Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

übrigen Lehrgegenstände sind: reine Mathematik, descriptive Geometrie, Geodäsie,
geometrisches Zeichnen, Mechanik, Physik. Chemie. Mineralogie und Geognosie.
mechanische und chemische Technologie. Man sieht hieraus, daß diese Anstalt
mehr auf Vorbildung, auf Einführung in die Hilfswissenschaften des Ingenieurs
gerichtet ist. und daß sie nicht blos Ingenieuren dienen will, sondern Technikern
überhaupt. Die durch sie gebotene Gelegenheit, sich nach verschiedenen Seiten
hin auszubilden, wird nicht so benutzt, als sie verdiente, woran vielleicht das
hohe Schulgeld -- 40 Pfund Se. jährlich -- zum Theil schuld ist: die In.
genieurabtheilung hat gewöhnlich nicht mehr als 30 bis 40 Zöglinge. Jähr¬
liche Prüfungen sind auch hier eingeführt.

Zum Schluß noch einige Notizen über eine Anstalt, die in England einzig
dasteht. 1853 geschah es. daß der Professor Maurice, Lehrer der Theologie an
Kings College in London von dem Curatorium abgesetzt wurde, weil er in seinen
damals erschienenen "Ineologieal Lss^s" sich über einige Dogmen der Hoch,
kirche in ketzerischer Weise zu äußern gewagt hatte. Maurice. der bedeutendste
Vertreter dessen, was England überhaupt an wissenschaftlicher Theologie besitzt,
aber gerade deshalb dem orthodoxen Kretinismus der staatskirchlichen Reverends
verhaßt, widmete sich nun einer großen kirchengeschichtlichen Arbeit und nahm
daneben seine früheren Bemühungen um die Hebung des Arbeiterstandes mit
gesteigertem Eifer wieder auf. Namentlich trachtete er, während er sich bisher
mehr mit Verbesserung der äußern Lage des Arbeiters beschäftigt, jetzt nach
neuen Mitteln. demselben eine intellectuelle, sittlich-religiöse und selbst ästhetische
Ausbildung zu ermöglichen. Er entwarf den Plan zu dem ""WorKinZ meo's
vollLAe", fand uneigennützige Unterstützung bei den Professoren der London
University und andern Lehrern von londoner Unterrichtsanstalten und konnte
so schon 18S4 seine "Arbeiter.Hochschule" eröffnen. Unterrichtsgegenstände
an derselben sind: Religion, Latein und römische Geschichte, Griechisch, Französisch,
Deutsch. Holländisch, Italienisch. Spanisch. Englisch, Geschichte, Mathematik,
Rechnen, Handelslehre und Buchführung, Volkswirthschaftslehre. Zeichnen.
Chemie, Mechanik. Physiologie. Botanik, Experimentalphysik. Zoologie, Ge¬
ologie. Bergbau, Mikroskop, Psychologie, Musik und Gesang. Der Unterricht
findet Abends von 8 bis 10 Uhr statt. Der Eintretende muß mindestens
16 Jahre alt sein. Für die unterste Classe wird von dem Eintretenden nur
verlangt, daß er lesen und schreiben könne. Das eigentliche College aber geht
nicht blos in der Mannigfaltigkeit der Lehrfächer, sondern auch in Behandlung
und Umfang der einzelnen weit über alle ähnlichen Arbeiterschulen lMedg.ille's
Institutions) hinaus, sodaß die Bezeichnung der Anstalt als einer "Hochschule
für Arbeiter" sich rechtfertigt. In der That können die Zöglinge derselben,
wenn sie günstige Zeugnisse über den Erfolg ihrer Studien am College sich


übrigen Lehrgegenstände sind: reine Mathematik, descriptive Geometrie, Geodäsie,
geometrisches Zeichnen, Mechanik, Physik. Chemie. Mineralogie und Geognosie.
mechanische und chemische Technologie. Man sieht hieraus, daß diese Anstalt
mehr auf Vorbildung, auf Einführung in die Hilfswissenschaften des Ingenieurs
gerichtet ist. und daß sie nicht blos Ingenieuren dienen will, sondern Technikern
überhaupt. Die durch sie gebotene Gelegenheit, sich nach verschiedenen Seiten
hin auszubilden, wird nicht so benutzt, als sie verdiente, woran vielleicht das
hohe Schulgeld — 40 Pfund Se. jährlich — zum Theil schuld ist: die In.
genieurabtheilung hat gewöhnlich nicht mehr als 30 bis 40 Zöglinge. Jähr¬
liche Prüfungen sind auch hier eingeführt.

Zum Schluß noch einige Notizen über eine Anstalt, die in England einzig
dasteht. 1853 geschah es. daß der Professor Maurice, Lehrer der Theologie an
Kings College in London von dem Curatorium abgesetzt wurde, weil er in seinen
damals erschienenen „Ineologieal Lss^s" sich über einige Dogmen der Hoch,
kirche in ketzerischer Weise zu äußern gewagt hatte. Maurice. der bedeutendste
Vertreter dessen, was England überhaupt an wissenschaftlicher Theologie besitzt,
aber gerade deshalb dem orthodoxen Kretinismus der staatskirchlichen Reverends
verhaßt, widmete sich nun einer großen kirchengeschichtlichen Arbeit und nahm
daneben seine früheren Bemühungen um die Hebung des Arbeiterstandes mit
gesteigertem Eifer wieder auf. Namentlich trachtete er, während er sich bisher
mehr mit Verbesserung der äußern Lage des Arbeiters beschäftigt, jetzt nach
neuen Mitteln. demselben eine intellectuelle, sittlich-religiöse und selbst ästhetische
Ausbildung zu ermöglichen. Er entwarf den Plan zu dem „"WorKinZ meo's
vollLAe", fand uneigennützige Unterstützung bei den Professoren der London
University und andern Lehrern von londoner Unterrichtsanstalten und konnte
so schon 18S4 seine „Arbeiter.Hochschule" eröffnen. Unterrichtsgegenstände
an derselben sind: Religion, Latein und römische Geschichte, Griechisch, Französisch,
Deutsch. Holländisch, Italienisch. Spanisch. Englisch, Geschichte, Mathematik,
Rechnen, Handelslehre und Buchführung, Volkswirthschaftslehre. Zeichnen.
Chemie, Mechanik. Physiologie. Botanik, Experimentalphysik. Zoologie, Ge¬
ologie. Bergbau, Mikroskop, Psychologie, Musik und Gesang. Der Unterricht
findet Abends von 8 bis 10 Uhr statt. Der Eintretende muß mindestens
16 Jahre alt sein. Für die unterste Classe wird von dem Eintretenden nur
verlangt, daß er lesen und schreiben könne. Das eigentliche College aber geht
nicht blos in der Mannigfaltigkeit der Lehrfächer, sondern auch in Behandlung
und Umfang der einzelnen weit über alle ähnlichen Arbeiterschulen lMedg.ille's
Institutions) hinaus, sodaß die Bezeichnung der Anstalt als einer „Hochschule
für Arbeiter" sich rechtfertigt. In der That können die Zöglinge derselben,
wenn sie günstige Zeugnisse über den Erfolg ihrer Studien am College sich


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0547" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283344"/>
          <p xml:id="ID_1727" prev="#ID_1726"> übrigen Lehrgegenstände sind: reine Mathematik, descriptive Geometrie, Geodäsie,<lb/>
geometrisches Zeichnen, Mechanik, Physik. Chemie. Mineralogie und Geognosie.<lb/>
mechanische und chemische Technologie. Man sieht hieraus, daß diese Anstalt<lb/>
mehr auf Vorbildung, auf Einführung in die Hilfswissenschaften des Ingenieurs<lb/>
gerichtet ist. und daß sie nicht blos Ingenieuren dienen will, sondern Technikern<lb/>
überhaupt. Die durch sie gebotene Gelegenheit, sich nach verschiedenen Seiten<lb/>
hin auszubilden, wird nicht so benutzt, als sie verdiente, woran vielleicht das<lb/>
hohe Schulgeld &#x2014; 40 Pfund Se. jährlich &#x2014; zum Theil schuld ist: die In.<lb/>
genieurabtheilung hat gewöhnlich nicht mehr als 30 bis 40 Zöglinge. Jähr¬<lb/>
liche Prüfungen sind auch hier eingeführt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1728" next="#ID_1729"> Zum Schluß noch einige Notizen über eine Anstalt, die in England einzig<lb/>
dasteht. 1853 geschah es. daß der Professor Maurice, Lehrer der Theologie an<lb/>
Kings College in London von dem Curatorium abgesetzt wurde, weil er in seinen<lb/>
damals erschienenen &#x201E;Ineologieal Lss^s" sich über einige Dogmen der Hoch,<lb/>
kirche in ketzerischer Weise zu äußern gewagt hatte. Maurice. der bedeutendste<lb/>
Vertreter dessen, was England überhaupt an wissenschaftlicher Theologie besitzt,<lb/>
aber gerade deshalb dem orthodoxen Kretinismus der staatskirchlichen Reverends<lb/>
verhaßt, widmete sich nun einer großen kirchengeschichtlichen Arbeit und nahm<lb/>
daneben seine früheren Bemühungen um die Hebung des Arbeiterstandes mit<lb/>
gesteigertem Eifer wieder auf. Namentlich trachtete er, während er sich bisher<lb/>
mehr mit Verbesserung der äußern Lage des Arbeiters beschäftigt, jetzt nach<lb/>
neuen Mitteln. demselben eine intellectuelle, sittlich-religiöse und selbst ästhetische<lb/>
Ausbildung zu ermöglichen. Er entwarf den Plan zu dem &#x201E;"WorKinZ meo's<lb/>
vollLAe", fand uneigennützige Unterstützung bei den Professoren der London<lb/>
University und andern Lehrern von londoner Unterrichtsanstalten und konnte<lb/>
so schon 18S4 seine &#x201E;Arbeiter.Hochschule" eröffnen. Unterrichtsgegenstände<lb/>
an derselben sind: Religion, Latein und römische Geschichte, Griechisch, Französisch,<lb/>
Deutsch. Holländisch, Italienisch. Spanisch. Englisch, Geschichte, Mathematik,<lb/>
Rechnen, Handelslehre und Buchführung, Volkswirthschaftslehre. Zeichnen.<lb/>
Chemie, Mechanik. Physiologie. Botanik, Experimentalphysik. Zoologie, Ge¬<lb/>
ologie. Bergbau, Mikroskop, Psychologie, Musik und Gesang. Der Unterricht<lb/>
findet Abends von 8 bis 10 Uhr statt. Der Eintretende muß mindestens<lb/>
16 Jahre alt sein. Für die unterste Classe wird von dem Eintretenden nur<lb/>
verlangt, daß er lesen und schreiben könne. Das eigentliche College aber geht<lb/>
nicht blos in der Mannigfaltigkeit der Lehrfächer, sondern auch in Behandlung<lb/>
und Umfang der einzelnen weit über alle ähnlichen Arbeiterschulen lMedg.ille's<lb/>
Institutions) hinaus, sodaß die Bezeichnung der Anstalt als einer &#x201E;Hochschule<lb/>
für Arbeiter" sich rechtfertigt. In der That können die Zöglinge derselben,<lb/>
wenn sie günstige Zeugnisse über den Erfolg ihrer Studien am College sich</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0547] übrigen Lehrgegenstände sind: reine Mathematik, descriptive Geometrie, Geodäsie, geometrisches Zeichnen, Mechanik, Physik. Chemie. Mineralogie und Geognosie. mechanische und chemische Technologie. Man sieht hieraus, daß diese Anstalt mehr auf Vorbildung, auf Einführung in die Hilfswissenschaften des Ingenieurs gerichtet ist. und daß sie nicht blos Ingenieuren dienen will, sondern Technikern überhaupt. Die durch sie gebotene Gelegenheit, sich nach verschiedenen Seiten hin auszubilden, wird nicht so benutzt, als sie verdiente, woran vielleicht das hohe Schulgeld — 40 Pfund Se. jährlich — zum Theil schuld ist: die In. genieurabtheilung hat gewöhnlich nicht mehr als 30 bis 40 Zöglinge. Jähr¬ liche Prüfungen sind auch hier eingeführt. Zum Schluß noch einige Notizen über eine Anstalt, die in England einzig dasteht. 1853 geschah es. daß der Professor Maurice, Lehrer der Theologie an Kings College in London von dem Curatorium abgesetzt wurde, weil er in seinen damals erschienenen „Ineologieal Lss^s" sich über einige Dogmen der Hoch, kirche in ketzerischer Weise zu äußern gewagt hatte. Maurice. der bedeutendste Vertreter dessen, was England überhaupt an wissenschaftlicher Theologie besitzt, aber gerade deshalb dem orthodoxen Kretinismus der staatskirchlichen Reverends verhaßt, widmete sich nun einer großen kirchengeschichtlichen Arbeit und nahm daneben seine früheren Bemühungen um die Hebung des Arbeiterstandes mit gesteigertem Eifer wieder auf. Namentlich trachtete er, während er sich bisher mehr mit Verbesserung der äußern Lage des Arbeiters beschäftigt, jetzt nach neuen Mitteln. demselben eine intellectuelle, sittlich-religiöse und selbst ästhetische Ausbildung zu ermöglichen. Er entwarf den Plan zu dem „"WorKinZ meo's vollLAe", fand uneigennützige Unterstützung bei den Professoren der London University und andern Lehrern von londoner Unterrichtsanstalten und konnte so schon 18S4 seine „Arbeiter.Hochschule" eröffnen. Unterrichtsgegenstände an derselben sind: Religion, Latein und römische Geschichte, Griechisch, Französisch, Deutsch. Holländisch, Italienisch. Spanisch. Englisch, Geschichte, Mathematik, Rechnen, Handelslehre und Buchführung, Volkswirthschaftslehre. Zeichnen. Chemie, Mechanik. Physiologie. Botanik, Experimentalphysik. Zoologie, Ge¬ ologie. Bergbau, Mikroskop, Psychologie, Musik und Gesang. Der Unterricht findet Abends von 8 bis 10 Uhr statt. Der Eintretende muß mindestens 16 Jahre alt sein. Für die unterste Classe wird von dem Eintretenden nur verlangt, daß er lesen und schreiben könne. Das eigentliche College aber geht nicht blos in der Mannigfaltigkeit der Lehrfächer, sondern auch in Behandlung und Umfang der einzelnen weit über alle ähnlichen Arbeiterschulen lMedg.ille's Institutions) hinaus, sodaß die Bezeichnung der Anstalt als einer „Hochschule für Arbeiter" sich rechtfertigt. In der That können die Zöglinge derselben, wenn sie günstige Zeugnisse über den Erfolg ihrer Studien am College sich

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/547
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/547>, abgerufen am 05.12.2024.