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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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dann kam eine Veränderung; der siegreiche Schwedenkönig Karl der Zehnte er¬
zwang im rothschilder Frieden von Dänemark das Zugeständnis;, daß sein
Schwiegervater Herzog Friedrich von Gvttorp für seinen Antheil am Herzog¬
tum Schleswig von der dänischen Lehnshvheit befreit werden solle. So ge¬
schah es; durch die Urkunde vom 12. Mai 1658 hat der damalige dänische
König Friedrich der Dritte den Herzog Friedrich von Gottorp und seinen männ¬
lichen ehelichen Descendenten die Lehnsempfängniß über Schleswig erlassen und.
so lange deren einer am Leben sein wird, die Souverainetät über" den gottor-
pischen Antheil an diesem Herzogthum eingeräumt. An demselben Tage stellte
König Friedrich der Dritte ein zweites Diplom aus. wodurch er auch sich, selbst
als Herzog von.Schleswig und seine ehemännlichen Nachkommen in derselben
Weise von der Lehnspflicht entbindet und die volle Souveränetät über den
königlichen Antheil am Herzogthum verleiht. Es ist dabei in beiden Urkunden
ausdrücklich ausbedungen, daß "dieses Herzogthum Schleswig großentheils oder
ganz der Krone und Unsern (seil, königlichen) Successoren zum Nachtheil nicht
zu veralieniren, sondern im jetzigen souveränen Stand und seiner Konsistenz,
so lange respective die königliche und die gottorpische Linie im Leben sein wird,
zu lassen sei."

Die Bedeutung dieser Acten von 16S8 ist klar genug: Dänemark hat den
Gottorpern nicht mehr eingeräumt als nothwendig und der andern Linie eben
soviel, aber auch nicht mehr. Das Land Schleswig ist dadurch keineswegs un¬
bedingt und für immer ein souveränes Herzogthum geworden, wie z. B. Hol¬
stein durch die Auflösung des deutschen Reichsverbandes, sondern die dänische
Lehnshoheit wird nur suspendirt, sie soll ruhen, so lange die königliche und die
gottorper Linie regieren; nachher tritt sie wieder in Kraft. -- Vergebens hat
Lornsen (Unionsverfassung Dänemarks und Schleswig-Holsteins, herausgegeben
von Beseler S. 377 u. ff.) versucht, gegen diese Auffassung zu polemisiren.
Waitz (Schleswig-Holsteins Geschichte Bd. II S. 636) gesteht geradezu: "Es
war eine Verleihung an die beiden regierenden Linien; für den Fall, daß sie
erlöschen, war auf das Recht der dänischen Krone zurückzukommen."

Insbesondere hatte die dritte abgetheilte sonderburger Linie kein Recht,
für sich aus den Diplomen von 16S8 Vortheile zu beanspruchen; für sie bestand
die Lehnsqualität Schleswigs fort, und Mitglieder dieses Hauses haben denn
auch 1663 und später noch die Belehnung wie für ihre abgetheilten Herrschaften
so mit der gesammten Hand an dem Herzogthum Schleswig als zu einem "recht
fürstlich altväterlich ererbten Fahnenlehn" erbeten und erhalten. (Vgl. Votum
des königlich bayerischen Bundestagsgesandter v. d. Pfordten. S. 18--19.)

So auffällig und unlogisch der Gegenwart ein solches Verhältniß erschei¬
nen mag, zu jener Zeit war es nichts Ungewöhnliches. Dem Vorgang von
1668 entspricht vollständig, was fast gleichzeitig für Ostpreußen geschehen ist.
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dann kam eine Veränderung; der siegreiche Schwedenkönig Karl der Zehnte er¬
zwang im rothschilder Frieden von Dänemark das Zugeständnis;, daß sein
Schwiegervater Herzog Friedrich von Gvttorp für seinen Antheil am Herzog¬
tum Schleswig von der dänischen Lehnshvheit befreit werden solle. So ge¬
schah es; durch die Urkunde vom 12. Mai 1658 hat der damalige dänische
König Friedrich der Dritte den Herzog Friedrich von Gottorp und seinen männ¬
lichen ehelichen Descendenten die Lehnsempfängniß über Schleswig erlassen und.
so lange deren einer am Leben sein wird, die Souverainetät über" den gottor-
pischen Antheil an diesem Herzogthum eingeräumt. An demselben Tage stellte
König Friedrich der Dritte ein zweites Diplom aus. wodurch er auch sich, selbst
als Herzog von.Schleswig und seine ehemännlichen Nachkommen in derselben
Weise von der Lehnspflicht entbindet und die volle Souveränetät über den
königlichen Antheil am Herzogthum verleiht. Es ist dabei in beiden Urkunden
ausdrücklich ausbedungen, daß „dieses Herzogthum Schleswig großentheils oder
ganz der Krone und Unsern (seil, königlichen) Successoren zum Nachtheil nicht
zu veralieniren, sondern im jetzigen souveränen Stand und seiner Konsistenz,
so lange respective die königliche und die gottorpische Linie im Leben sein wird,
zu lassen sei."

Die Bedeutung dieser Acten von 16S8 ist klar genug: Dänemark hat den
Gottorpern nicht mehr eingeräumt als nothwendig und der andern Linie eben
soviel, aber auch nicht mehr. Das Land Schleswig ist dadurch keineswegs un¬
bedingt und für immer ein souveränes Herzogthum geworden, wie z. B. Hol¬
stein durch die Auflösung des deutschen Reichsverbandes, sondern die dänische
Lehnshoheit wird nur suspendirt, sie soll ruhen, so lange die königliche und die
gottorper Linie regieren; nachher tritt sie wieder in Kraft. — Vergebens hat
Lornsen (Unionsverfassung Dänemarks und Schleswig-Holsteins, herausgegeben
von Beseler S. 377 u. ff.) versucht, gegen diese Auffassung zu polemisiren.
Waitz (Schleswig-Holsteins Geschichte Bd. II S. 636) gesteht geradezu: „Es
war eine Verleihung an die beiden regierenden Linien; für den Fall, daß sie
erlöschen, war auf das Recht der dänischen Krone zurückzukommen."

Insbesondere hatte die dritte abgetheilte sonderburger Linie kein Recht,
für sich aus den Diplomen von 16S8 Vortheile zu beanspruchen; für sie bestand
die Lehnsqualität Schleswigs fort, und Mitglieder dieses Hauses haben denn
auch 1663 und später noch die Belehnung wie für ihre abgetheilten Herrschaften
so mit der gesammten Hand an dem Herzogthum Schleswig als zu einem „recht
fürstlich altväterlich ererbten Fahnenlehn" erbeten und erhalten. (Vgl. Votum
des königlich bayerischen Bundestagsgesandter v. d. Pfordten. S. 18—19.)

So auffällig und unlogisch der Gegenwart ein solches Verhältniß erschei¬
nen mag, zu jener Zeit war es nichts Ungewöhnliches. Dem Vorgang von
1668 entspricht vollständig, was fast gleichzeitig für Ostpreußen geschehen ist.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/51>, abgerufen am 05.12.2024.