß der Plan der Ernennung besoldeter und<lb/> unbesoldeter Ehrenmitglieder der Schillerstistung im Jahre 1862 von der Ge¬<lb/> neralversammlung abgelehnt worden war, so muß es allerdings befremden,<lb/> bereits im folgenden Jahre den Berwaltungsrath über die Grenzen seiner Be¬<lb/> fugnisse so sehr im Unklaren zu sehen. Die Worte Akademie und Ehrenmit¬<lb/> gliedschaft — das war jedenfalls aus den früher über dieses Capitel gepflo¬<lb/> genen Debatten deutlich genug hervorgegangen — galten nicht für das einzig<lb/> Verwerfliche des ganzen Vorhabens; vielmehr sollte vor allem unter den Kenn¬<lb/> zeichen der Anwartschaft auf Unterstützungen die Hilfsbedürstigkeit, weil<lb/> in den Statuten ausgesprochen, nicht als unerläßliche Bedingung beseitigt wer¬<lb/> den. Es konnte daher nicht fehlen, daß grabe diese Vergabung, sobald sie<lb/> bekannt wurde, mannigfache Mißbilligung fand und von vielen als ein Ver¬<lb/> such ausgelegt ward, die Beschlüsse der Generalversammlung sowohl, wie das<lb/> Grundgesetz der Stiftung selbst in willkürlicher Weise zu interpretiren. Da der<lb/> mehrerwähnte Empfänger am Sitze einer Verwaltungszweigstiftung (Berlin)<lb/> domicilirt war und überdies für eine Umgestaltung der Schillerstiftung im ver¬<lb/> wandten Sinne öffentlich gewirkt hatte, so lag sogar die — wie wir glauben,<lb/> irrige — Vermuthung einer vorausgegangenen Verabredung nahe, und es ward<lb/> der Argwohn rege, der Verwaltungsrath habe in seiner Begeisterung für dich¬<lb/> terische Leistungen, gleichviel ob Nothleidender oder Nichtnothleidender, durch<lb/> einen recht in die Augen springenden Act allem weiteren Streite über die Frage<lb/> selbst ein Ende machen wollen.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 42*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0311]
zu dürfen. Er betont sogar ausdrücklich, er habe nur auf eine Gelegenheit
gewartet, die ihm gewordene Gabe passend zu verwenden. Ganz gleichgiltig
aber muß es für die Kritik dieser Darbietungen erscheinen, wie der zufällige
Empfänger sich einen Paragraphen auslegt, dessen strenge Observanz nicht seine,
sondern die Sache der Stiftungsmitglieder und vor allem des Verwaltungs¬
raths ist. Ob die Gaben angenommen wurden, das ist eine völlig irrelevante
Frage. Ob sie angeboten werden durften, daraus kommt es an. Dies ist aber
zweifellos grade in dem vorgenannten Falle nicht der Fall. Wo keine Hilfs¬
bedürftigkeit vorhanden ist. kann nicht von „Hilfe und Beistand" darbieten die
Rede sein. Der Zweck der Stiftung ist aber, wie erwähnt, einmal „in Fällen
schwerer Lebenssorge Hilfe und Beistand" darzubieten; demnächst auch
solche Schriftsteller und Schriftstellerinnen zu „berücksichtigen, auf welche obige
Merkmale nicht sämmtlich zutreffen" (verdienstliches Wirken für die National-
titeratur und zwar in dichterischer Form, sowie das Borhandensein schwerer
Lebenssorgen), wenn diese Personen nämlich „zu Hilfe und Beistand empfohlen
werden". Beide Kcuegvrien tragen also den Stempel der Hilfsbedürftigkeit
an der Stirn. Einem bemittelten Autor fünfhundert Thaler aus dem Fond der Stif¬
tung zu überlassen, war demnach eine flagrante Verkennung des Stiftungszweckes.
Wenn man nun bedenkt, daß der Plan der Ernennung besoldeter und
unbesoldeter Ehrenmitglieder der Schillerstistung im Jahre 1862 von der Ge¬
neralversammlung abgelehnt worden war, so muß es allerdings befremden,
bereits im folgenden Jahre den Berwaltungsrath über die Grenzen seiner Be¬
fugnisse so sehr im Unklaren zu sehen. Die Worte Akademie und Ehrenmit¬
gliedschaft — das war jedenfalls aus den früher über dieses Capitel gepflo¬
genen Debatten deutlich genug hervorgegangen — galten nicht für das einzig
Verwerfliche des ganzen Vorhabens; vielmehr sollte vor allem unter den Kenn¬
zeichen der Anwartschaft auf Unterstützungen die Hilfsbedürstigkeit, weil
in den Statuten ausgesprochen, nicht als unerläßliche Bedingung beseitigt wer¬
den. Es konnte daher nicht fehlen, daß grabe diese Vergabung, sobald sie
bekannt wurde, mannigfache Mißbilligung fand und von vielen als ein Ver¬
such ausgelegt ward, die Beschlüsse der Generalversammlung sowohl, wie das
Grundgesetz der Stiftung selbst in willkürlicher Weise zu interpretiren. Da der
mehrerwähnte Empfänger am Sitze einer Verwaltungszweigstiftung (Berlin)
domicilirt war und überdies für eine Umgestaltung der Schillerstiftung im ver¬
wandten Sinne öffentlich gewirkt hatte, so lag sogar die — wie wir glauben,
irrige — Vermuthung einer vorausgegangenen Verabredung nahe, und es ward
der Argwohn rege, der Verwaltungsrath habe in seiner Begeisterung für dich¬
terische Leistungen, gleichviel ob Nothleidender oder Nichtnothleidender, durch
einen recht in die Augen springenden Act allem weiteren Streite über die Frage
selbst ein Ende machen wollen.
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