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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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31. Artikel desselben bezog. Ohne Modification dieses Artikels erklärten Hannover,
Würtemberg, Bayern, die beiden Hessen und Nassau den Vertrag durchaus nicht
annehmen zu können. In Betreff der Verhandlungen mit Oestreich wurde ein
vollständiges EinVerständniß nicht erzielt, indem der eine Theil als Grundlage
für dieselben nur den Vertrag vom 19. Februar 1833, gelten ließ und der
andere die Vorschläge vom 10. Juli 1862 zur Basis der Verhandlungen ge¬
wählt wissen wollte. In der letzten Sitzung der Konferenz vor Weihnachten 1863
stellte Preußen noch die Frage, ob eine zustimmende Erklärung zu dem Tarif¬
entwurfe auch unter der Voraussetzung gegeben werde, daß dabei eine befriedigende
Regelung der Handelsverhältnisse zu Frankreich beabsichtigt sei, und auch die
übrigen Bedenken gegen den Handelsvertrag als durch die im Laus der Ver¬
handlungen gegebnen Erläuterungen erledigt anzusehen wären. Für den Fall
der Bejahung werde Preußen den Zeitpunkt für Verhandlungen mit Frankreich
und Oestreich als eingetreten betrachten. Rückäußerungen auf diese Fragen
wurden für den Wiederzusammentritt der Conferenzen zugesagt.

Preußen kündigte jetzt die Zollvereinsverträge.

Am 3. Februar 1864 trat die Conferenz wieder zusammen, und am 5.
übergab der bayerische Bevollmächtigte eine Erklärung seiner Regierung, in
welcher vor Beantwortung der soeben erwähnten preußischen Anfrage die Gegen¬
frage an Preußen gerichtet wurde, ob es nicht geneigt sei, sofort auf Ver¬
handlungen, mit Oestreich auf Grund des Februarvertrags und der Julivorschläge
einzugehen, und als Preußen dies verneinte, gab Bayern die fernere Erklärung
ab, daß es die Frage wegen definitiver Genehmigung des Tarifs mit Frankreich
nicht eher beantworten könne, als bis die Resultate der Verhandlungen mit
Oestreich festgestellt seien, daß es aber bereit sei, den Tarif mit Preußen als Grund¬
lage der Verhandlungen mit Oestreich festzusetzen.

Auf diese Verhandlungen über den Tarif ging man ein. Am 1. März
begann die zweite Berathung des preußischen Tarifentwurfs, und es wurde in
einer Reihe von Sitzungen sowohl dieser als der Handels- und der Schifffahrts¬
vertrag mit Frankreich abermals durchberathen. Auch die Literarcvnvcntion
wurde, nachdem Anstünde, die Hessen-Darmstadt und Würtemberg dagegen er¬
hoben, am 22. März zurückgenommen worden, in dieser Weise rasch erledigt.

Am 28. Juni schlössen die Regierungen, welche sich von Anfang an auf
Preußens Seite gestellt, sowie Kurhessen und Frankfurt die Zollvereinsverträge
mit Preußen aufs Neue ab. Später, am 11. Juli, folgten Hannover und Ol'
denburg gegen Gewährung eines Theils des bisherigen Präcipuums, nach, und
jetzt konnte über den Beitritt der vier übrigen Staaten, Bayern, Würtemberg, Hessen-
Darmstadt und Nassau kaum noch ein Zweifel obwalten. Die Verträge hielten
ihnen den Beitritt offen, Bestandtheil derselben aber bildete das mit Baden
getroffne Abkommen wegen Herabsetzung der Rheinzölle, dem Hessen-Darmstadt


31. Artikel desselben bezog. Ohne Modification dieses Artikels erklärten Hannover,
Würtemberg, Bayern, die beiden Hessen und Nassau den Vertrag durchaus nicht
annehmen zu können. In Betreff der Verhandlungen mit Oestreich wurde ein
vollständiges EinVerständniß nicht erzielt, indem der eine Theil als Grundlage
für dieselben nur den Vertrag vom 19. Februar 1833, gelten ließ und der
andere die Vorschläge vom 10. Juli 1862 zur Basis der Verhandlungen ge¬
wählt wissen wollte. In der letzten Sitzung der Konferenz vor Weihnachten 1863
stellte Preußen noch die Frage, ob eine zustimmende Erklärung zu dem Tarif¬
entwurfe auch unter der Voraussetzung gegeben werde, daß dabei eine befriedigende
Regelung der Handelsverhältnisse zu Frankreich beabsichtigt sei, und auch die
übrigen Bedenken gegen den Handelsvertrag als durch die im Laus der Ver¬
handlungen gegebnen Erläuterungen erledigt anzusehen wären. Für den Fall
der Bejahung werde Preußen den Zeitpunkt für Verhandlungen mit Frankreich
und Oestreich als eingetreten betrachten. Rückäußerungen auf diese Fragen
wurden für den Wiederzusammentritt der Conferenzen zugesagt.

Preußen kündigte jetzt die Zollvereinsverträge.

Am 3. Februar 1864 trat die Conferenz wieder zusammen, und am 5.
übergab der bayerische Bevollmächtigte eine Erklärung seiner Regierung, in
welcher vor Beantwortung der soeben erwähnten preußischen Anfrage die Gegen¬
frage an Preußen gerichtet wurde, ob es nicht geneigt sei, sofort auf Ver¬
handlungen, mit Oestreich auf Grund des Februarvertrags und der Julivorschläge
einzugehen, und als Preußen dies verneinte, gab Bayern die fernere Erklärung
ab, daß es die Frage wegen definitiver Genehmigung des Tarifs mit Frankreich
nicht eher beantworten könne, als bis die Resultate der Verhandlungen mit
Oestreich festgestellt seien, daß es aber bereit sei, den Tarif mit Preußen als Grund¬
lage der Verhandlungen mit Oestreich festzusetzen.

Auf diese Verhandlungen über den Tarif ging man ein. Am 1. März
begann die zweite Berathung des preußischen Tarifentwurfs, und es wurde in
einer Reihe von Sitzungen sowohl dieser als der Handels- und der Schifffahrts¬
vertrag mit Frankreich abermals durchberathen. Auch die Literarcvnvcntion
wurde, nachdem Anstünde, die Hessen-Darmstadt und Würtemberg dagegen er¬
hoben, am 22. März zurückgenommen worden, in dieser Weise rasch erledigt.

Am 28. Juni schlössen die Regierungen, welche sich von Anfang an auf
Preußens Seite gestellt, sowie Kurhessen und Frankfurt die Zollvereinsverträge
mit Preußen aufs Neue ab. Später, am 11. Juli, folgten Hannover und Ol'
denburg gegen Gewährung eines Theils des bisherigen Präcipuums, nach, und
jetzt konnte über den Beitritt der vier übrigen Staaten, Bayern, Würtemberg, Hessen-
Darmstadt und Nassau kaum noch ein Zweifel obwalten. Die Verträge hielten
ihnen den Beitritt offen, Bestandtheil derselben aber bildete das mit Baden
getroffne Abkommen wegen Herabsetzung der Rheinzölle, dem Hessen-Darmstadt


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[0394] 31. Artikel desselben bezog. Ohne Modification dieses Artikels erklärten Hannover, Würtemberg, Bayern, die beiden Hessen und Nassau den Vertrag durchaus nicht annehmen zu können. In Betreff der Verhandlungen mit Oestreich wurde ein vollständiges EinVerständniß nicht erzielt, indem der eine Theil als Grundlage für dieselben nur den Vertrag vom 19. Februar 1833, gelten ließ und der andere die Vorschläge vom 10. Juli 1862 zur Basis der Verhandlungen ge¬ wählt wissen wollte. In der letzten Sitzung der Konferenz vor Weihnachten 1863 stellte Preußen noch die Frage, ob eine zustimmende Erklärung zu dem Tarif¬ entwurfe auch unter der Voraussetzung gegeben werde, daß dabei eine befriedigende Regelung der Handelsverhältnisse zu Frankreich beabsichtigt sei, und auch die übrigen Bedenken gegen den Handelsvertrag als durch die im Laus der Ver¬ handlungen gegebnen Erläuterungen erledigt anzusehen wären. Für den Fall der Bejahung werde Preußen den Zeitpunkt für Verhandlungen mit Frankreich und Oestreich als eingetreten betrachten. Rückäußerungen auf diese Fragen wurden für den Wiederzusammentritt der Conferenzen zugesagt. Preußen kündigte jetzt die Zollvereinsverträge. Am 3. Februar 1864 trat die Conferenz wieder zusammen, und am 5. übergab der bayerische Bevollmächtigte eine Erklärung seiner Regierung, in welcher vor Beantwortung der soeben erwähnten preußischen Anfrage die Gegen¬ frage an Preußen gerichtet wurde, ob es nicht geneigt sei, sofort auf Ver¬ handlungen, mit Oestreich auf Grund des Februarvertrags und der Julivorschläge einzugehen, und als Preußen dies verneinte, gab Bayern die fernere Erklärung ab, daß es die Frage wegen definitiver Genehmigung des Tarifs mit Frankreich nicht eher beantworten könne, als bis die Resultate der Verhandlungen mit Oestreich festgestellt seien, daß es aber bereit sei, den Tarif mit Preußen als Grund¬ lage der Verhandlungen mit Oestreich festzusetzen. Auf diese Verhandlungen über den Tarif ging man ein. Am 1. März begann die zweite Berathung des preußischen Tarifentwurfs, und es wurde in einer Reihe von Sitzungen sowohl dieser als der Handels- und der Schifffahrts¬ vertrag mit Frankreich abermals durchberathen. Auch die Literarcvnvcntion wurde, nachdem Anstünde, die Hessen-Darmstadt und Würtemberg dagegen er¬ hoben, am 22. März zurückgenommen worden, in dieser Weise rasch erledigt. Am 28. Juni schlössen die Regierungen, welche sich von Anfang an auf Preußens Seite gestellt, sowie Kurhessen und Frankfurt die Zollvereinsverträge mit Preußen aufs Neue ab. Später, am 11. Juli, folgten Hannover und Ol' denburg gegen Gewährung eines Theils des bisherigen Präcipuums, nach, und jetzt konnte über den Beitritt der vier übrigen Staaten, Bayern, Würtemberg, Hessen- Darmstadt und Nassau kaum noch ein Zweifel obwalten. Die Verträge hielten ihnen den Beitritt offen, Bestandtheil derselben aber bildete das mit Baden getroffne Abkommen wegen Herabsetzung der Rheinzölle, dem Hessen-Darmstadt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/394>, abgerufen am 29.06.2024.