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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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dadurch dauerhaft wiederhergestellt werden kann, daß man ihm die Stärke
welche es vor dem Kriege von 1806 wirklich hatte, wiedergiebt, so verpflichtet
sich Se. Majestät der Kaiser aller Reußen, welcher in dieser Beziehung in seinen
amtlichen Erklärungen den Wünschen Sr. Majestät des Königs von Preußen
zuvorgekommen ist, durch gegenwärtigen geheimen und besondern Artikel, die
Waffen so lange nicht niederzulegen, als Preußen nicht in einer Weise wieder¬
hergestellt ist, die seinen statistischen, geographischen und finanziellen Verhältnissen
vor dem angeführten Zeitpunkte entspricht. Zur Bewerkstelligung dessen ver¬
spricht Se. Majestät der Kaiser aller Reußen auf die feierlichste Weise, alle
diejenigen Erwerbungen, welche durch Waffengewalt und Unterhandlung in Nord¬
deutschland gemacht werden können, mit Ausnahme jedoch der alten Besitzungen
des Hauses Hannover, zu den Aequivalenten zu verwenden, die im Interesse
beider Staaten und zur Vergrößerung Preußens von den Umständen erfordert
werden sollten. Bei Ordnung alles dessen wird der Zusammenhang und die
Abrundung, welche nöthig sind, um einen unabhängigen Staatskörper herzu¬
stellen zwischen den Provinzen, die unter preußische Herrschaft zurückkehren sollen,
gewahrt werden.

Art. 2. Um dem vorhergehenden Artikel diejenige Bestimmtheit zu ver¬
leihen, welche dem vollkommnen Einverständnisse der beiden hohen vertrag¬
schließenden Theile entspricht, verbürgt Se. Majestät der Kaiser aller Reußen
Sr. Majestät dem König von Preußen außer seinen gegenwärtigen Besitzungen
noch besonders Altpreußen, mit welcher Provinz ein Landstrich verbunden werden
soll, der sie in allen, sowohl militärischen als geographischen Beziehungen mit
Schlesien vereint."

Dieser Vertrag war für Preußen bei weitem weniger günstig als für Ru߬
land. Letzteres behielt die ihm durch den tilsiter Frieden zugefallnen ehemals
preußischen Theile Polens, die es bereits besetzt hatte, ersteres wurde mit unbe¬
stimmten Zusagen abgefunden, die nur in Betreff des Landstrichs zwischen Alt¬
preußen und Schlesien einigermaßen klar angedeutet waren. Die Versprechungen
in Bezug auf die in Norddeutschland möglicherweise zu machenden Er¬
werbungen hatten nur einen mäßigen Werth, da sie eben nur auf Möglichkeiten
beruhten. Da der Vertrag die Besitzungen des welsischen Hauses ausdrücklich
ausnahm, Holstein damals nicht zu Deutschland gehörte, schwedisch-Pommern
endlich Besitzthum einer verbündeten Macht war, so ergiebt sich allerdings, daß
mit jenen Erwerbungen vor allem Sachsen gemeint war, und in der That
wissen wir jetzt aus Alexanders Aeußerungen gegen v. Knesebeck im Lager von
Chlodowa bei Kalisch und aus den Mittheilungen, welche der Kronprinz von
Schweden dem preußischen Gesandten in Stockholm zugehen ließ, daß der
preußischen Regierung für das ihr früher zugehörige Polen schon damals unter
Anderm ein Theil Sachsens oder nach Befinden das ganze Königreich als Ent-


dadurch dauerhaft wiederhergestellt werden kann, daß man ihm die Stärke
welche es vor dem Kriege von 1806 wirklich hatte, wiedergiebt, so verpflichtet
sich Se. Majestät der Kaiser aller Reußen, welcher in dieser Beziehung in seinen
amtlichen Erklärungen den Wünschen Sr. Majestät des Königs von Preußen
zuvorgekommen ist, durch gegenwärtigen geheimen und besondern Artikel, die
Waffen so lange nicht niederzulegen, als Preußen nicht in einer Weise wieder¬
hergestellt ist, die seinen statistischen, geographischen und finanziellen Verhältnissen
vor dem angeführten Zeitpunkte entspricht. Zur Bewerkstelligung dessen ver¬
spricht Se. Majestät der Kaiser aller Reußen auf die feierlichste Weise, alle
diejenigen Erwerbungen, welche durch Waffengewalt und Unterhandlung in Nord¬
deutschland gemacht werden können, mit Ausnahme jedoch der alten Besitzungen
des Hauses Hannover, zu den Aequivalenten zu verwenden, die im Interesse
beider Staaten und zur Vergrößerung Preußens von den Umständen erfordert
werden sollten. Bei Ordnung alles dessen wird der Zusammenhang und die
Abrundung, welche nöthig sind, um einen unabhängigen Staatskörper herzu¬
stellen zwischen den Provinzen, die unter preußische Herrschaft zurückkehren sollen,
gewahrt werden.

Art. 2. Um dem vorhergehenden Artikel diejenige Bestimmtheit zu ver¬
leihen, welche dem vollkommnen Einverständnisse der beiden hohen vertrag¬
schließenden Theile entspricht, verbürgt Se. Majestät der Kaiser aller Reußen
Sr. Majestät dem König von Preußen außer seinen gegenwärtigen Besitzungen
noch besonders Altpreußen, mit welcher Provinz ein Landstrich verbunden werden
soll, der sie in allen, sowohl militärischen als geographischen Beziehungen mit
Schlesien vereint."

Dieser Vertrag war für Preußen bei weitem weniger günstig als für Ru߬
land. Letzteres behielt die ihm durch den tilsiter Frieden zugefallnen ehemals
preußischen Theile Polens, die es bereits besetzt hatte, ersteres wurde mit unbe¬
stimmten Zusagen abgefunden, die nur in Betreff des Landstrichs zwischen Alt¬
preußen und Schlesien einigermaßen klar angedeutet waren. Die Versprechungen
in Bezug auf die in Norddeutschland möglicherweise zu machenden Er¬
werbungen hatten nur einen mäßigen Werth, da sie eben nur auf Möglichkeiten
beruhten. Da der Vertrag die Besitzungen des welsischen Hauses ausdrücklich
ausnahm, Holstein damals nicht zu Deutschland gehörte, schwedisch-Pommern
endlich Besitzthum einer verbündeten Macht war, so ergiebt sich allerdings, daß
mit jenen Erwerbungen vor allem Sachsen gemeint war, und in der That
wissen wir jetzt aus Alexanders Aeußerungen gegen v. Knesebeck im Lager von
Chlodowa bei Kalisch und aus den Mittheilungen, welche der Kronprinz von
Schweden dem preußischen Gesandten in Stockholm zugehen ließ, daß der
preußischen Regierung für das ihr früher zugehörige Polen schon damals unter
Anderm ein Theil Sachsens oder nach Befinden das ganze Königreich als Ent-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/432>, abgerufen am 28.09.2024.