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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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18. Juni hätte Momente für die Bejahung dieser Frage nicht dargeboten.
Unter solche" Umständen würde man, wenn Preußen sich bei den Verhandlungen
der Generalconfercnz lediglich der von Bayern vertretnen Auffassung gegenüber
auszusprechen gehabt hätte, nicht in Zweifel gewesen sein, was auf die bayerische
Erklärung vom 13. Juni zu erwidern sei. Der preußische Bevollmächtigte
würde darauf zu erklären gehabt haben, daß Preußen die von ihm in seiner
Aeußerung vom 6. Juni vorgeschlagnen Verhandlungen von Seiten Bayerns als
abgelehnt betrachte. "Aber," so fuhr die Depesche fort, "wie wir es für unsre
eigne Pflicht halten, die Zollvercinsverträge nur unter solchen Bedingungen zu
erneuern, welche wir mit der Wohlfahrt Preußens verträglich finden, so achten
wir auch die Freiheit der Entschließung, mit welcher die königlich bayerische
Regierung entscheiden wird, in wie weit die Interessen ihrer Unterthanen sich
mit den Grundlagen, auf welchen wir unsrerseits den Verein fortzusetzen ver¬
mögen, vereinbaren lassen. Das Bedürfniß, hierüber allseitig zur Klarheit zu
gelangen, wird nach unsern Wahrnehmungen von allen Zollvcrbündeten gleich-
mähig empfunden, und wir glauben die Sorgfalt, welche wir der Zukunft des
Zollvereins widmen, nicht wirksamer bethätigen zu können, als durch die bereits
in Aussicht gestellte Einladung zu Konferenzen, auf welchen jede Vereinsregierung
die Bedingungen wird formuliren können, unter welchen sie in die Erneuerung
der Zollvereinsverträge zu willigen bereit ist."

In der Zollvereinsconferenz zu München endigten die Verhandlungen über
die bayerische Denkschrift vom 25. April damit, daß Bayern im Hinblick auf
die Meinungsdiffercnzen der verschiedenen Vereinsregicrungen von weiterer
Discussion der Sache auf der Konferenz absehen zu müssen erklärte. Dann
fanden Sonderbcrathungen zwischen Bevollmächtigten der auf dem bayerischen
Standpunkt stehenden Regierungen statt, in welchem man sich über Punctationen
im Sinne des bayerischen Vorschlags, jedoch in nicht bindender Weise ver¬
einigte.

Als Preußen hierauf im August 1863 zu einer Zollvereinsconferenz in
Berlin eingeladen, traten in München die Bevollmächtigten von Bayern,
Würtemberg. Kurhessen, Hessen-Darmstadt, Hannover, Nassau und Frankfurt
zusammen, um sich über ein gemeinschaftliches Verhalten auf der bevorstehenden
Conferenz zu vereinigen. Es wurde darüber unter dem 12. October eine Re¬
gistratur aufgenommen, welche den Satz an der Spitze trug, daß die Erhaltung
des Zollvereins das unverrückbare Ziel der betheiligten Regierungen sei. Dann
hieß es weiter, daß dem preußischen Antrag auf Zustimmung zu dem Vertrag
mit Frankreich der Gegenantrag auf sofortige Eröffnung von Verhandlungen
mit Oestreich auf Grundlage der Propositionen vom 10. Juli 1862 entgegen¬
zustellen und mit aller Bestimmtheit zu vertreten, für den Fall weiterer Unter¬
handlungen mit Frankreich aber daran festzuhalten sei, daß besondere Verkehrs-


18. Juni hätte Momente für die Bejahung dieser Frage nicht dargeboten.
Unter solche» Umständen würde man, wenn Preußen sich bei den Verhandlungen
der Generalconfercnz lediglich der von Bayern vertretnen Auffassung gegenüber
auszusprechen gehabt hätte, nicht in Zweifel gewesen sein, was auf die bayerische
Erklärung vom 13. Juni zu erwidern sei. Der preußische Bevollmächtigte
würde darauf zu erklären gehabt haben, daß Preußen die von ihm in seiner
Aeußerung vom 6. Juni vorgeschlagnen Verhandlungen von Seiten Bayerns als
abgelehnt betrachte. „Aber," so fuhr die Depesche fort, „wie wir es für unsre
eigne Pflicht halten, die Zollvercinsverträge nur unter solchen Bedingungen zu
erneuern, welche wir mit der Wohlfahrt Preußens verträglich finden, so achten
wir auch die Freiheit der Entschließung, mit welcher die königlich bayerische
Regierung entscheiden wird, in wie weit die Interessen ihrer Unterthanen sich
mit den Grundlagen, auf welchen wir unsrerseits den Verein fortzusetzen ver¬
mögen, vereinbaren lassen. Das Bedürfniß, hierüber allseitig zur Klarheit zu
gelangen, wird nach unsern Wahrnehmungen von allen Zollvcrbündeten gleich-
mähig empfunden, und wir glauben die Sorgfalt, welche wir der Zukunft des
Zollvereins widmen, nicht wirksamer bethätigen zu können, als durch die bereits
in Aussicht gestellte Einladung zu Konferenzen, auf welchen jede Vereinsregierung
die Bedingungen wird formuliren können, unter welchen sie in die Erneuerung
der Zollvereinsverträge zu willigen bereit ist."

In der Zollvereinsconferenz zu München endigten die Verhandlungen über
die bayerische Denkschrift vom 25. April damit, daß Bayern im Hinblick auf
die Meinungsdiffercnzen der verschiedenen Vereinsregicrungen von weiterer
Discussion der Sache auf der Konferenz absehen zu müssen erklärte. Dann
fanden Sonderbcrathungen zwischen Bevollmächtigten der auf dem bayerischen
Standpunkt stehenden Regierungen statt, in welchem man sich über Punctationen
im Sinne des bayerischen Vorschlags, jedoch in nicht bindender Weise ver¬
einigte.

Als Preußen hierauf im August 1863 zu einer Zollvereinsconferenz in
Berlin eingeladen, traten in München die Bevollmächtigten von Bayern,
Würtemberg. Kurhessen, Hessen-Darmstadt, Hannover, Nassau und Frankfurt
zusammen, um sich über ein gemeinschaftliches Verhalten auf der bevorstehenden
Conferenz zu vereinigen. Es wurde darüber unter dem 12. October eine Re¬
gistratur aufgenommen, welche den Satz an der Spitze trug, daß die Erhaltung
des Zollvereins das unverrückbare Ziel der betheiligten Regierungen sei. Dann
hieß es weiter, daß dem preußischen Antrag auf Zustimmung zu dem Vertrag
mit Frankreich der Gegenantrag auf sofortige Eröffnung von Verhandlungen
mit Oestreich auf Grundlage der Propositionen vom 10. Juli 1862 entgegen¬
zustellen und mit aller Bestimmtheit zu vertreten, für den Fall weiterer Unter¬
handlungen mit Frankreich aber daran festzuhalten sei, daß besondere Verkehrs-


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[0392] 18. Juni hätte Momente für die Bejahung dieser Frage nicht dargeboten. Unter solche» Umständen würde man, wenn Preußen sich bei den Verhandlungen der Generalconfercnz lediglich der von Bayern vertretnen Auffassung gegenüber auszusprechen gehabt hätte, nicht in Zweifel gewesen sein, was auf die bayerische Erklärung vom 13. Juni zu erwidern sei. Der preußische Bevollmächtigte würde darauf zu erklären gehabt haben, daß Preußen die von ihm in seiner Aeußerung vom 6. Juni vorgeschlagnen Verhandlungen von Seiten Bayerns als abgelehnt betrachte. „Aber," so fuhr die Depesche fort, „wie wir es für unsre eigne Pflicht halten, die Zollvercinsverträge nur unter solchen Bedingungen zu erneuern, welche wir mit der Wohlfahrt Preußens verträglich finden, so achten wir auch die Freiheit der Entschließung, mit welcher die königlich bayerische Regierung entscheiden wird, in wie weit die Interessen ihrer Unterthanen sich mit den Grundlagen, auf welchen wir unsrerseits den Verein fortzusetzen ver¬ mögen, vereinbaren lassen. Das Bedürfniß, hierüber allseitig zur Klarheit zu gelangen, wird nach unsern Wahrnehmungen von allen Zollvcrbündeten gleich- mähig empfunden, und wir glauben die Sorgfalt, welche wir der Zukunft des Zollvereins widmen, nicht wirksamer bethätigen zu können, als durch die bereits in Aussicht gestellte Einladung zu Konferenzen, auf welchen jede Vereinsregierung die Bedingungen wird formuliren können, unter welchen sie in die Erneuerung der Zollvereinsverträge zu willigen bereit ist." In der Zollvereinsconferenz zu München endigten die Verhandlungen über die bayerische Denkschrift vom 25. April damit, daß Bayern im Hinblick auf die Meinungsdiffercnzen der verschiedenen Vereinsregicrungen von weiterer Discussion der Sache auf der Konferenz absehen zu müssen erklärte. Dann fanden Sonderbcrathungen zwischen Bevollmächtigten der auf dem bayerischen Standpunkt stehenden Regierungen statt, in welchem man sich über Punctationen im Sinne des bayerischen Vorschlags, jedoch in nicht bindender Weise ver¬ einigte. Als Preußen hierauf im August 1863 zu einer Zollvereinsconferenz in Berlin eingeladen, traten in München die Bevollmächtigten von Bayern, Würtemberg. Kurhessen, Hessen-Darmstadt, Hannover, Nassau und Frankfurt zusammen, um sich über ein gemeinschaftliches Verhalten auf der bevorstehenden Conferenz zu vereinigen. Es wurde darüber unter dem 12. October eine Re¬ gistratur aufgenommen, welche den Satz an der Spitze trug, daß die Erhaltung des Zollvereins das unverrückbare Ziel der betheiligten Regierungen sei. Dann hieß es weiter, daß dem preußischen Antrag auf Zustimmung zu dem Vertrag mit Frankreich der Gegenantrag auf sofortige Eröffnung von Verhandlungen mit Oestreich auf Grundlage der Propositionen vom 10. Juli 1862 entgegen¬ zustellen und mit aller Bestimmtheit zu vertreten, für den Fall weiterer Unter¬ handlungen mit Frankreich aber daran festzuhalten sei, daß besondere Verkehrs-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/392>, abgerufen am 28.09.2024.