Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.iisdem für die Schwurgerichtsbezirke fest, und zwar auf Grund seiner eigenen Personal¬ Der neue Entwurf beeinträchtigt, wie gezeigt, gerade die beiden an die Spitze iisdem für die Schwurgerichtsbezirke fest, und zwar auf Grund seiner eigenen Personal¬ Der neue Entwurf beeinträchtigt, wie gezeigt, gerade die beiden an die Spitze <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0028" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283381"/> <p xml:id="ID_62" prev="#ID_61"> iisdem für die Schwurgerichtsbezirke fest, und zwar auf Grund seiner eigenen Personal¬<lb/> kenntniß und der Vormerke des Landraths, also wieder eines Verwaltungs-<lb/> beamten, oder des Magistrats. Der Chefpräsident des Appellationsgerichts ist<lb/> allerdings Richter, doch bekanntlich heute mit sehr wenigen Ausnahmen hochcon-<lb/> servativ. Derselbe wird allerdings die Personen der Urliste zum kleinsten Theile<lb/> kennen, dafür liegen dann die Vormerke des Landraths vor ihm. Nun erhält<lb/> er dazu noch die des betreffenden Gerichtsdirectors oder Präsidenten und die<lb/> des Oberstaatsanwalts; die des ersteren stehen keineswegs, wie die neuen Motive<lb/> uns weiß machen wollen, denen des oben erwähnten heutigen Gesetzes gleich.<lb/> Denn heute bestehen daneben, wie gezeigt, keine Bemerkungen eines Landraths<lb/> oder sonst einer Verwaltungsbehörde, im neuen Entwürfe aber gesellen sich dazu<lb/> außer den Notizen des Landraths noch die des Oberstaatsanwalts; nach heutigem<lb/> Rechte ferner giebt das Gericht seine Bemerkungen zur vollen Urliste, und daraus<lb/> entwickelt sich dann die Dienstliste, nach dem Entwurf aber wird die schon<lb/> fertige Dienstliste erst den Gerichtsdirectoren übersandt. Und nun die Be¬<lb/> merkungen des Oberstaatsanwalts. Er ist recht eigentlich Partei in den Processen,<lb/> zu denen er sich jetzt das Schwurgericht selbst aussuchen soll; er hat die An¬<lb/> klagen gefertigt, er weiß, welche Sachen vorkommen, welche Gesichtspunkte,<lb/> welche Parteistellungen dabei maßgebend sein werden, seine Beamten erster<lb/> Instanz, ja wohl gar er selbst fungiren vor dem von ihm ausgesuchten Schwur¬<lb/> gerichte als Ankläger, endlich — er ist Verwaltungsbeamter und steht unmittel¬<lb/> bar unter dem Justizminister, „dessen Anweisungen er nachzukommen hat", und<lb/> ihm. der an sich schon die ganze Legion der ländlichen und städtischen Polizei-<lb/> und Verwaltungsbeamten an der Leine hat, giebt hier das Gesetz noch unbe¬<lb/> schränkt die Wahl der Mittel anheim, sich die erforderliche Kenntniß von der<lb/> Qualifikation der eingelisteten Personen zu verschaffen. Müssen nicht seine<lb/> und des Landraths voraussichtlich übereinstimmende Vormerke (der Oberstaats¬<lb/> anwalt wird oft den Landrath selbst wieder über die Qualification befragen,<lb/> dessen Vormerke doch selbständig gelten sollen) als diejenigen einer gleichgeord¬<lb/> neten Behörde weitaus die Notizen der dem Appellationsgerichte untergebenen<lb/> Gerichtsdirectoren und Präsidenten erster Instanz an Wirkung übertreffen? Nein!<lb/> Wir danken für das auffallend liberale Geschenk des feudalen Herrn Justiz-<lb/> ministers und seines streng conservativen Herrn v. Schilling, wir behalten<lb/> lieber trotz aller gerügten Mängel unsere heutigen Vorschriften von der Bildung<lb/> der Schwurgerichte, mögen darin Landrath und Regierungspräsident auch noch<lb/> so sehr für die Partei der Regierung wirken. Zumal so lange unser A und O<lb/> nicht existirt, so lange die Schwurgerichte nicht über die politischen Preßver¬<lb/> gehen und Verbrechen richten, wird der Einfluß jener Behörden nicht zu schädlich<lb/> wirken.</p><lb/> <p xml:id="ID_63" next="#ID_64"> Der neue Entwurf beeinträchtigt, wie gezeigt, gerade die beiden an die Spitze</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0028]
iisdem für die Schwurgerichtsbezirke fest, und zwar auf Grund seiner eigenen Personal¬
kenntniß und der Vormerke des Landraths, also wieder eines Verwaltungs-
beamten, oder des Magistrats. Der Chefpräsident des Appellationsgerichts ist
allerdings Richter, doch bekanntlich heute mit sehr wenigen Ausnahmen hochcon-
servativ. Derselbe wird allerdings die Personen der Urliste zum kleinsten Theile
kennen, dafür liegen dann die Vormerke des Landraths vor ihm. Nun erhält
er dazu noch die des betreffenden Gerichtsdirectors oder Präsidenten und die
des Oberstaatsanwalts; die des ersteren stehen keineswegs, wie die neuen Motive
uns weiß machen wollen, denen des oben erwähnten heutigen Gesetzes gleich.
Denn heute bestehen daneben, wie gezeigt, keine Bemerkungen eines Landraths
oder sonst einer Verwaltungsbehörde, im neuen Entwürfe aber gesellen sich dazu
außer den Notizen des Landraths noch die des Oberstaatsanwalts; nach heutigem
Rechte ferner giebt das Gericht seine Bemerkungen zur vollen Urliste, und daraus
entwickelt sich dann die Dienstliste, nach dem Entwurf aber wird die schon
fertige Dienstliste erst den Gerichtsdirectoren übersandt. Und nun die Be¬
merkungen des Oberstaatsanwalts. Er ist recht eigentlich Partei in den Processen,
zu denen er sich jetzt das Schwurgericht selbst aussuchen soll; er hat die An¬
klagen gefertigt, er weiß, welche Sachen vorkommen, welche Gesichtspunkte,
welche Parteistellungen dabei maßgebend sein werden, seine Beamten erster
Instanz, ja wohl gar er selbst fungiren vor dem von ihm ausgesuchten Schwur¬
gerichte als Ankläger, endlich — er ist Verwaltungsbeamter und steht unmittel¬
bar unter dem Justizminister, „dessen Anweisungen er nachzukommen hat", und
ihm. der an sich schon die ganze Legion der ländlichen und städtischen Polizei-
und Verwaltungsbeamten an der Leine hat, giebt hier das Gesetz noch unbe¬
schränkt die Wahl der Mittel anheim, sich die erforderliche Kenntniß von der
Qualifikation der eingelisteten Personen zu verschaffen. Müssen nicht seine
und des Landraths voraussichtlich übereinstimmende Vormerke (der Oberstaats¬
anwalt wird oft den Landrath selbst wieder über die Qualification befragen,
dessen Vormerke doch selbständig gelten sollen) als diejenigen einer gleichgeord¬
neten Behörde weitaus die Notizen der dem Appellationsgerichte untergebenen
Gerichtsdirectoren und Präsidenten erster Instanz an Wirkung übertreffen? Nein!
Wir danken für das auffallend liberale Geschenk des feudalen Herrn Justiz-
ministers und seines streng conservativen Herrn v. Schilling, wir behalten
lieber trotz aller gerügten Mängel unsere heutigen Vorschriften von der Bildung
der Schwurgerichte, mögen darin Landrath und Regierungspräsident auch noch
so sehr für die Partei der Regierung wirken. Zumal so lange unser A und O
nicht existirt, so lange die Schwurgerichte nicht über die politischen Preßver¬
gehen und Verbrechen richten, wird der Einfluß jener Behörden nicht zu schädlich
wirken.
Der neue Entwurf beeinträchtigt, wie gezeigt, gerade die beiden an die Spitze
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