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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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Harleys Antrag ging also durch. Am andern Tag wurde darüber Bericht
erstattet. Nach einer langen Debatte wurde er mit 18S gegen 148 Stimmen
bestätigt.

In dieser Debatte äußerte sich die öffentliche Mißstimmung gegen Sunder-
land, der, zweifelhaften Angedenkens schon von Jacob dem Zweiten her. erst
in der letzten Zeit zu hohen Würden gelangt war. Sunderland, für sein
Leben besorgt, nahm seine Entlassung, und da diese einen guten Eindruck ge¬
macht hatte, hoffte die Regierung das verlorene Terrain wiederzugewinnen.
Die öffentliche Stimmung war aber unterdeß immer aufgeregter geworden.
Es regnete Pamphlete, durch welche das Militär so aufgeregt wurde, daß
Wilhelm, um Conflicte zu verhüten, den Offizieren verbot, ihre Quartiere zu
verlassen.

Am 8. Januar 1698 versuchte das Ministerium eine Aufhebung des
harleyschen Antrags zu erlangen; es unterlag aber auch diesmal mit 164
gegen 188 Stimmen. Selbst die in der Kammer sitzenden Marineoffiziere
stimmten mit der Opposition.

Nun mußte man nachgeben und der Sache die beste Seite abzugewinnen
suchen. Das 1680 in England befindliche Heer betrug nicht ganz S000 Mann ;
aber wenn man die damals in Tanger und die im Sold der Generalstaaten
stehenden Regimenter hinzurechnete, kamen nochmals S000 Mann zusammen.
Die Minister legten daher die Resolution vom 11. December dahin aus, daß
das Heer aus 10,000 Mann bestehen solle und dabei beruhigte sich das Haus.
Das Unterhaus behandelte übrigens die Frage als eine Finanzfrage, ohne die
Truppenzahl zu bestimmen, in jener war diese enthalten. Die Regierung for¬
derte daher 400,000 L. Die Opposition hielt 300,000 L. für ausreichend.
Da compromittirte man auf 350,000. Außerdem setzte das Haus die entlassenen
Offiziere bis zu weiterer Versorgung auf Halbsold, um im Kriegsfalle geübte
Offiziere zur Hand zu haben. Die Regierung ihrerseits brachte später noch
eine Bewilligung für 3000 Marinesoldaten durch.

Es folgten die Neuwahlen, die eine Masse unbekannte Mitglieder in das
Unterhaus brachten, während Regierungscandidaten unterlagen. Wilhelm selbst
hatte in England Unzufriedenheit erregt, weil er auch dies Jahr, obwohl durch
die Weltlage nicht dazu gezwungen, nach Holland gegangen war. Es zeigte
sich die Eifersucht gegen das Ausland. Zudem hatte er die Eröffnung des
Parlaments auf den 29. November, fast den spätest zulässigen Termin fest'
gesetzt. Dies ward, da die londoner Saison damals schon um Michaelis be¬
gann, als Rücksichtslosigkeit angesehen, zumal Wilhelm sonst immer schon zum
6. November, seinem Geburtstag und dem Jahrestag seiner Landung, die
Glückwünsche beider Häuser entgegengenommen hatte. Und nun war er selbst
zum 29. November, allerdings durch ungünstige Winde an der Ueberfahrt ver"


Harleys Antrag ging also durch. Am andern Tag wurde darüber Bericht
erstattet. Nach einer langen Debatte wurde er mit 18S gegen 148 Stimmen
bestätigt.

In dieser Debatte äußerte sich die öffentliche Mißstimmung gegen Sunder-
land, der, zweifelhaften Angedenkens schon von Jacob dem Zweiten her. erst
in der letzten Zeit zu hohen Würden gelangt war. Sunderland, für sein
Leben besorgt, nahm seine Entlassung, und da diese einen guten Eindruck ge¬
macht hatte, hoffte die Regierung das verlorene Terrain wiederzugewinnen.
Die öffentliche Stimmung war aber unterdeß immer aufgeregter geworden.
Es regnete Pamphlete, durch welche das Militär so aufgeregt wurde, daß
Wilhelm, um Conflicte zu verhüten, den Offizieren verbot, ihre Quartiere zu
verlassen.

Am 8. Januar 1698 versuchte das Ministerium eine Aufhebung des
harleyschen Antrags zu erlangen; es unterlag aber auch diesmal mit 164
gegen 188 Stimmen. Selbst die in der Kammer sitzenden Marineoffiziere
stimmten mit der Opposition.

Nun mußte man nachgeben und der Sache die beste Seite abzugewinnen
suchen. Das 1680 in England befindliche Heer betrug nicht ganz S000 Mann ;
aber wenn man die damals in Tanger und die im Sold der Generalstaaten
stehenden Regimenter hinzurechnete, kamen nochmals S000 Mann zusammen.
Die Minister legten daher die Resolution vom 11. December dahin aus, daß
das Heer aus 10,000 Mann bestehen solle und dabei beruhigte sich das Haus.
Das Unterhaus behandelte übrigens die Frage als eine Finanzfrage, ohne die
Truppenzahl zu bestimmen, in jener war diese enthalten. Die Regierung for¬
derte daher 400,000 L. Die Opposition hielt 300,000 L. für ausreichend.
Da compromittirte man auf 350,000. Außerdem setzte das Haus die entlassenen
Offiziere bis zu weiterer Versorgung auf Halbsold, um im Kriegsfalle geübte
Offiziere zur Hand zu haben. Die Regierung ihrerseits brachte später noch
eine Bewilligung für 3000 Marinesoldaten durch.

Es folgten die Neuwahlen, die eine Masse unbekannte Mitglieder in das
Unterhaus brachten, während Regierungscandidaten unterlagen. Wilhelm selbst
hatte in England Unzufriedenheit erregt, weil er auch dies Jahr, obwohl durch
die Weltlage nicht dazu gezwungen, nach Holland gegangen war. Es zeigte
sich die Eifersucht gegen das Ausland. Zudem hatte er die Eröffnung des
Parlaments auf den 29. November, fast den spätest zulässigen Termin fest'
gesetzt. Dies ward, da die londoner Saison damals schon um Michaelis be¬
gann, als Rücksichtslosigkeit angesehen, zumal Wilhelm sonst immer schon zum
6. November, seinem Geburtstag und dem Jahrestag seiner Landung, die
Glückwünsche beider Häuser entgegengenommen hatte. Und nun war er selbst
zum 29. November, allerdings durch ungünstige Winde an der Ueberfahrt ver»


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[0314] Harleys Antrag ging also durch. Am andern Tag wurde darüber Bericht erstattet. Nach einer langen Debatte wurde er mit 18S gegen 148 Stimmen bestätigt. In dieser Debatte äußerte sich die öffentliche Mißstimmung gegen Sunder- land, der, zweifelhaften Angedenkens schon von Jacob dem Zweiten her. erst in der letzten Zeit zu hohen Würden gelangt war. Sunderland, für sein Leben besorgt, nahm seine Entlassung, und da diese einen guten Eindruck ge¬ macht hatte, hoffte die Regierung das verlorene Terrain wiederzugewinnen. Die öffentliche Stimmung war aber unterdeß immer aufgeregter geworden. Es regnete Pamphlete, durch welche das Militär so aufgeregt wurde, daß Wilhelm, um Conflicte zu verhüten, den Offizieren verbot, ihre Quartiere zu verlassen. Am 8. Januar 1698 versuchte das Ministerium eine Aufhebung des harleyschen Antrags zu erlangen; es unterlag aber auch diesmal mit 164 gegen 188 Stimmen. Selbst die in der Kammer sitzenden Marineoffiziere stimmten mit der Opposition. Nun mußte man nachgeben und der Sache die beste Seite abzugewinnen suchen. Das 1680 in England befindliche Heer betrug nicht ganz S000 Mann ; aber wenn man die damals in Tanger und die im Sold der Generalstaaten stehenden Regimenter hinzurechnete, kamen nochmals S000 Mann zusammen. Die Minister legten daher die Resolution vom 11. December dahin aus, daß das Heer aus 10,000 Mann bestehen solle und dabei beruhigte sich das Haus. Das Unterhaus behandelte übrigens die Frage als eine Finanzfrage, ohne die Truppenzahl zu bestimmen, in jener war diese enthalten. Die Regierung for¬ derte daher 400,000 L. Die Opposition hielt 300,000 L. für ausreichend. Da compromittirte man auf 350,000. Außerdem setzte das Haus die entlassenen Offiziere bis zu weiterer Versorgung auf Halbsold, um im Kriegsfalle geübte Offiziere zur Hand zu haben. Die Regierung ihrerseits brachte später noch eine Bewilligung für 3000 Marinesoldaten durch. Es folgten die Neuwahlen, die eine Masse unbekannte Mitglieder in das Unterhaus brachten, während Regierungscandidaten unterlagen. Wilhelm selbst hatte in England Unzufriedenheit erregt, weil er auch dies Jahr, obwohl durch die Weltlage nicht dazu gezwungen, nach Holland gegangen war. Es zeigte sich die Eifersucht gegen das Ausland. Zudem hatte er die Eröffnung des Parlaments auf den 29. November, fast den spätest zulässigen Termin fest' gesetzt. Dies ward, da die londoner Saison damals schon um Michaelis be¬ gann, als Rücksichtslosigkeit angesehen, zumal Wilhelm sonst immer schon zum 6. November, seinem Geburtstag und dem Jahrestag seiner Landung, die Glückwünsche beider Häuser entgegengenommen hatte. Und nun war er selbst zum 29. November, allerdings durch ungünstige Winde an der Ueberfahrt ver»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/314>, abgerufen am 29.06.2024.