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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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Staatsrecht Schleswig-Holsteins für die gewünschte neue Ordnung der Dinge
einen Anhalt bietet.

Wir knüpfen an den wiener Frieden an. Es liegt auf der Hand und ist
schon durch die geographischen Verhältnisse bedingt, daß die in jener Acte von
den alliirten Mächten erworbenen Rechte im Ernst und auf die Länge nur
Preußen zu Gute kommen können. Oestreich wird früher oder später dem un¬
fruchtbaren Mitbesitz entsagen.

Man hat vielfach sich entrüstet und gespottet über den Artikel III. des
Friedensvertrages, in welchem der König von Dänemark für sich und seine
Nachfolger allen seinen Rechten auf die Herzogthümer zu Gunsten der alliirten
Monarchen entsagt. König Christian der Neunte, meinte man, habe niemals
Rechte gehabt, höchstens den factischen usurpirter Besitz; es sei unwürdig, solche
Abtretung entgegenzunehmen, und wie die Redensarten alle lauten. In der
That verhält es sich jedoch ganz anders; es ist das nicht nur die herkömmliche
völkerrechtliche Formel, sondern der Artikel giebt wirklich werthvolle Rechte
auf und ist für die ganze Zukunft der Herzogthümer von höchster Bedeutung.

Zunächst kann es nicht zweifelhaft sein, daß Christian der Neunte damit
alle Rechte und Ansprüche aufgegeben hat, welche ihm und seiner Nachkommen¬
schaft als Mitgliedern des oldenburgischen Gcsammthauses auf die eventuelle
künftige Erbfolge in den Herzogthümern zustanden; diese eventuellen Rechte
hätten sonst im Friedensvertrag ausdrücklich vorbehalten werden müssen. Erlischt
also der Zweig AuguFcnburg und der Zweig Glücksburg kommt an die Reihe,
so kommt doch die Linie Christians des Neunten nicht mehr in Betracht, sie wird
einfach Übergängen. Wir haben also nicht mehr zu fürchten, daß in solcher
Weise auf dem Wege Rechtens die Personalunion zwischen Dänemark und
Schleswig-Holstein wiederhergestellt werden könnte.

Für Holstein mag die Sache damit erledigt sein; aber was das Herzog-
thum Schleswig anbetrifft, so hätte dort, ohne den Artikel III, jeder König
von Dänemark, ohne Unterschied der Abstammung, jetzt und künstig wichtige
Rechte geltend zu machen gehabt.

Bekanntlich erscheint Schleswig beim Anfang der beglaubigten Geschichte
als ein Bestandtheil, eine Provinz des dänischen Reiches; doch erlangte das
Land bald eine abgesonderte selbständige Stellung. Schon im elften und zwölf¬
ten Jahrhundert haben dort Herzoge aus dem dänischen Königshaus gewaltet,
und seit 12S2 wird das Herzogthum thatsächlich zu einem erblichen Lehn für
die Nachkommenschaft des Königs Abel. Als diese erlosch, ging Schleswig in
derselben Eigenschaft an die schauenburgischen Grafen von Holstein über; schon
1386, jedenfalls aber 1440 ist die Belehnung mit, dem Herzogthum als einem
rechten Erblehn mit ausgestreckter Fahne erfolgt; und so ist es auch während
der beiden ersten Jahrhunderte der oldenburgischen Herrschaft geblieben. Erst


Staatsrecht Schleswig-Holsteins für die gewünschte neue Ordnung der Dinge
einen Anhalt bietet.

Wir knüpfen an den wiener Frieden an. Es liegt auf der Hand und ist
schon durch die geographischen Verhältnisse bedingt, daß die in jener Acte von
den alliirten Mächten erworbenen Rechte im Ernst und auf die Länge nur
Preußen zu Gute kommen können. Oestreich wird früher oder später dem un¬
fruchtbaren Mitbesitz entsagen.

Man hat vielfach sich entrüstet und gespottet über den Artikel III. des
Friedensvertrages, in welchem der König von Dänemark für sich und seine
Nachfolger allen seinen Rechten auf die Herzogthümer zu Gunsten der alliirten
Monarchen entsagt. König Christian der Neunte, meinte man, habe niemals
Rechte gehabt, höchstens den factischen usurpirter Besitz; es sei unwürdig, solche
Abtretung entgegenzunehmen, und wie die Redensarten alle lauten. In der
That verhält es sich jedoch ganz anders; es ist das nicht nur die herkömmliche
völkerrechtliche Formel, sondern der Artikel giebt wirklich werthvolle Rechte
auf und ist für die ganze Zukunft der Herzogthümer von höchster Bedeutung.

Zunächst kann es nicht zweifelhaft sein, daß Christian der Neunte damit
alle Rechte und Ansprüche aufgegeben hat, welche ihm und seiner Nachkommen¬
schaft als Mitgliedern des oldenburgischen Gcsammthauses auf die eventuelle
künftige Erbfolge in den Herzogthümern zustanden; diese eventuellen Rechte
hätten sonst im Friedensvertrag ausdrücklich vorbehalten werden müssen. Erlischt
also der Zweig AuguFcnburg und der Zweig Glücksburg kommt an die Reihe,
so kommt doch die Linie Christians des Neunten nicht mehr in Betracht, sie wird
einfach Übergängen. Wir haben also nicht mehr zu fürchten, daß in solcher
Weise auf dem Wege Rechtens die Personalunion zwischen Dänemark und
Schleswig-Holstein wiederhergestellt werden könnte.

Für Holstein mag die Sache damit erledigt sein; aber was das Herzog-
thum Schleswig anbetrifft, so hätte dort, ohne den Artikel III, jeder König
von Dänemark, ohne Unterschied der Abstammung, jetzt und künstig wichtige
Rechte geltend zu machen gehabt.

Bekanntlich erscheint Schleswig beim Anfang der beglaubigten Geschichte
als ein Bestandtheil, eine Provinz des dänischen Reiches; doch erlangte das
Land bald eine abgesonderte selbständige Stellung. Schon im elften und zwölf¬
ten Jahrhundert haben dort Herzoge aus dem dänischen Königshaus gewaltet,
und seit 12S2 wird das Herzogthum thatsächlich zu einem erblichen Lehn für
die Nachkommenschaft des Königs Abel. Als diese erlosch, ging Schleswig in
derselben Eigenschaft an die schauenburgischen Grafen von Holstein über; schon
1386, jedenfalls aber 1440 ist die Belehnung mit, dem Herzogthum als einem
rechten Erblehn mit ausgestreckter Fahne erfolgt; und so ist es auch während
der beiden ersten Jahrhunderte der oldenburgischen Herrschaft geblieben. Erst


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/50>, abgerufen am 04.12.2024.