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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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zur weimarscher Residenz in Frage kommen. Der Gedanke, die deutsche Schiller¬
stiftung überhaupt unter ein fürstliches Protectorat zu stellen, ist gleich in den
Anfangsphasen der Stiftung mit Lebhaftigkeit bekämpft worden. Als ein
natürliches Gefühl der Dankbarkeit gegen den Protector der Nationallotterie
später eine Art innigeres Verhältniß auch zwischen der Schillerstistung und
Weimar anzubahnen begann, wäre es vielleicht wünschenswerth -- wenn auch
nicht gerade höflich -- gewesen, die im Uebrigen ja republikanische Verfassung
der Stiftung durch einen Paragraphen zu vervollständigen, welcher die Ver¬
leihung von Titeln und Orden an die Mitglieder der Stiftung, event, deren
Annahme, für nicht statthaft erklärt hätte. Da nichts Derartiges geschehen ist,
lag es im natürlichen Lauf der menschlichen Dinge, daß die weimarische Vor¬
ortsperiode auch nach dieser Seite hin Herzen zu erobern wußte; ein der
deutschen Loyalität, wie bekannt, im allgemeinen durchaus nicht anstößiges
Gebe- und Nehmeverhältniß, das aber, wo sichs um Majoritäten und Mino¬
ritäten handelt, jedenfalls zum Verständniß der Waffengleichheit oder Ungleich¬
heit einen beachtenswerthen Beitrag liefert.

Wir kommen nun zu demjenigen Acte des Verwaltungsraths, welcher,
nach der Ansicht der Opposition, das Akademieproject in veränderter Form
plötzlich als in voller Ausführung begriffen erkennen ließ, wir meinen die so¬
genannten "Darbietungen von Ehrengaben". Wie viel und wie oft dergleichen
namhafte Summen verabreicht worden sind, das ist der Oeffentlichkeit nicht
bekannt geworden. Da die "Darbietungen" in einer Zeit begonnen haben,
wo der Heimlichkeitsparagraph 10 noch Geltung hatte, so müssen wir uns auf
den seitdem wiederholt in der Presse zur Sprache gekommenen desfai'lsigen
Passus des in der Octobcrgeneralversammlung verlesenen amtlichen Verwaltungs¬
berichts beschränken. Es heißt darin nach dem Protokoll: "Der Verwaltungs¬
rath sei in Gewährung einer Darbietung nicht aus seinen Befugnissen heraus¬
gegangen, denn sowohl an V. Auerbach als an Baucrnfeld und Freiligrath,
die zum 10. November 1863 Ehrengaben erhalten hätten, sei vom Verwal-
tungsrath eine Anfrage vorher ergangen, ob sie die ihnen dargebotene Ehren¬
gabe annähmen. Alle drei genannten Schriftsteller aber hätten geantwortet,
daß sie die ihnen in Aussicht gestellten Gaben annähmen. Materiell sei vom
Verwaltungsrath je nach den vorhandenen Mitteln gegeben worden, und wenn
diese nicht hätten erschöpft werden können, habe man Darbietungen gemacht".

Diese Rechtfertigung dürfte jedenfalls, wenn eine solche überhaupt nöthig
war. keine glückliche sein. Einer der drei Genannten, B. Auerbach. hat seit¬
dem, wie bekannt, durch ein Schreiben an R. Waldmüller, die ihm von Weimar
zugesandten 600 Thaler in die Hände der Wittwe Otto Ludwigs überantwortet
und dadurch die Meinung widerlegt, als habe er, ein Nichthilfsbedürftiger, sich
in der Lage geglaubt, an den Unterstützungen der milden Stiftung participircn


zur weimarscher Residenz in Frage kommen. Der Gedanke, die deutsche Schiller¬
stiftung überhaupt unter ein fürstliches Protectorat zu stellen, ist gleich in den
Anfangsphasen der Stiftung mit Lebhaftigkeit bekämpft worden. Als ein
natürliches Gefühl der Dankbarkeit gegen den Protector der Nationallotterie
später eine Art innigeres Verhältniß auch zwischen der Schillerstistung und
Weimar anzubahnen begann, wäre es vielleicht wünschenswerth — wenn auch
nicht gerade höflich — gewesen, die im Uebrigen ja republikanische Verfassung
der Stiftung durch einen Paragraphen zu vervollständigen, welcher die Ver¬
leihung von Titeln und Orden an die Mitglieder der Stiftung, event, deren
Annahme, für nicht statthaft erklärt hätte. Da nichts Derartiges geschehen ist,
lag es im natürlichen Lauf der menschlichen Dinge, daß die weimarische Vor¬
ortsperiode auch nach dieser Seite hin Herzen zu erobern wußte; ein der
deutschen Loyalität, wie bekannt, im allgemeinen durchaus nicht anstößiges
Gebe- und Nehmeverhältniß, das aber, wo sichs um Majoritäten und Mino¬
ritäten handelt, jedenfalls zum Verständniß der Waffengleichheit oder Ungleich¬
heit einen beachtenswerthen Beitrag liefert.

Wir kommen nun zu demjenigen Acte des Verwaltungsraths, welcher,
nach der Ansicht der Opposition, das Akademieproject in veränderter Form
plötzlich als in voller Ausführung begriffen erkennen ließ, wir meinen die so¬
genannten „Darbietungen von Ehrengaben". Wie viel und wie oft dergleichen
namhafte Summen verabreicht worden sind, das ist der Oeffentlichkeit nicht
bekannt geworden. Da die „Darbietungen" in einer Zeit begonnen haben,
wo der Heimlichkeitsparagraph 10 noch Geltung hatte, so müssen wir uns auf
den seitdem wiederholt in der Presse zur Sprache gekommenen desfai'lsigen
Passus des in der Octobcrgeneralversammlung verlesenen amtlichen Verwaltungs¬
berichts beschränken. Es heißt darin nach dem Protokoll: „Der Verwaltungs¬
rath sei in Gewährung einer Darbietung nicht aus seinen Befugnissen heraus¬
gegangen, denn sowohl an V. Auerbach als an Baucrnfeld und Freiligrath,
die zum 10. November 1863 Ehrengaben erhalten hätten, sei vom Verwal-
tungsrath eine Anfrage vorher ergangen, ob sie die ihnen dargebotene Ehren¬
gabe annähmen. Alle drei genannten Schriftsteller aber hätten geantwortet,
daß sie die ihnen in Aussicht gestellten Gaben annähmen. Materiell sei vom
Verwaltungsrath je nach den vorhandenen Mitteln gegeben worden, und wenn
diese nicht hätten erschöpft werden können, habe man Darbietungen gemacht".

Diese Rechtfertigung dürfte jedenfalls, wenn eine solche überhaupt nöthig
war. keine glückliche sein. Einer der drei Genannten, B. Auerbach. hat seit¬
dem, wie bekannt, durch ein Schreiben an R. Waldmüller, die ihm von Weimar
zugesandten 600 Thaler in die Hände der Wittwe Otto Ludwigs überantwortet
und dadurch die Meinung widerlegt, als habe er, ein Nichthilfsbedürftiger, sich
in der Lage geglaubt, an den Unterstützungen der milden Stiftung participircn


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[0310] zur weimarscher Residenz in Frage kommen. Der Gedanke, die deutsche Schiller¬ stiftung überhaupt unter ein fürstliches Protectorat zu stellen, ist gleich in den Anfangsphasen der Stiftung mit Lebhaftigkeit bekämpft worden. Als ein natürliches Gefühl der Dankbarkeit gegen den Protector der Nationallotterie später eine Art innigeres Verhältniß auch zwischen der Schillerstistung und Weimar anzubahnen begann, wäre es vielleicht wünschenswerth — wenn auch nicht gerade höflich — gewesen, die im Uebrigen ja republikanische Verfassung der Stiftung durch einen Paragraphen zu vervollständigen, welcher die Ver¬ leihung von Titeln und Orden an die Mitglieder der Stiftung, event, deren Annahme, für nicht statthaft erklärt hätte. Da nichts Derartiges geschehen ist, lag es im natürlichen Lauf der menschlichen Dinge, daß die weimarische Vor¬ ortsperiode auch nach dieser Seite hin Herzen zu erobern wußte; ein der deutschen Loyalität, wie bekannt, im allgemeinen durchaus nicht anstößiges Gebe- und Nehmeverhältniß, das aber, wo sichs um Majoritäten und Mino¬ ritäten handelt, jedenfalls zum Verständniß der Waffengleichheit oder Ungleich¬ heit einen beachtenswerthen Beitrag liefert. Wir kommen nun zu demjenigen Acte des Verwaltungsraths, welcher, nach der Ansicht der Opposition, das Akademieproject in veränderter Form plötzlich als in voller Ausführung begriffen erkennen ließ, wir meinen die so¬ genannten „Darbietungen von Ehrengaben". Wie viel und wie oft dergleichen namhafte Summen verabreicht worden sind, das ist der Oeffentlichkeit nicht bekannt geworden. Da die „Darbietungen" in einer Zeit begonnen haben, wo der Heimlichkeitsparagraph 10 noch Geltung hatte, so müssen wir uns auf den seitdem wiederholt in der Presse zur Sprache gekommenen desfai'lsigen Passus des in der Octobcrgeneralversammlung verlesenen amtlichen Verwaltungs¬ berichts beschränken. Es heißt darin nach dem Protokoll: „Der Verwaltungs¬ rath sei in Gewährung einer Darbietung nicht aus seinen Befugnissen heraus¬ gegangen, denn sowohl an V. Auerbach als an Baucrnfeld und Freiligrath, die zum 10. November 1863 Ehrengaben erhalten hätten, sei vom Verwal- tungsrath eine Anfrage vorher ergangen, ob sie die ihnen dargebotene Ehren¬ gabe annähmen. Alle drei genannten Schriftsteller aber hätten geantwortet, daß sie die ihnen in Aussicht gestellten Gaben annähmen. Materiell sei vom Verwaltungsrath je nach den vorhandenen Mitteln gegeben worden, und wenn diese nicht hätten erschöpft werden können, habe man Darbietungen gemacht". Diese Rechtfertigung dürfte jedenfalls, wenn eine solche überhaupt nöthig war. keine glückliche sein. Einer der drei Genannten, B. Auerbach. hat seit¬ dem, wie bekannt, durch ein Schreiben an R. Waldmüller, die ihm von Weimar zugesandten 600 Thaler in die Hände der Wittwe Otto Ludwigs überantwortet und dadurch die Meinung widerlegt, als habe er, ein Nichthilfsbedürftiger, sich in der Lage geglaubt, an den Unterstützungen der milden Stiftung participircn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/310>, abgerufen am 15.01.2025.