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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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trahirenden Regierungen erklären in gleicher Weise ihre Bereitwilligkeit, den
unterm 19. Februar 18S3 mit Oestreich abgeschossenen Vertrag zu erneuern und
in Gemäßheit des Artikels 2S desselben zu erweitern. S) Zu diesem Ende
wollen dieselben mit der k. k. östreichischen Regierung ans Anlaß der Propo¬
sition derselben vom 10. Juli vorigen Jahres in Verhandlung treten und werden
sofort nach Abschluß des gegenwärtigen Vertrags aus ihrer Mitte eine oder
mehre Regierungen bevollmächtigen, welche die Verhandlungen mit Oestreich
führen sollen. 6) Die contrahirenden Regierungen erklären sich ferner bereit,
eine angemessene Reform des gegenwärtigen Vereinstarifs im Sinne der Er¬
leichterungen mit Rücksicht auf die Verhältnisse zu Oestreich entweder in nächster
Zeit oder im Lauf der weiteren Verhandlungen eintreten zu lassen. 7) Dieselben
berpflichten sich endlich gegenseitig, sowohl bei den erwähnten Verhandlungen
mit Oestreich als anch bei allen sonstigen Maßregeln, welche eine wesentliche
Abänderung der bisherigen Grundlagen und Bestimmungen des Zollvereins
bezwecken, nur im gemeinschaftlichen Einverständnisse zu verfahren und zu diesem
Zwecke einen fortwährenden directen Verkehr zu unterhalten."

Auf die Erklärung Bayerns vom 18. Juni antwortete die preußische
Regierung in der Sitzung der Conferenz vom 8. Juli wie folgt: "Nach der
sämmtlichen Vcreinsregiernngen bekannten Ueberzeugung Preußens hat sich der
bestehende Vereinszolltarif überlebt. Nach vieljährigen sämmtlichen Vereins-
rcgierunge" Vorliegenden Erfahrungen schließt die Organisation des Zollvereins
eine wahre Reform dieses Tarifs im Lauf der Vereinsperiode aus. Preußen
würde daher, auch wenn es nicht in der Lage gewesen wäre, mit Frankreich in
commerzielle Verhandlungen zu treten, die Vereinsverträge nur unter der Vor¬
aussetzung einer vorgängigen umfassenden Tarifreform haben erneuern tonnen.
Die Stellung, welche Preußen in diesem Fall einzunehmen gehabt hätte, ist
durch den' Vertrag insofern verarbeit, als einerseits die Tarifrefvrm eine
völkerrechtlich festgestellte Grundlage erhallen hat, andrerseits die Durchführung
derselben mit einer wesentlichen Erleichterung der vcrcinsländischen Ausfuhr
unmittelbar verbunden ist. Seine Stellung ist aber insofern nicht verändert,
"is Preußen jetzt die Annahme des Vertrags mit Frankreich und des auf dem¬
selben beruhenden Tarifs durch die übrigen Vereinsrcgierungen ebenso als Auf¬
gabe der von ihm vorgeschlagncn Verhandlungen ansieht, als es im andern
Falle die Annahme der von ihm für nothwendig erachteten Tcmfrcform als
diese Aufgabe zu betrachten gehabt hätte."

Gleichzeitig erließ Herr v. Bismarck eine Circulardepcsche an sämmtliche
Vereinsregierungen, in welcher er über die bayerische Erklärung vom 13. Juni
sagte. Inhalt und Fassung derselben hätten es fraglich erscheinen lassen, ob
Bayern noch bei seinem früher erklärten Bestreben, eine Verständigung herbei¬
zuführen, beharren wolle. Das vorschnelle Vorgehen in der Mittheilung vom


trahirenden Regierungen erklären in gleicher Weise ihre Bereitwilligkeit, den
unterm 19. Februar 18S3 mit Oestreich abgeschossenen Vertrag zu erneuern und
in Gemäßheit des Artikels 2S desselben zu erweitern. S) Zu diesem Ende
wollen dieselben mit der k. k. östreichischen Regierung ans Anlaß der Propo¬
sition derselben vom 10. Juli vorigen Jahres in Verhandlung treten und werden
sofort nach Abschluß des gegenwärtigen Vertrags aus ihrer Mitte eine oder
mehre Regierungen bevollmächtigen, welche die Verhandlungen mit Oestreich
führen sollen. 6) Die contrahirenden Regierungen erklären sich ferner bereit,
eine angemessene Reform des gegenwärtigen Vereinstarifs im Sinne der Er¬
leichterungen mit Rücksicht auf die Verhältnisse zu Oestreich entweder in nächster
Zeit oder im Lauf der weiteren Verhandlungen eintreten zu lassen. 7) Dieselben
berpflichten sich endlich gegenseitig, sowohl bei den erwähnten Verhandlungen
mit Oestreich als anch bei allen sonstigen Maßregeln, welche eine wesentliche
Abänderung der bisherigen Grundlagen und Bestimmungen des Zollvereins
bezwecken, nur im gemeinschaftlichen Einverständnisse zu verfahren und zu diesem
Zwecke einen fortwährenden directen Verkehr zu unterhalten."

Auf die Erklärung Bayerns vom 18. Juni antwortete die preußische
Regierung in der Sitzung der Conferenz vom 8. Juli wie folgt: „Nach der
sämmtlichen Vcreinsregiernngen bekannten Ueberzeugung Preußens hat sich der
bestehende Vereinszolltarif überlebt. Nach vieljährigen sämmtlichen Vereins-
rcgierunge» Vorliegenden Erfahrungen schließt die Organisation des Zollvereins
eine wahre Reform dieses Tarifs im Lauf der Vereinsperiode aus. Preußen
würde daher, auch wenn es nicht in der Lage gewesen wäre, mit Frankreich in
commerzielle Verhandlungen zu treten, die Vereinsverträge nur unter der Vor¬
aussetzung einer vorgängigen umfassenden Tarifreform haben erneuern tonnen.
Die Stellung, welche Preußen in diesem Fall einzunehmen gehabt hätte, ist
durch den' Vertrag insofern verarbeit, als einerseits die Tarifrefvrm eine
völkerrechtlich festgestellte Grundlage erhallen hat, andrerseits die Durchführung
derselben mit einer wesentlichen Erleichterung der vcrcinsländischen Ausfuhr
unmittelbar verbunden ist. Seine Stellung ist aber insofern nicht verändert,
"is Preußen jetzt die Annahme des Vertrags mit Frankreich und des auf dem¬
selben beruhenden Tarifs durch die übrigen Vereinsrcgierungen ebenso als Auf¬
gabe der von ihm vorgeschlagncn Verhandlungen ansieht, als es im andern
Falle die Annahme der von ihm für nothwendig erachteten Tcmfrcform als
diese Aufgabe zu betrachten gehabt hätte."

Gleichzeitig erließ Herr v. Bismarck eine Circulardepcsche an sämmtliche
Vereinsregierungen, in welcher er über die bayerische Erklärung vom 13. Juni
sagte. Inhalt und Fassung derselben hätten es fraglich erscheinen lassen, ob
Bayern noch bei seinem früher erklärten Bestreben, eine Verständigung herbei¬
zuführen, beharren wolle. Das vorschnelle Vorgehen in der Mittheilung vom


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[0391] trahirenden Regierungen erklären in gleicher Weise ihre Bereitwilligkeit, den unterm 19. Februar 18S3 mit Oestreich abgeschossenen Vertrag zu erneuern und in Gemäßheit des Artikels 2S desselben zu erweitern. S) Zu diesem Ende wollen dieselben mit der k. k. östreichischen Regierung ans Anlaß der Propo¬ sition derselben vom 10. Juli vorigen Jahres in Verhandlung treten und werden sofort nach Abschluß des gegenwärtigen Vertrags aus ihrer Mitte eine oder mehre Regierungen bevollmächtigen, welche die Verhandlungen mit Oestreich führen sollen. 6) Die contrahirenden Regierungen erklären sich ferner bereit, eine angemessene Reform des gegenwärtigen Vereinstarifs im Sinne der Er¬ leichterungen mit Rücksicht auf die Verhältnisse zu Oestreich entweder in nächster Zeit oder im Lauf der weiteren Verhandlungen eintreten zu lassen. 7) Dieselben berpflichten sich endlich gegenseitig, sowohl bei den erwähnten Verhandlungen mit Oestreich als anch bei allen sonstigen Maßregeln, welche eine wesentliche Abänderung der bisherigen Grundlagen und Bestimmungen des Zollvereins bezwecken, nur im gemeinschaftlichen Einverständnisse zu verfahren und zu diesem Zwecke einen fortwährenden directen Verkehr zu unterhalten." Auf die Erklärung Bayerns vom 18. Juni antwortete die preußische Regierung in der Sitzung der Conferenz vom 8. Juli wie folgt: „Nach der sämmtlichen Vcreinsregiernngen bekannten Ueberzeugung Preußens hat sich der bestehende Vereinszolltarif überlebt. Nach vieljährigen sämmtlichen Vereins- rcgierunge» Vorliegenden Erfahrungen schließt die Organisation des Zollvereins eine wahre Reform dieses Tarifs im Lauf der Vereinsperiode aus. Preußen würde daher, auch wenn es nicht in der Lage gewesen wäre, mit Frankreich in commerzielle Verhandlungen zu treten, die Vereinsverträge nur unter der Vor¬ aussetzung einer vorgängigen umfassenden Tarifreform haben erneuern tonnen. Die Stellung, welche Preußen in diesem Fall einzunehmen gehabt hätte, ist durch den' Vertrag insofern verarbeit, als einerseits die Tarifrefvrm eine völkerrechtlich festgestellte Grundlage erhallen hat, andrerseits die Durchführung derselben mit einer wesentlichen Erleichterung der vcrcinsländischen Ausfuhr unmittelbar verbunden ist. Seine Stellung ist aber insofern nicht verändert, "is Preußen jetzt die Annahme des Vertrags mit Frankreich und des auf dem¬ selben beruhenden Tarifs durch die übrigen Vereinsrcgierungen ebenso als Auf¬ gabe der von ihm vorgeschlagncn Verhandlungen ansieht, als es im andern Falle die Annahme der von ihm für nothwendig erachteten Tcmfrcform als diese Aufgabe zu betrachten gehabt hätte." Gleichzeitig erließ Herr v. Bismarck eine Circulardepcsche an sämmtliche Vereinsregierungen, in welcher er über die bayerische Erklärung vom 13. Juni sagte. Inhalt und Fassung derselben hätten es fraglich erscheinen lassen, ob Bayern noch bei seinem früher erklärten Bestreben, eine Verständigung herbei¬ zuführen, beharren wolle. Das vorschnelle Vorgehen in der Mittheilung vom

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/391>, abgerufen am 29.06.2024.