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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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Die Münchener Generalzollconferenz wurde erst im März eröffnet. Hier
übergab Bayern eine vom 26. April 1863 datirte Denkschrift: "Die Proposi¬
tionen der kaiserlich-königlich-östreichischen Negierung vom 10. Juli 1862,
bezüglich der Erneuerung des Zoll- und Handelsvertrags vom 19. Februar 1853
und deren Berathung auf der fünfzehnten Generalcvnferenz betreffend", welche
zu folgenden Ergebnissen gelangte: Es handle sich gegenwärtig blos um Be¬
antwortung der Frage, welche erste und allgemeine Rückäußcrung der östrei¬
chischen Regierung auf ihre Vorschläge und in welcher Form dieselbe gegeben
werden solle, und nach Ansicht der bayerischen Regierung wäre diese Erklärung
im Namen und Auftrag sämmtlicher Zollvereinsmitglieder durch diejenigen Re¬
gierungen, welche schon früher für die Verhandlungen mit Oestreich bevollmächtigt
gewesen, dahin abzugeben, daß der Verein geneigt sei, die Verhandlungen mit
Oestreich über die Fortsetzung und Erweiterung des Vertrages vom 19. Februar
1863 aus Anlaß der neuen Propositionen wieder aufzunehmen und in nächster
Zeit, und zwar gleichzeitig mit den Verhandlungen über die Erneuerung des
Zollvereins, zu eröffnen. Beide Verhandlungen ständen in einem inneren
Zusammenhange, doch sei nicht nothwendig, daß der Abschluß der einen der
andern vorausgehe, sondern wie 1863 werde ein gleichzeitiger Abschluß wohl
das Geeignetste sein. Die Erneuerung des Zollvereins aber könne, bei der all¬
seitigen Geneigtheit hierzu, wohl von da an als gesichert betrachtet werden,
Wo sämmtliche Vereinsregierungen darin übereinstimmten, daß dieselbe an und
für sich für das höchste gemeinsame Interesse zu erachten. Sollte es nicht ge¬
lingen, hierüber oder über eine an Oestreich zu ertheilende vorläufige Antwort
eine Uebereinstimmung zu erzielen, so würde nur übrigbleiben, daß die Re¬
gierungen, welche über Erneuerung des Zollvcreinsvertrags und weitere Ver¬
handlungen mit Oestreich im Wesentlichen gleicher Ansicht seien, sich über ihr
Weiteres gemeinsames Verfahren in beiden Richtungen unter sich verständigten.

So suchte Bayern zu bewirken, daß die östreichischen ProPositionen als
näher liegend wie der Vertrag mit Frankreich behandelt würden, und den Ab¬
schluß mit Oestreich gewissermaßen' als Bedingung für die Erneuerung der Zvll-
Vereinsverträge hinzustellen. Ja die Denkschrift sprach direct aus, daß, "wenn
einzelne Mitglieder, indem sie einerseits die Erneuerung des Zollvereins als
einen Präjudicialpunkt für die Jnbetrachtnahme der östreichischen Propositionen
ansehen zu müssen glaubten, andrerseits die Ansicht hegen sollten, die Er-
neuerung der Zollvereinsverträge davon abhängig zu machen, daß einzelne den
Interessen anderer Vereinsregierungen widersprechende Maßregeln oder Modi¬
fikationen der Vereinsverträge allgemein anerkannt werden, und wenn dieselben
gesonnen wären, lieber aus dem Verein zu scheiden als auf ihre Absichten zu
verzichten," "unzweifelhaft die Erneuerung des bisherigen Zoll-
Vereins sofort als unerreichbar zu betrachten wäre."


Die Münchener Generalzollconferenz wurde erst im März eröffnet. Hier
übergab Bayern eine vom 26. April 1863 datirte Denkschrift: „Die Proposi¬
tionen der kaiserlich-königlich-östreichischen Negierung vom 10. Juli 1862,
bezüglich der Erneuerung des Zoll- und Handelsvertrags vom 19. Februar 1853
und deren Berathung auf der fünfzehnten Generalcvnferenz betreffend", welche
zu folgenden Ergebnissen gelangte: Es handle sich gegenwärtig blos um Be¬
antwortung der Frage, welche erste und allgemeine Rückäußcrung der östrei¬
chischen Regierung auf ihre Vorschläge und in welcher Form dieselbe gegeben
werden solle, und nach Ansicht der bayerischen Regierung wäre diese Erklärung
im Namen und Auftrag sämmtlicher Zollvereinsmitglieder durch diejenigen Re¬
gierungen, welche schon früher für die Verhandlungen mit Oestreich bevollmächtigt
gewesen, dahin abzugeben, daß der Verein geneigt sei, die Verhandlungen mit
Oestreich über die Fortsetzung und Erweiterung des Vertrages vom 19. Februar
1863 aus Anlaß der neuen Propositionen wieder aufzunehmen und in nächster
Zeit, und zwar gleichzeitig mit den Verhandlungen über die Erneuerung des
Zollvereins, zu eröffnen. Beide Verhandlungen ständen in einem inneren
Zusammenhange, doch sei nicht nothwendig, daß der Abschluß der einen der
andern vorausgehe, sondern wie 1863 werde ein gleichzeitiger Abschluß wohl
das Geeignetste sein. Die Erneuerung des Zollvereins aber könne, bei der all¬
seitigen Geneigtheit hierzu, wohl von da an als gesichert betrachtet werden,
Wo sämmtliche Vereinsregierungen darin übereinstimmten, daß dieselbe an und
für sich für das höchste gemeinsame Interesse zu erachten. Sollte es nicht ge¬
lingen, hierüber oder über eine an Oestreich zu ertheilende vorläufige Antwort
eine Uebereinstimmung zu erzielen, so würde nur übrigbleiben, daß die Re¬
gierungen, welche über Erneuerung des Zollvcreinsvertrags und weitere Ver¬
handlungen mit Oestreich im Wesentlichen gleicher Ansicht seien, sich über ihr
Weiteres gemeinsames Verfahren in beiden Richtungen unter sich verständigten.

So suchte Bayern zu bewirken, daß die östreichischen ProPositionen als
näher liegend wie der Vertrag mit Frankreich behandelt würden, und den Ab¬
schluß mit Oestreich gewissermaßen' als Bedingung für die Erneuerung der Zvll-
Vereinsverträge hinzustellen. Ja die Denkschrift sprach direct aus, daß, „wenn
einzelne Mitglieder, indem sie einerseits die Erneuerung des Zollvereins als
einen Präjudicialpunkt für die Jnbetrachtnahme der östreichischen Propositionen
ansehen zu müssen glaubten, andrerseits die Ansicht hegen sollten, die Er-
neuerung der Zollvereinsverträge davon abhängig zu machen, daß einzelne den
Interessen anderer Vereinsregierungen widersprechende Maßregeln oder Modi¬
fikationen der Vereinsverträge allgemein anerkannt werden, und wenn dieselben
gesonnen wären, lieber aus dem Verein zu scheiden als auf ihre Absichten zu
verzichten," „unzweifelhaft die Erneuerung des bisherigen Zoll-
Vereins sofort als unerreichbar zu betrachten wäre."


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[0389] Die Münchener Generalzollconferenz wurde erst im März eröffnet. Hier übergab Bayern eine vom 26. April 1863 datirte Denkschrift: „Die Proposi¬ tionen der kaiserlich-königlich-östreichischen Negierung vom 10. Juli 1862, bezüglich der Erneuerung des Zoll- und Handelsvertrags vom 19. Februar 1853 und deren Berathung auf der fünfzehnten Generalcvnferenz betreffend", welche zu folgenden Ergebnissen gelangte: Es handle sich gegenwärtig blos um Be¬ antwortung der Frage, welche erste und allgemeine Rückäußcrung der östrei¬ chischen Regierung auf ihre Vorschläge und in welcher Form dieselbe gegeben werden solle, und nach Ansicht der bayerischen Regierung wäre diese Erklärung im Namen und Auftrag sämmtlicher Zollvereinsmitglieder durch diejenigen Re¬ gierungen, welche schon früher für die Verhandlungen mit Oestreich bevollmächtigt gewesen, dahin abzugeben, daß der Verein geneigt sei, die Verhandlungen mit Oestreich über die Fortsetzung und Erweiterung des Vertrages vom 19. Februar 1863 aus Anlaß der neuen Propositionen wieder aufzunehmen und in nächster Zeit, und zwar gleichzeitig mit den Verhandlungen über die Erneuerung des Zollvereins, zu eröffnen. Beide Verhandlungen ständen in einem inneren Zusammenhange, doch sei nicht nothwendig, daß der Abschluß der einen der andern vorausgehe, sondern wie 1863 werde ein gleichzeitiger Abschluß wohl das Geeignetste sein. Die Erneuerung des Zollvereins aber könne, bei der all¬ seitigen Geneigtheit hierzu, wohl von da an als gesichert betrachtet werden, Wo sämmtliche Vereinsregierungen darin übereinstimmten, daß dieselbe an und für sich für das höchste gemeinsame Interesse zu erachten. Sollte es nicht ge¬ lingen, hierüber oder über eine an Oestreich zu ertheilende vorläufige Antwort eine Uebereinstimmung zu erzielen, so würde nur übrigbleiben, daß die Re¬ gierungen, welche über Erneuerung des Zollvcreinsvertrags und weitere Ver¬ handlungen mit Oestreich im Wesentlichen gleicher Ansicht seien, sich über ihr Weiteres gemeinsames Verfahren in beiden Richtungen unter sich verständigten. So suchte Bayern zu bewirken, daß die östreichischen ProPositionen als näher liegend wie der Vertrag mit Frankreich behandelt würden, und den Ab¬ schluß mit Oestreich gewissermaßen' als Bedingung für die Erneuerung der Zvll- Vereinsverträge hinzustellen. Ja die Denkschrift sprach direct aus, daß, „wenn einzelne Mitglieder, indem sie einerseits die Erneuerung des Zollvereins als einen Präjudicialpunkt für die Jnbetrachtnahme der östreichischen Propositionen ansehen zu müssen glaubten, andrerseits die Ansicht hegen sollten, die Er- neuerung der Zollvereinsverträge davon abhängig zu machen, daß einzelne den Interessen anderer Vereinsregierungen widersprechende Maßregeln oder Modi¬ fikationen der Vereinsverträge allgemein anerkannt werden, und wenn dieselben gesonnen wären, lieber aus dem Verein zu scheiden als auf ihre Absichten zu verzichten," „unzweifelhaft die Erneuerung des bisherigen Zoll- Vereins sofort als unerreichbar zu betrachten wäre."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/389>, abgerufen am 29.06.2024.