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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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und Nassau, falls sie überhaupt Zutritt in den neuen Zollverein erlangen
wollten, nunmehr beistimmen mußten; auch bestimmten die Verträge, wofern
nicht bis zum 1. October der Beitritt der erwähnten vier Regierungen erfolgt
sei, hätten die contrahirenden Staaten ungesäumt über die alsdann erforder¬
lichen Aenderungen in der Zollorganisation und über Einrichtungen für den
Grenzschutz in Verhandlungen zu treten. Ferner wurde festgesetzt, daß von
dem Zeitpunkt ab, wo der neue Zolltarif in Kraft trete, von dem in Baden
und dem im Gebiet Frankfurts erzeugten Wein und Traubenmost keine Ueber¬
gangsabgabe mehr erhoben werden solle, und im Schlußprotokolle wurde ver¬
abredet, d"ß diese Befreiung von der Weinübergangsabgabe auf die gleichen
Erzeugnisse eines jeden gegenwärtig dem Zollverein angehörigen Staates aus¬
gedehnt werden solle, welcher dem Vertrag vom 28. Juni 1864 bis zum
I. October beitrete.

Hiermit war den noch widerstrebenden Staaten in verschiedener Richtung
Anlaß gegeben, sich eines Bessern zu besinnen. Dieselben conferirten noch ein¬
mal in München und vereinigten sich dort zu Punctationen über das künftige
Verhältniß zu Oestreich, die indeß der östreichischen Regierung zu weiterer Ver¬
folgung übergeben wurden und keinen andern Werth als den von schätzbaren
Material hatten. In den letzten Tagen des September zeigten die sämmtlichen
Renitenten der Reihe nach ihren Beitritt zu den Verträgen vom 28. Juni und
II. Juli an, und noch vor Beginn des October konnten die Verhandlungen
unter sämmtlichen Zollvereinsregierungen in Berlin wieder eröffnet werden,
und führten dieselben am 12. October 1864 zu dem Abschluß des Vertrags
über den Anschluß Bayerns, Würtembergs, Nassaus und des Großherzogthums
Hessen.

Somit war der Zollverein auf Grund der Annahme des preußisch-französischen
Handelsvertrags und des rcsormtrten Tarifs auf fernere zwölf Jahre erneuert.
Die Verträge wurden nach dem Willen Preußens vor Beginn der Verhandlungen
über das Handelsvertragsverhältniß zu Oestreich abgeschlossen, und sie traten
unabhängig von dem Ergebniß dieser Verhandlungen in Kraft. In Bezug auf
die Verträge mit Frankreich versprach zwar Preußen, gewisse den Principien
derselben nicht zuwiderlaufende Aenderungen und Erwägungen zum Gegenstand
nachträglicher Verhandlung mit Frankreich zu machen, doch hatte das Ergebniß
dieser Verhandlung keinerlei Einfluß auf den Beitritt der Zollvereinsstaaten zu
den Verträgen vom 2. August 1862. Gleichzeitig wurde eine ziemlich schwer
empfundene innere Verkehrsbeschränkung im Zollverein, die Ucbergangsabgabe
beseitigt und in dem Grundsatze der Vertheilung der Zollvereinseinnahmen eine
wesentliche Verbesserung erzielt. Das Präcipuum des früheren Steuervereins
(Hannover, Oldenburg und Lippe-Schaumburg) hatte bis dahin darin bestanden^
daß von der Bruttoeinnahme aus den Zöllen und der Rübenzuckersteuer den


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und Nassau, falls sie überhaupt Zutritt in den neuen Zollverein erlangen
wollten, nunmehr beistimmen mußten; auch bestimmten die Verträge, wofern
nicht bis zum 1. October der Beitritt der erwähnten vier Regierungen erfolgt
sei, hätten die contrahirenden Staaten ungesäumt über die alsdann erforder¬
lichen Aenderungen in der Zollorganisation und über Einrichtungen für den
Grenzschutz in Verhandlungen zu treten. Ferner wurde festgesetzt, daß von
dem Zeitpunkt ab, wo der neue Zolltarif in Kraft trete, von dem in Baden
und dem im Gebiet Frankfurts erzeugten Wein und Traubenmost keine Ueber¬
gangsabgabe mehr erhoben werden solle, und im Schlußprotokolle wurde ver¬
abredet, d«ß diese Befreiung von der Weinübergangsabgabe auf die gleichen
Erzeugnisse eines jeden gegenwärtig dem Zollverein angehörigen Staates aus¬
gedehnt werden solle, welcher dem Vertrag vom 28. Juni 1864 bis zum
I. October beitrete.

Hiermit war den noch widerstrebenden Staaten in verschiedener Richtung
Anlaß gegeben, sich eines Bessern zu besinnen. Dieselben conferirten noch ein¬
mal in München und vereinigten sich dort zu Punctationen über das künftige
Verhältniß zu Oestreich, die indeß der östreichischen Regierung zu weiterer Ver¬
folgung übergeben wurden und keinen andern Werth als den von schätzbaren
Material hatten. In den letzten Tagen des September zeigten die sämmtlichen
Renitenten der Reihe nach ihren Beitritt zu den Verträgen vom 28. Juni und
II. Juli an, und noch vor Beginn des October konnten die Verhandlungen
unter sämmtlichen Zollvereinsregierungen in Berlin wieder eröffnet werden,
und führten dieselben am 12. October 1864 zu dem Abschluß des Vertrags
über den Anschluß Bayerns, Würtembergs, Nassaus und des Großherzogthums
Hessen.

Somit war der Zollverein auf Grund der Annahme des preußisch-französischen
Handelsvertrags und des rcsormtrten Tarifs auf fernere zwölf Jahre erneuert.
Die Verträge wurden nach dem Willen Preußens vor Beginn der Verhandlungen
über das Handelsvertragsverhältniß zu Oestreich abgeschlossen, und sie traten
unabhängig von dem Ergebniß dieser Verhandlungen in Kraft. In Bezug auf
die Verträge mit Frankreich versprach zwar Preußen, gewisse den Principien
derselben nicht zuwiderlaufende Aenderungen und Erwägungen zum Gegenstand
nachträglicher Verhandlung mit Frankreich zu machen, doch hatte das Ergebniß
dieser Verhandlung keinerlei Einfluß auf den Beitritt der Zollvereinsstaaten zu
den Verträgen vom 2. August 1862. Gleichzeitig wurde eine ziemlich schwer
empfundene innere Verkehrsbeschränkung im Zollverein, die Ucbergangsabgabe
beseitigt und in dem Grundsatze der Vertheilung der Zollvereinseinnahmen eine
wesentliche Verbesserung erzielt. Das Präcipuum des früheren Steuervereins
(Hannover, Oldenburg und Lippe-Schaumburg) hatte bis dahin darin bestanden^
daß von der Bruttoeinnahme aus den Zöllen und der Rübenzuckersteuer den


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[0395] und Nassau, falls sie überhaupt Zutritt in den neuen Zollverein erlangen wollten, nunmehr beistimmen mußten; auch bestimmten die Verträge, wofern nicht bis zum 1. October der Beitritt der erwähnten vier Regierungen erfolgt sei, hätten die contrahirenden Staaten ungesäumt über die alsdann erforder¬ lichen Aenderungen in der Zollorganisation und über Einrichtungen für den Grenzschutz in Verhandlungen zu treten. Ferner wurde festgesetzt, daß von dem Zeitpunkt ab, wo der neue Zolltarif in Kraft trete, von dem in Baden und dem im Gebiet Frankfurts erzeugten Wein und Traubenmost keine Ueber¬ gangsabgabe mehr erhoben werden solle, und im Schlußprotokolle wurde ver¬ abredet, d«ß diese Befreiung von der Weinübergangsabgabe auf die gleichen Erzeugnisse eines jeden gegenwärtig dem Zollverein angehörigen Staates aus¬ gedehnt werden solle, welcher dem Vertrag vom 28. Juni 1864 bis zum I. October beitrete. Hiermit war den noch widerstrebenden Staaten in verschiedener Richtung Anlaß gegeben, sich eines Bessern zu besinnen. Dieselben conferirten noch ein¬ mal in München und vereinigten sich dort zu Punctationen über das künftige Verhältniß zu Oestreich, die indeß der östreichischen Regierung zu weiterer Ver¬ folgung übergeben wurden und keinen andern Werth als den von schätzbaren Material hatten. In den letzten Tagen des September zeigten die sämmtlichen Renitenten der Reihe nach ihren Beitritt zu den Verträgen vom 28. Juni und II. Juli an, und noch vor Beginn des October konnten die Verhandlungen unter sämmtlichen Zollvereinsregierungen in Berlin wieder eröffnet werden, und führten dieselben am 12. October 1864 zu dem Abschluß des Vertrags über den Anschluß Bayerns, Würtembergs, Nassaus und des Großherzogthums Hessen. Somit war der Zollverein auf Grund der Annahme des preußisch-französischen Handelsvertrags und des rcsormtrten Tarifs auf fernere zwölf Jahre erneuert. Die Verträge wurden nach dem Willen Preußens vor Beginn der Verhandlungen über das Handelsvertragsverhältniß zu Oestreich abgeschlossen, und sie traten unabhängig von dem Ergebniß dieser Verhandlungen in Kraft. In Bezug auf die Verträge mit Frankreich versprach zwar Preußen, gewisse den Principien derselben nicht zuwiderlaufende Aenderungen und Erwägungen zum Gegenstand nachträglicher Verhandlung mit Frankreich zu machen, doch hatte das Ergebniß dieser Verhandlung keinerlei Einfluß auf den Beitritt der Zollvereinsstaaten zu den Verträgen vom 2. August 1862. Gleichzeitig wurde eine ziemlich schwer empfundene innere Verkehrsbeschränkung im Zollverein, die Ucbergangsabgabe beseitigt und in dem Grundsatze der Vertheilung der Zollvereinseinnahmen eine wesentliche Verbesserung erzielt. Das Präcipuum des früheren Steuervereins (Hannover, Oldenburg und Lippe-Schaumburg) hatte bis dahin darin bestanden^ daß von der Bruttoeinnahme aus den Zöllen und der Rübenzuckersteuer den 47 *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/395>, abgerufen am 29.06.2024.