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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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Nhabarberstauden gekochtes Gelee, das ebenfalls mit Sahne gegessen wird.
Schinken und Wurst sind meist von Hammelfleisch und für alle diejenigen,
welche Schweineschinkcn und (Zervelatwurst zu essen gewohnt sind, keine ange¬
nehme Speise. Das Roggenbrod ist unserm Conunisbrot sehr ähnlich; doch
wird in der Regel gleichzeitig ein ganz seines Weißbrot gegeben. Des Morgens
wird mehr Thee als Kaffee getrunken, und selbst bei den Bauern erhält man
stets Thee, wenn auch nicht immer vom besten. Vor jeder Mahlzeit pflegt der
Jute den Magen durch einen Aquavit zu reizen, während er im Allgemeinen
im Genuß von Getränken sehr mäßig ist. Nur des Abends, vor dem Schlafen¬
gehen liebt er es, einen Grog zu trinken. Von Weinen trifft man in Jütland
fast nur die Erzeugnisse Frankreichs und Spaniens, die Biere sind -- vom
englischen Ale und' Porter natürlich abgesehen -- sehr leicht, und namentlich
der Bauer trinkt einen selbstgebrautcn Gerstensaft, den man weder der Farbe,
noch dem Geschmack nach eigentlich Bier nennen sollte. Betrunkene Leute sieht
man in Jütland weder in den Städten, noch auf dem Lande. Der Jute hält
es im Allgemeinen mehr mit dem Essen, als mit dem Trinken, was sich auf
dem Lande bei dem gänzlichen Mangel an Volksfesten besonders bei den Hoch-
Zeiten kund thut, die überall mit großem Glänze gefeiert werden.

Will ein jüdischer Bauer Hochzeit machen, so reitet schon acht Tage vorher
ein Junggeselle als Einlader umher. Die Worte, welche derselbe auszurichten
hat, sind von Alters her bestimmt, und der junge Bauer lernt dieselben aus¬
wendig, schreibt sie sich auch wohl der Vorsicht wegen auf einen Zettel, den
er im Hute befestigt. Diese Einladung lautet: "Nachdem es dem dreieinigen
^oll gefallen hat, eine echte Liebe zwischen dem Junggesellen N. N. und der
gottesfürchtiger Jungfrau N. N. zu stiften, so gedenken dieselben nun durch
eine göttliche Verbindung oder Trauung ihre eheliche Vereinigung zu vollziehen
Sonnabend den--in der Kirche zu N. N. Es wird daher das freundliche
Ersuchen an Dich gestellt, daß Du mit Frau, Kind und Familie dem Vater
der Braut die Ehre erweisen wollest u. s. w." Jede eingeladene Familie schickt
Leute voraus, welche bei der Bewirthung Hilfe leisten, sowie auch ein paar
Hühner, ein gutes Stück Butter und dergleichen mehr. Am bestimmten Tage,
gewöhnlich an einem Sonnabend, sammeln sich die Gäste in ihrem besten Staat
^ Brauthause, wo jeder Ankommende mit Musik im Hofe empfangen wird.
Man genießt nun ein Frühstück und begiebt sich dann zu Wagen zur Kirche. An
der Spitze vor dem Zuge reiten einige junge Leute und hinter ihnen fahren
d'e Musikanten. Braut und Bräutigam, sowie deren Begleiter begegnen sich
gewöhnlich erst an der Kirche, und es ist Pflicht des Bräutigams, zuerst zur
Stelle zu sein. Die Musik geht nun vor der Braut und deren weiblichem Ge-
folge von derKirchhofthür bis zur Kirchthür und wendet sich dann wieder zurück,
um auf dieselbe Weise den Bräutigam mit seinem Gefolge von Männern und


Nhabarberstauden gekochtes Gelee, das ebenfalls mit Sahne gegessen wird.
Schinken und Wurst sind meist von Hammelfleisch und für alle diejenigen,
welche Schweineschinkcn und (Zervelatwurst zu essen gewohnt sind, keine ange¬
nehme Speise. Das Roggenbrod ist unserm Conunisbrot sehr ähnlich; doch
wird in der Regel gleichzeitig ein ganz seines Weißbrot gegeben. Des Morgens
wird mehr Thee als Kaffee getrunken, und selbst bei den Bauern erhält man
stets Thee, wenn auch nicht immer vom besten. Vor jeder Mahlzeit pflegt der
Jute den Magen durch einen Aquavit zu reizen, während er im Allgemeinen
im Genuß von Getränken sehr mäßig ist. Nur des Abends, vor dem Schlafen¬
gehen liebt er es, einen Grog zu trinken. Von Weinen trifft man in Jütland
fast nur die Erzeugnisse Frankreichs und Spaniens, die Biere sind — vom
englischen Ale und' Porter natürlich abgesehen — sehr leicht, und namentlich
der Bauer trinkt einen selbstgebrautcn Gerstensaft, den man weder der Farbe,
noch dem Geschmack nach eigentlich Bier nennen sollte. Betrunkene Leute sieht
man in Jütland weder in den Städten, noch auf dem Lande. Der Jute hält
es im Allgemeinen mehr mit dem Essen, als mit dem Trinken, was sich auf
dem Lande bei dem gänzlichen Mangel an Volksfesten besonders bei den Hoch-
Zeiten kund thut, die überall mit großem Glänze gefeiert werden.

Will ein jüdischer Bauer Hochzeit machen, so reitet schon acht Tage vorher
ein Junggeselle als Einlader umher. Die Worte, welche derselbe auszurichten
hat, sind von Alters her bestimmt, und der junge Bauer lernt dieselben aus¬
wendig, schreibt sie sich auch wohl der Vorsicht wegen auf einen Zettel, den
er im Hute befestigt. Diese Einladung lautet: „Nachdem es dem dreieinigen
^oll gefallen hat, eine echte Liebe zwischen dem Junggesellen N. N. und der
gottesfürchtiger Jungfrau N. N. zu stiften, so gedenken dieselben nun durch
eine göttliche Verbindung oder Trauung ihre eheliche Vereinigung zu vollziehen
Sonnabend den--in der Kirche zu N. N. Es wird daher das freundliche
Ersuchen an Dich gestellt, daß Du mit Frau, Kind und Familie dem Vater
der Braut die Ehre erweisen wollest u. s. w." Jede eingeladene Familie schickt
Leute voraus, welche bei der Bewirthung Hilfe leisten, sowie auch ein paar
Hühner, ein gutes Stück Butter und dergleichen mehr. Am bestimmten Tage,
gewöhnlich an einem Sonnabend, sammeln sich die Gäste in ihrem besten Staat
^ Brauthause, wo jeder Ankommende mit Musik im Hofe empfangen wird.
Man genießt nun ein Frühstück und begiebt sich dann zu Wagen zur Kirche. An
der Spitze vor dem Zuge reiten einige junge Leute und hinter ihnen fahren
d'e Musikanten. Braut und Bräutigam, sowie deren Begleiter begegnen sich
gewöhnlich erst an der Kirche, und es ist Pflicht des Bräutigams, zuerst zur
Stelle zu sein. Die Musik geht nun vor der Braut und deren weiblichem Ge-
folge von derKirchhofthür bis zur Kirchthür und wendet sich dann wieder zurück,
um auf dieselbe Weise den Bräutigam mit seinem Gefolge von Männern und


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[0279] Nhabarberstauden gekochtes Gelee, das ebenfalls mit Sahne gegessen wird. Schinken und Wurst sind meist von Hammelfleisch und für alle diejenigen, welche Schweineschinkcn und (Zervelatwurst zu essen gewohnt sind, keine ange¬ nehme Speise. Das Roggenbrod ist unserm Conunisbrot sehr ähnlich; doch wird in der Regel gleichzeitig ein ganz seines Weißbrot gegeben. Des Morgens wird mehr Thee als Kaffee getrunken, und selbst bei den Bauern erhält man stets Thee, wenn auch nicht immer vom besten. Vor jeder Mahlzeit pflegt der Jute den Magen durch einen Aquavit zu reizen, während er im Allgemeinen im Genuß von Getränken sehr mäßig ist. Nur des Abends, vor dem Schlafen¬ gehen liebt er es, einen Grog zu trinken. Von Weinen trifft man in Jütland fast nur die Erzeugnisse Frankreichs und Spaniens, die Biere sind — vom englischen Ale und' Porter natürlich abgesehen — sehr leicht, und namentlich der Bauer trinkt einen selbstgebrautcn Gerstensaft, den man weder der Farbe, noch dem Geschmack nach eigentlich Bier nennen sollte. Betrunkene Leute sieht man in Jütland weder in den Städten, noch auf dem Lande. Der Jute hält es im Allgemeinen mehr mit dem Essen, als mit dem Trinken, was sich auf dem Lande bei dem gänzlichen Mangel an Volksfesten besonders bei den Hoch- Zeiten kund thut, die überall mit großem Glänze gefeiert werden. Will ein jüdischer Bauer Hochzeit machen, so reitet schon acht Tage vorher ein Junggeselle als Einlader umher. Die Worte, welche derselbe auszurichten hat, sind von Alters her bestimmt, und der junge Bauer lernt dieselben aus¬ wendig, schreibt sie sich auch wohl der Vorsicht wegen auf einen Zettel, den er im Hute befestigt. Diese Einladung lautet: „Nachdem es dem dreieinigen ^oll gefallen hat, eine echte Liebe zwischen dem Junggesellen N. N. und der gottesfürchtiger Jungfrau N. N. zu stiften, so gedenken dieselben nun durch eine göttliche Verbindung oder Trauung ihre eheliche Vereinigung zu vollziehen Sonnabend den--in der Kirche zu N. N. Es wird daher das freundliche Ersuchen an Dich gestellt, daß Du mit Frau, Kind und Familie dem Vater der Braut die Ehre erweisen wollest u. s. w." Jede eingeladene Familie schickt Leute voraus, welche bei der Bewirthung Hilfe leisten, sowie auch ein paar Hühner, ein gutes Stück Butter und dergleichen mehr. Am bestimmten Tage, gewöhnlich an einem Sonnabend, sammeln sich die Gäste in ihrem besten Staat ^ Brauthause, wo jeder Ankommende mit Musik im Hofe empfangen wird. Man genießt nun ein Frühstück und begiebt sich dann zu Wagen zur Kirche. An der Spitze vor dem Zuge reiten einige junge Leute und hinter ihnen fahren d'e Musikanten. Braut und Bräutigam, sowie deren Begleiter begegnen sich gewöhnlich erst an der Kirche, und es ist Pflicht des Bräutigams, zuerst zur Stelle zu sein. Die Musik geht nun vor der Braut und deren weiblichem Ge- folge von derKirchhofthür bis zur Kirchthür und wendet sich dann wieder zurück, um auf dieselbe Weise den Bräutigam mit seinem Gefolge von Männern und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/279>, abgerufen am 28.09.2024.