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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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desselben Offiziers, der beiläufig manchem als ein besonders gelehrter Militär
galt, der aber bekanntlich staunenerregende Proben von Unkenntnis; im Artillerie-
und Geniefache geliefert hat, sowie aus Betrieb des damals bereits alters¬
schwachen Generals Augustin wurde der Bau des Arsenals begonnen.

Die Arsenale und Waffenfabriken sollten -- das war der Hauptzweck dieses
Baues -- auf einem gegen den Angriff der Bevölkerung leicht zu vertheidigen¬
den Platze angelegt werden, und da man ohnedies eine Zwingburg bauen
wollte, so lag eine Vereinigung dieser Idee mit jener nahe. Man fand auf
den ziemlich erhöht gelegenen Feldern über der Bclvedürclinie neben der Süd¬
bahn die passendste Stelle. Das Gebäude sollte Zeughaus, Waffenfabrik, Ka¬
serne und Citadelle zugleich sein, dabei aber mit dem höchsten Prunk ausge¬
stattet werden, um -- wie gewisse Patrioten sich ausdrückten -- "ein ewiges
Wahrzeichen der k. k. Armee und ein Denkmal an die glorreiche Bekämpfung
der Hydra der Revolution zu bilden".

Die Mittel, welche man hierzu aufwendete, hatten -- wenn die dabei Be¬
theiligten mehr Erfahrung, Geschmack und Redlichkeit besessen hätten -- zur
Errichtung eines weit großartigeren und zweckmäßigeren Gebäudes hingereicht.
Man spricht von zwölf Millionen, welche verwendet wurden. Diese Angabe
ist absurd. Die doppelte Summe würde kaum ausreichen, um nur die un¬
mittelbaren, d. h. für den Bau selbst gemachten Ausgaben zu bezeichnen. Und
Wer berechnet die indirecten Auslagen, welche durch die Besoldung der bei dem
Bau beschäftigten Offiziere und Soldaten, durch die bis zur gänzlichen Be¬
endigung des Arsenalbaues erforderlich gewesenen Jnterimsbauten und auf an¬
dere Weise erwuchsen? Und mit alledem wurde nur Ungenügendes geschaffen.
Der ursprünglich gutgeheißene Plan erhielt nachträglich von verschiedener Seite
störende Zusätze und Veränderungen, so daß man neben wirklich schönen For¬
men das widersinnigste Flickwerk, neben verschwenderischer Pracht Spuren arm¬
seliger Knickerei findet. So ist das Museum weitaus der prachtvollste und
Zierlichste Theil des Arsenals. Die Zinnen dieses Gebäudes sollten mit kolossalen
Trophäen aus feinem Sandstein oder aus Marmor geschmückt werden und schon
hatte man hierüber mit einigen Bildhauern unterhandelt. Die dafür gefor¬
derte Summe aber erschien zu hoch, man wollte jetzt, nachdem das ganze Ge¬
bäude beinahe vollendet war, zu sparen anfangen und ließ diese Figuren aus
Thon verfertigen. Zu den erst später verfügten Aenderungen gehörte die Um¬
wandlung des projectirten, Spitales in eine luxuriös gebaute Kaserne für Offi¬
ziere und Militärbeamte -- eine den über dem Ganzen schwebenden Geist sehr
bezeichnende Umwandlung. Die Magazine sind zum Theil finster und feucht,
die Werkstätten genügen dem Bedarf für Kriegsfälle nicht, und bei aller Weit¬
läufigkeit des Ganzen fehlt es an Platz für etwa nöthig werdende Zubauten.

Noch übler steht es mit der fortisicatorischen Wichtigkeit des Arsenals aus.


desselben Offiziers, der beiläufig manchem als ein besonders gelehrter Militär
galt, der aber bekanntlich staunenerregende Proben von Unkenntnis; im Artillerie-
und Geniefache geliefert hat, sowie aus Betrieb des damals bereits alters¬
schwachen Generals Augustin wurde der Bau des Arsenals begonnen.

Die Arsenale und Waffenfabriken sollten — das war der Hauptzweck dieses
Baues — auf einem gegen den Angriff der Bevölkerung leicht zu vertheidigen¬
den Platze angelegt werden, und da man ohnedies eine Zwingburg bauen
wollte, so lag eine Vereinigung dieser Idee mit jener nahe. Man fand auf
den ziemlich erhöht gelegenen Feldern über der Bclvedürclinie neben der Süd¬
bahn die passendste Stelle. Das Gebäude sollte Zeughaus, Waffenfabrik, Ka¬
serne und Citadelle zugleich sein, dabei aber mit dem höchsten Prunk ausge¬
stattet werden, um — wie gewisse Patrioten sich ausdrückten — „ein ewiges
Wahrzeichen der k. k. Armee und ein Denkmal an die glorreiche Bekämpfung
der Hydra der Revolution zu bilden".

Die Mittel, welche man hierzu aufwendete, hatten — wenn die dabei Be¬
theiligten mehr Erfahrung, Geschmack und Redlichkeit besessen hätten — zur
Errichtung eines weit großartigeren und zweckmäßigeren Gebäudes hingereicht.
Man spricht von zwölf Millionen, welche verwendet wurden. Diese Angabe
ist absurd. Die doppelte Summe würde kaum ausreichen, um nur die un¬
mittelbaren, d. h. für den Bau selbst gemachten Ausgaben zu bezeichnen. Und
Wer berechnet die indirecten Auslagen, welche durch die Besoldung der bei dem
Bau beschäftigten Offiziere und Soldaten, durch die bis zur gänzlichen Be¬
endigung des Arsenalbaues erforderlich gewesenen Jnterimsbauten und auf an¬
dere Weise erwuchsen? Und mit alledem wurde nur Ungenügendes geschaffen.
Der ursprünglich gutgeheißene Plan erhielt nachträglich von verschiedener Seite
störende Zusätze und Veränderungen, so daß man neben wirklich schönen For¬
men das widersinnigste Flickwerk, neben verschwenderischer Pracht Spuren arm¬
seliger Knickerei findet. So ist das Museum weitaus der prachtvollste und
Zierlichste Theil des Arsenals. Die Zinnen dieses Gebäudes sollten mit kolossalen
Trophäen aus feinem Sandstein oder aus Marmor geschmückt werden und schon
hatte man hierüber mit einigen Bildhauern unterhandelt. Die dafür gefor¬
derte Summe aber erschien zu hoch, man wollte jetzt, nachdem das ganze Ge¬
bäude beinahe vollendet war, zu sparen anfangen und ließ diese Figuren aus
Thon verfertigen. Zu den erst später verfügten Aenderungen gehörte die Um¬
wandlung des projectirten, Spitales in eine luxuriös gebaute Kaserne für Offi¬
ziere und Militärbeamte — eine den über dem Ganzen schwebenden Geist sehr
bezeichnende Umwandlung. Die Magazine sind zum Theil finster und feucht,
die Werkstätten genügen dem Bedarf für Kriegsfälle nicht, und bei aller Weit¬
läufigkeit des Ganzen fehlt es an Platz für etwa nöthig werdende Zubauten.

Noch übler steht es mit der fortisicatorischen Wichtigkeit des Arsenals aus.


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[0289] desselben Offiziers, der beiläufig manchem als ein besonders gelehrter Militär galt, der aber bekanntlich staunenerregende Proben von Unkenntnis; im Artillerie- und Geniefache geliefert hat, sowie aus Betrieb des damals bereits alters¬ schwachen Generals Augustin wurde der Bau des Arsenals begonnen. Die Arsenale und Waffenfabriken sollten — das war der Hauptzweck dieses Baues — auf einem gegen den Angriff der Bevölkerung leicht zu vertheidigen¬ den Platze angelegt werden, und da man ohnedies eine Zwingburg bauen wollte, so lag eine Vereinigung dieser Idee mit jener nahe. Man fand auf den ziemlich erhöht gelegenen Feldern über der Bclvedürclinie neben der Süd¬ bahn die passendste Stelle. Das Gebäude sollte Zeughaus, Waffenfabrik, Ka¬ serne und Citadelle zugleich sein, dabei aber mit dem höchsten Prunk ausge¬ stattet werden, um — wie gewisse Patrioten sich ausdrückten — „ein ewiges Wahrzeichen der k. k. Armee und ein Denkmal an die glorreiche Bekämpfung der Hydra der Revolution zu bilden". Die Mittel, welche man hierzu aufwendete, hatten — wenn die dabei Be¬ theiligten mehr Erfahrung, Geschmack und Redlichkeit besessen hätten — zur Errichtung eines weit großartigeren und zweckmäßigeren Gebäudes hingereicht. Man spricht von zwölf Millionen, welche verwendet wurden. Diese Angabe ist absurd. Die doppelte Summe würde kaum ausreichen, um nur die un¬ mittelbaren, d. h. für den Bau selbst gemachten Ausgaben zu bezeichnen. Und Wer berechnet die indirecten Auslagen, welche durch die Besoldung der bei dem Bau beschäftigten Offiziere und Soldaten, durch die bis zur gänzlichen Be¬ endigung des Arsenalbaues erforderlich gewesenen Jnterimsbauten und auf an¬ dere Weise erwuchsen? Und mit alledem wurde nur Ungenügendes geschaffen. Der ursprünglich gutgeheißene Plan erhielt nachträglich von verschiedener Seite störende Zusätze und Veränderungen, so daß man neben wirklich schönen For¬ men das widersinnigste Flickwerk, neben verschwenderischer Pracht Spuren arm¬ seliger Knickerei findet. So ist das Museum weitaus der prachtvollste und Zierlichste Theil des Arsenals. Die Zinnen dieses Gebäudes sollten mit kolossalen Trophäen aus feinem Sandstein oder aus Marmor geschmückt werden und schon hatte man hierüber mit einigen Bildhauern unterhandelt. Die dafür gefor¬ derte Summe aber erschien zu hoch, man wollte jetzt, nachdem das ganze Ge¬ bäude beinahe vollendet war, zu sparen anfangen und ließ diese Figuren aus Thon verfertigen. Zu den erst später verfügten Aenderungen gehörte die Um¬ wandlung des projectirten, Spitales in eine luxuriös gebaute Kaserne für Offi¬ ziere und Militärbeamte — eine den über dem Ganzen schwebenden Geist sehr bezeichnende Umwandlung. Die Magazine sind zum Theil finster und feucht, die Werkstätten genügen dem Bedarf für Kriegsfälle nicht, und bei aller Weit¬ läufigkeit des Ganzen fehlt es an Platz für etwa nöthig werdende Zubauten. Noch übler steht es mit der fortisicatorischen Wichtigkeit des Arsenals aus.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/289>, abgerufen am 15.01.2025.