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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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führen alljährlich eine große Menge derselben ins Ausland. Auch das Rind¬
vieh wird vorzugsweise zum Verkauf gezogen. Aber der Milchertrag ist auch
so bedeutend, daß eine Kuh im Werthe von 50 Reichsthalern zuweilen für
60 bis 70 Reichsthaler Milch in einem Jahre liefert. In besonderer Blüthe
steht ferner die Butterfabrikation. Die Butter wird meist von sogenannten
Holländern, wie jeder Milchpächter und Käsefabrikant dort genannt wird, fabrik¬
mäßig gemacht und besonders nach England ausgeführt, wo sie sehr theuer
bezahlt wird. Auf die Käsefabrikation wi,rd in Jütland weniger Fleiß verwandt.
Die Schafzucht wird von den jütischen Landwirthen nicht sehr cultivirt und von
sonstigem Vieh werden nur noch Schweine gemästet. Ziegen giebt es fast gar
nicht, und was das Geflügel betrifft, so beschränkt sich der Jude auf die Hühner¬
zucht: Tauben und Gänse sind eine Seltenheit.

Die Bewohner der Küstenstädte und der Küstendörfer sind von der Natur
angewiesen, ihren Lebensunterhalt dem Meere abzugewinnen, und Schifffahrt
und Fischerei sind einträgliche Gewerbe. Von Fischen wird außer dem Hering
im Limfjord besonders die Makrele, der Dorsch und der Aal in den jütischen
Gewässern gefangen. Sonstige industrielle und gewerbliche Beschäftigungen
sind noch die Fabrikation von Gußeisenwaaren in Aalborg, die Handschuh-
sabrikation in Nauders, die Topffabrikation in der Gegend von Varde und
die Holzschuhfabrikation in der silkeborger Gegend. Die jütischen Städte ge¬
währen durchgehends, einen wohlthuenden Eindruck. Sind sie auch meist sehr
alt, so zeigen sie doch breite Straßen, sehr schönes Pflaster, und die kleinste
Stadt hat Gasbeleuchtung. Das Alter der Städte läßt sich nicht genau be¬
stimmen; ihre Namen deuten jedoch oft auf ihren Ursprung hin. wie Aalborg
und Skanderborg ihre Entstehung alten Burgen verdanken. Die Städtenamen,
welche auf "sjöbing" endigen, deuten darauf hin, daß diese Städte'durch das
Bedürfniß des Handels und Wandels entstanden sind. Bei andern Städten
ist der Name von der Lage entnommen. Erdige derselbe auf "nes", wie
Horsenes, jetzt Horsens, so deutet dies die Lage auf einer Landzunge an, endigt
er mit "os", wie. Nandros, Aros, jetzt Nauders und Aarhuus, so deutet dies
aus die Mündung eines Flusses hin. Die Endung "ör", wie in Lögstör be¬
zeichnet eine Lage auf Sanddünen.

Etwas, was in Jütland sehr im Argen liegt, ist die Gartenkunst. Nur
bei den größeren Städten und auf größeren Landbesitzungen findet man Gemüse¬
gärten. Die Folge davon zeigt sich besonders in dem Mangel von Gemüsen
für den Mittagstisch. Die Nahrung der Juten besteht ausschließlich aus Fleisch¬
speisen, Fischen, Reis, Gries, Grütze und Eiern. Bei der ärmeren, besonders
aber bei der ländlichen Bevölkerung ist die Grütze fast die tägliche Speise.
Vorzüglich gut schmeckt die rothe Grütze mit Sahne, namentlich wenn sie
mit Himbeeren zubereitet ist. Eine sehr verbreitete Speise ist auch ein aus


führen alljährlich eine große Menge derselben ins Ausland. Auch das Rind¬
vieh wird vorzugsweise zum Verkauf gezogen. Aber der Milchertrag ist auch
so bedeutend, daß eine Kuh im Werthe von 50 Reichsthalern zuweilen für
60 bis 70 Reichsthaler Milch in einem Jahre liefert. In besonderer Blüthe
steht ferner die Butterfabrikation. Die Butter wird meist von sogenannten
Holländern, wie jeder Milchpächter und Käsefabrikant dort genannt wird, fabrik¬
mäßig gemacht und besonders nach England ausgeführt, wo sie sehr theuer
bezahlt wird. Auf die Käsefabrikation wi,rd in Jütland weniger Fleiß verwandt.
Die Schafzucht wird von den jütischen Landwirthen nicht sehr cultivirt und von
sonstigem Vieh werden nur noch Schweine gemästet. Ziegen giebt es fast gar
nicht, und was das Geflügel betrifft, so beschränkt sich der Jude auf die Hühner¬
zucht: Tauben und Gänse sind eine Seltenheit.

Die Bewohner der Küstenstädte und der Küstendörfer sind von der Natur
angewiesen, ihren Lebensunterhalt dem Meere abzugewinnen, und Schifffahrt
und Fischerei sind einträgliche Gewerbe. Von Fischen wird außer dem Hering
im Limfjord besonders die Makrele, der Dorsch und der Aal in den jütischen
Gewässern gefangen. Sonstige industrielle und gewerbliche Beschäftigungen
sind noch die Fabrikation von Gußeisenwaaren in Aalborg, die Handschuh-
sabrikation in Nauders, die Topffabrikation in der Gegend von Varde und
die Holzschuhfabrikation in der silkeborger Gegend. Die jütischen Städte ge¬
währen durchgehends, einen wohlthuenden Eindruck. Sind sie auch meist sehr
alt, so zeigen sie doch breite Straßen, sehr schönes Pflaster, und die kleinste
Stadt hat Gasbeleuchtung. Das Alter der Städte läßt sich nicht genau be¬
stimmen; ihre Namen deuten jedoch oft auf ihren Ursprung hin. wie Aalborg
und Skanderborg ihre Entstehung alten Burgen verdanken. Die Städtenamen,
welche auf „sjöbing" endigen, deuten darauf hin, daß diese Städte'durch das
Bedürfniß des Handels und Wandels entstanden sind. Bei andern Städten
ist der Name von der Lage entnommen. Erdige derselbe auf „nes", wie
Horsenes, jetzt Horsens, so deutet dies die Lage auf einer Landzunge an, endigt
er mit „os", wie. Nandros, Aros, jetzt Nauders und Aarhuus, so deutet dies
aus die Mündung eines Flusses hin. Die Endung „ör", wie in Lögstör be¬
zeichnet eine Lage auf Sanddünen.

Etwas, was in Jütland sehr im Argen liegt, ist die Gartenkunst. Nur
bei den größeren Städten und auf größeren Landbesitzungen findet man Gemüse¬
gärten. Die Folge davon zeigt sich besonders in dem Mangel von Gemüsen
für den Mittagstisch. Die Nahrung der Juten besteht ausschließlich aus Fleisch¬
speisen, Fischen, Reis, Gries, Grütze und Eiern. Bei der ärmeren, besonders
aber bei der ländlichen Bevölkerung ist die Grütze fast die tägliche Speise.
Vorzüglich gut schmeckt die rothe Grütze mit Sahne, namentlich wenn sie
mit Himbeeren zubereitet ist. Eine sehr verbreitete Speise ist auch ein aus


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[0278] führen alljährlich eine große Menge derselben ins Ausland. Auch das Rind¬ vieh wird vorzugsweise zum Verkauf gezogen. Aber der Milchertrag ist auch so bedeutend, daß eine Kuh im Werthe von 50 Reichsthalern zuweilen für 60 bis 70 Reichsthaler Milch in einem Jahre liefert. In besonderer Blüthe steht ferner die Butterfabrikation. Die Butter wird meist von sogenannten Holländern, wie jeder Milchpächter und Käsefabrikant dort genannt wird, fabrik¬ mäßig gemacht und besonders nach England ausgeführt, wo sie sehr theuer bezahlt wird. Auf die Käsefabrikation wi,rd in Jütland weniger Fleiß verwandt. Die Schafzucht wird von den jütischen Landwirthen nicht sehr cultivirt und von sonstigem Vieh werden nur noch Schweine gemästet. Ziegen giebt es fast gar nicht, und was das Geflügel betrifft, so beschränkt sich der Jude auf die Hühner¬ zucht: Tauben und Gänse sind eine Seltenheit. Die Bewohner der Küstenstädte und der Küstendörfer sind von der Natur angewiesen, ihren Lebensunterhalt dem Meere abzugewinnen, und Schifffahrt und Fischerei sind einträgliche Gewerbe. Von Fischen wird außer dem Hering im Limfjord besonders die Makrele, der Dorsch und der Aal in den jütischen Gewässern gefangen. Sonstige industrielle und gewerbliche Beschäftigungen sind noch die Fabrikation von Gußeisenwaaren in Aalborg, die Handschuh- sabrikation in Nauders, die Topffabrikation in der Gegend von Varde und die Holzschuhfabrikation in der silkeborger Gegend. Die jütischen Städte ge¬ währen durchgehends, einen wohlthuenden Eindruck. Sind sie auch meist sehr alt, so zeigen sie doch breite Straßen, sehr schönes Pflaster, und die kleinste Stadt hat Gasbeleuchtung. Das Alter der Städte läßt sich nicht genau be¬ stimmen; ihre Namen deuten jedoch oft auf ihren Ursprung hin. wie Aalborg und Skanderborg ihre Entstehung alten Burgen verdanken. Die Städtenamen, welche auf „sjöbing" endigen, deuten darauf hin, daß diese Städte'durch das Bedürfniß des Handels und Wandels entstanden sind. Bei andern Städten ist der Name von der Lage entnommen. Erdige derselbe auf „nes", wie Horsenes, jetzt Horsens, so deutet dies die Lage auf einer Landzunge an, endigt er mit „os", wie. Nandros, Aros, jetzt Nauders und Aarhuus, so deutet dies aus die Mündung eines Flusses hin. Die Endung „ör", wie in Lögstör be¬ zeichnet eine Lage auf Sanddünen. Etwas, was in Jütland sehr im Argen liegt, ist die Gartenkunst. Nur bei den größeren Städten und auf größeren Landbesitzungen findet man Gemüse¬ gärten. Die Folge davon zeigt sich besonders in dem Mangel von Gemüsen für den Mittagstisch. Die Nahrung der Juten besteht ausschließlich aus Fleisch¬ speisen, Fischen, Reis, Gries, Grütze und Eiern. Bei der ärmeren, besonders aber bei der ländlichen Bevölkerung ist die Grütze fast die tägliche Speise. Vorzüglich gut schmeckt die rothe Grütze mit Sahne, namentlich wenn sie mit Himbeeren zubereitet ist. Eine sehr verbreitete Speise ist auch ein aus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/278>, abgerufen am 29.06.2024.