Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Wissenschaft möglichst angespannt werben, und daß diese nicht trügen, hat sich
in Frankreich wie in Deutschland hinreichend und in verschiedenen Richtungen
erprobt." Freilich "würde man irren, wenn man annehmen wollte, technische
Bildung werde in England gering geschätzt, oder es fehle dort gänzlich an
wissenschaftlich gebildeten Technikern. Der Engländer mißachtet in industriellen
Dingen nur eine sich übersehende, sich selbst genügende Theorie und das mit
Recht." Er greift gern nach theoretischer Belehrung, und es giebt unter den
englischen Technikern Männer von gründlichster Fachbildung, die sie sich entweder
im Ausland oder durch Privatstudien daheim erworben haben. Allerdings aber
ist diese Bildung, eben aus Mangel an Schulen, in England seltener wie in
Frankreich und Deutschland."

Die oben angeführte londoner Bergakademie ("Aoverlunöut Lelrool ok Nimes)
entstand auf Grund der Einsicht, daß die lässige Wirthschaft im Bergwesen
trotz des Ueberflusses an Kohle und Metallen doch zuletzt üble Folgen haben
werde. 1835 wurde aus Anregung des Geognosten de la Beche das Museum
für praktische Geologie in London begründet, später wünschte de la Beche mit
dieser Sammlung eine von Staatswegen unterstützte Lehranstalt zur Heran-
bildung von tüchtigen Montanisten verbunden zu sehen, und die Regierung
ging darauf ein, fand aber ursprünglich Schwierigkeiten im Parlament, sodaß
die Anstalt erst 1851 zu Stande kam. Die dann angeregte Erweiterung der¬
selben zu einer polytechnischen Schule mit Staatsunterstützung war beim Par¬
lament nicht durchzusetzen; es wurde nicht mehr erreicht, als daß man mit ihr
eine Bildungsanstalt für praktische Chemiker verband. Die Bergbauschule hat
einen dreijährigen Cursus, in welchem Chemie. Metallurgie, Physik, Mineralogie
und Geognosie, angewandte Mechanik, Maschinenzeichnen, Bergbau und Hütten¬
kunde gelehrt werden. 1862 zählte die Anstalt gegen anderthalbhundert Schüler,
darunter jedoch nur 40 ordentliche, die übrigen hörten nur eine Auswahl aus
den Vorträgen der drei Jahrgänge. Ein ordentlicher Schüler zahlt ein Honorar
von 30 Pfund Se. für das Jahr, außerdem für dreimonatliche Uebung im
chemischen Laboratorium 12, im metallurgischen 15 Pfund Se. Am Schlüsse
jeden Jahres haben die ordentlichen Schüler eine Prüfung zu bestehen.

Für Architekten werden an dem I^näori Universit^ LolleZs Vorlesungen
gehalten, die indeß mehr die künstlerische als die constructive Seite des Faches
im Auge haben. Für Ingenieure besteht am Kings College eine besondere
Abtheilung, die jedoch keine eigentliche Fachschule ist; denn in dem auf drei
Jahre berechneten Lehrplane kommt Bauconstructionslehre nur während des
zweiten Jahres und blos mit zwei Stunden die Woche, Weg-, Wasser- und
Brückenbau nur während des dritten und ebenfalls blos mit zwei Stunden
Wöchentlich, Maschinenlehre nur mit vier Stunden ein Jahr hindurch vor. Die


Wissenschaft möglichst angespannt werben, und daß diese nicht trügen, hat sich
in Frankreich wie in Deutschland hinreichend und in verschiedenen Richtungen
erprobt." Freilich „würde man irren, wenn man annehmen wollte, technische
Bildung werde in England gering geschätzt, oder es fehle dort gänzlich an
wissenschaftlich gebildeten Technikern. Der Engländer mißachtet in industriellen
Dingen nur eine sich übersehende, sich selbst genügende Theorie und das mit
Recht." Er greift gern nach theoretischer Belehrung, und es giebt unter den
englischen Technikern Männer von gründlichster Fachbildung, die sie sich entweder
im Ausland oder durch Privatstudien daheim erworben haben. Allerdings aber
ist diese Bildung, eben aus Mangel an Schulen, in England seltener wie in
Frankreich und Deutschland."

Die oben angeführte londoner Bergakademie («Aoverlunöut Lelrool ok Nimes)
entstand auf Grund der Einsicht, daß die lässige Wirthschaft im Bergwesen
trotz des Ueberflusses an Kohle und Metallen doch zuletzt üble Folgen haben
werde. 1835 wurde aus Anregung des Geognosten de la Beche das Museum
für praktische Geologie in London begründet, später wünschte de la Beche mit
dieser Sammlung eine von Staatswegen unterstützte Lehranstalt zur Heran-
bildung von tüchtigen Montanisten verbunden zu sehen, und die Regierung
ging darauf ein, fand aber ursprünglich Schwierigkeiten im Parlament, sodaß
die Anstalt erst 1851 zu Stande kam. Die dann angeregte Erweiterung der¬
selben zu einer polytechnischen Schule mit Staatsunterstützung war beim Par¬
lament nicht durchzusetzen; es wurde nicht mehr erreicht, als daß man mit ihr
eine Bildungsanstalt für praktische Chemiker verband. Die Bergbauschule hat
einen dreijährigen Cursus, in welchem Chemie. Metallurgie, Physik, Mineralogie
und Geognosie, angewandte Mechanik, Maschinenzeichnen, Bergbau und Hütten¬
kunde gelehrt werden. 1862 zählte die Anstalt gegen anderthalbhundert Schüler,
darunter jedoch nur 40 ordentliche, die übrigen hörten nur eine Auswahl aus
den Vorträgen der drei Jahrgänge. Ein ordentlicher Schüler zahlt ein Honorar
von 30 Pfund Se. für das Jahr, außerdem für dreimonatliche Uebung im
chemischen Laboratorium 12, im metallurgischen 15 Pfund Se. Am Schlüsse
jeden Jahres haben die ordentlichen Schüler eine Prüfung zu bestehen.

Für Architekten werden an dem I^näori Universit^ LolleZs Vorlesungen
gehalten, die indeß mehr die künstlerische als die constructive Seite des Faches
im Auge haben. Für Ingenieure besteht am Kings College eine besondere
Abtheilung, die jedoch keine eigentliche Fachschule ist; denn in dem auf drei
Jahre berechneten Lehrplane kommt Bauconstructionslehre nur während des
zweiten Jahres und blos mit zwei Stunden die Woche, Weg-, Wasser- und
Brückenbau nur während des dritten und ebenfalls blos mit zwei Stunden
Wöchentlich, Maschinenlehre nur mit vier Stunden ein Jahr hindurch vor. Die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0546" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283343"/>
          <p xml:id="ID_1724" prev="#ID_1723"> Wissenschaft möglichst angespannt werben, und daß diese nicht trügen, hat sich<lb/>
in Frankreich wie in Deutschland hinreichend und in verschiedenen Richtungen<lb/>
erprobt." Freilich &#x201E;würde man irren, wenn man annehmen wollte, technische<lb/>
Bildung werde in England gering geschätzt, oder es fehle dort gänzlich an<lb/>
wissenschaftlich gebildeten Technikern. Der Engländer mißachtet in industriellen<lb/>
Dingen nur eine sich übersehende, sich selbst genügende Theorie und das mit<lb/>
Recht." Er greift gern nach theoretischer Belehrung, und es giebt unter den<lb/>
englischen Technikern Männer von gründlichster Fachbildung, die sie sich entweder<lb/>
im Ausland oder durch Privatstudien daheim erworben haben. Allerdings aber<lb/>
ist diese Bildung, eben aus Mangel an Schulen, in England seltener wie in<lb/>
Frankreich und Deutschland."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1725"> Die oben angeführte londoner Bergakademie («Aoverlunöut Lelrool ok Nimes)<lb/>
entstand auf Grund der Einsicht, daß die lässige Wirthschaft im Bergwesen<lb/>
trotz des Ueberflusses an Kohle und Metallen doch zuletzt üble Folgen haben<lb/>
werde. 1835 wurde aus Anregung des Geognosten de la Beche das Museum<lb/>
für praktische Geologie in London begründet, später wünschte de la Beche mit<lb/>
dieser Sammlung eine von Staatswegen unterstützte Lehranstalt zur Heran-<lb/>
bildung von tüchtigen Montanisten verbunden zu sehen, und die Regierung<lb/>
ging darauf ein, fand aber ursprünglich Schwierigkeiten im Parlament, sodaß<lb/>
die Anstalt erst 1851 zu Stande kam. Die dann angeregte Erweiterung der¬<lb/>
selben zu einer polytechnischen Schule mit Staatsunterstützung war beim Par¬<lb/>
lament nicht durchzusetzen; es wurde nicht mehr erreicht, als daß man mit ihr<lb/>
eine Bildungsanstalt für praktische Chemiker verband. Die Bergbauschule hat<lb/>
einen dreijährigen Cursus, in welchem Chemie. Metallurgie, Physik, Mineralogie<lb/>
und Geognosie, angewandte Mechanik, Maschinenzeichnen, Bergbau und Hütten¬<lb/>
kunde gelehrt werden. 1862 zählte die Anstalt gegen anderthalbhundert Schüler,<lb/>
darunter jedoch nur 40 ordentliche, die übrigen hörten nur eine Auswahl aus<lb/>
den Vorträgen der drei Jahrgänge. Ein ordentlicher Schüler zahlt ein Honorar<lb/>
von 30 Pfund Se. für das Jahr, außerdem für dreimonatliche Uebung im<lb/>
chemischen Laboratorium 12, im metallurgischen 15 Pfund Se. Am Schlüsse<lb/>
jeden Jahres haben die ordentlichen Schüler eine Prüfung zu bestehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1726" next="#ID_1727"> Für Architekten werden an dem I^näori Universit^ LolleZs Vorlesungen<lb/>
gehalten, die indeß mehr die künstlerische als die constructive Seite des Faches<lb/>
im Auge haben. Für Ingenieure besteht am Kings College eine besondere<lb/>
Abtheilung, die jedoch keine eigentliche Fachschule ist; denn in dem auf drei<lb/>
Jahre berechneten Lehrplane kommt Bauconstructionslehre nur während des<lb/>
zweiten Jahres und blos mit zwei Stunden die Woche, Weg-, Wasser- und<lb/>
Brückenbau nur während des dritten und ebenfalls blos mit zwei Stunden<lb/>
Wöchentlich, Maschinenlehre nur mit vier Stunden ein Jahr hindurch vor. Die</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0546] Wissenschaft möglichst angespannt werben, und daß diese nicht trügen, hat sich in Frankreich wie in Deutschland hinreichend und in verschiedenen Richtungen erprobt." Freilich „würde man irren, wenn man annehmen wollte, technische Bildung werde in England gering geschätzt, oder es fehle dort gänzlich an wissenschaftlich gebildeten Technikern. Der Engländer mißachtet in industriellen Dingen nur eine sich übersehende, sich selbst genügende Theorie und das mit Recht." Er greift gern nach theoretischer Belehrung, und es giebt unter den englischen Technikern Männer von gründlichster Fachbildung, die sie sich entweder im Ausland oder durch Privatstudien daheim erworben haben. Allerdings aber ist diese Bildung, eben aus Mangel an Schulen, in England seltener wie in Frankreich und Deutschland." Die oben angeführte londoner Bergakademie («Aoverlunöut Lelrool ok Nimes) entstand auf Grund der Einsicht, daß die lässige Wirthschaft im Bergwesen trotz des Ueberflusses an Kohle und Metallen doch zuletzt üble Folgen haben werde. 1835 wurde aus Anregung des Geognosten de la Beche das Museum für praktische Geologie in London begründet, später wünschte de la Beche mit dieser Sammlung eine von Staatswegen unterstützte Lehranstalt zur Heran- bildung von tüchtigen Montanisten verbunden zu sehen, und die Regierung ging darauf ein, fand aber ursprünglich Schwierigkeiten im Parlament, sodaß die Anstalt erst 1851 zu Stande kam. Die dann angeregte Erweiterung der¬ selben zu einer polytechnischen Schule mit Staatsunterstützung war beim Par¬ lament nicht durchzusetzen; es wurde nicht mehr erreicht, als daß man mit ihr eine Bildungsanstalt für praktische Chemiker verband. Die Bergbauschule hat einen dreijährigen Cursus, in welchem Chemie. Metallurgie, Physik, Mineralogie und Geognosie, angewandte Mechanik, Maschinenzeichnen, Bergbau und Hütten¬ kunde gelehrt werden. 1862 zählte die Anstalt gegen anderthalbhundert Schüler, darunter jedoch nur 40 ordentliche, die übrigen hörten nur eine Auswahl aus den Vorträgen der drei Jahrgänge. Ein ordentlicher Schüler zahlt ein Honorar von 30 Pfund Se. für das Jahr, außerdem für dreimonatliche Uebung im chemischen Laboratorium 12, im metallurgischen 15 Pfund Se. Am Schlüsse jeden Jahres haben die ordentlichen Schüler eine Prüfung zu bestehen. Für Architekten werden an dem I^näori Universit^ LolleZs Vorlesungen gehalten, die indeß mehr die künstlerische als die constructive Seite des Faches im Auge haben. Für Ingenieure besteht am Kings College eine besondere Abtheilung, die jedoch keine eigentliche Fachschule ist; denn in dem auf drei Jahre berechneten Lehrplane kommt Bauconstructionslehre nur während des zweiten Jahres und blos mit zwei Stunden die Woche, Weg-, Wasser- und Brückenbau nur während des dritten und ebenfalls blos mit zwei Stunden Wöchentlich, Maschinenlehre nur mit vier Stunden ein Jahr hindurch vor. Die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/546
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/546>, abgerufen am 29.06.2024.