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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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druck. Die Häuser in den Städten haben nur ein, höchstens zwei Stockwerke,
'sind fast alle alt und werden in der Regel nur von einer Familie bewohnt.
Aus 'neuerer Zeit sind fast nur die öffentlichen Bauten, von welchen besonders
die Schulen in die Augen fallen. Dagegen . wohnt der Jute gern bequem,
und die weitläufigen Wohnungen sind in den Städten fast durchgängig, selbst
bei den schlichtesten Leuten gut, häufig sogar luxuriös ausgestattet. Besonders
gut nehmen sich die Wände aus, die man in vielen Wohnungen mit dunkel¬
grüner oder rother Oelfarbe angestrichen findet. Von diesem Hintergrund heben
sich denn dann die Statuen, durchgängig Nachbildungen thorwaldsenscher Kunst¬
werke, für welche der Däne eine große Verehrung und Vorliebe hat, vortrefflich
ab. Von sonstigen Zimmerdecorationen findet man besonders Stiche nach den
cxnerschen Bildern aus dem Leben der dänischen Seeleute. Außerdem hängen
überall Portraits des Königs.Friedrich des Siebenten und sonst wohl auch die dänischen
Dichter Oelenschläger und Andersen, ihr größter Künstler Thorwaldsen und
die Schauspielerin Heiberg, von deutschen Portraits der große Preußcnkönig Friedrich
der Zweite und Goethe. Die Möbel entsprechen allen Anforderungen der Bequem¬
lichkeit; eine besondere Vorliebe scheinen die Juten für Gasbeleuchtung in den
Zimmern zu haben. Flügelinstruinente sieht man selten, die Klaviere sind in der Regel
altmodisch und mangelhaft. Ueberhaupt scheint die Musik die Kunst zu sein,
Welche in Dänemark am weitesten zurückgeblieben ist. Von Büchern bemerkt man
bei den Juden außer dänischen vorzugsweise deutsche, da fast jeder gebidete
Jute der deutschen Sprache vollkommen mächtig ist. Zur Aufbewahrung von
Hüten und Mänteln pflegt der Flur benutzt zu werden, und niemand braucht zu
fürchten, daß sich durch die stets offen stehende Hausthür jemals ein Dieb ein-
schleichen werde. Bei dem allgemeinen Wohlstande und den vortrefflichen Armen-
Gesetzen ist der Diebstahl ebenso selten, ja man könnte fast sagen ebenso unbekannt,
wie die Bettelei.

Auf dem Lande sind die Wohnungen sehr verschieden. Die alten Häuser
sind häufig von Bindwerk aufgeführt und an den Pfosten und Balken roth
angestrichen; doch sind in den wohlhabenden Gegenden die Gebäude meist in
den letzten zehn oder zwanzig Jahren neu erbaut, aber auch bei den Neubauten hat
sub der Bauer von dem Strohdach nicht trennen können. In den fruchtbaren
Küstenlandschaften bilden die Bauerhöfe meist zusammenhängende Dörfer, in
^r Mitte des Landes aber und überhaupt in den Haidegegenden liegen die
Gehöfte meist vereinzelt. Der Grundcharakter der Bauernhöfe ist die Form
unes Vierecks. Die Seite nach der Straße zu enthält die Einfahrt und zu
beiden Seiten Scheunen; gegenüber liegt das Wohnhaus, und die beiden Ver-
bindungsgebäudc enthalten die Ställe und die Gesindewohnungen. Diese Bau-
hat den Nachtheil, daß die Sonne selten in die Wohnungsräume eindringen
^um, die daher sehr oft feucht und dumpfig sind. Aber überall findet man


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druck. Die Häuser in den Städten haben nur ein, höchstens zwei Stockwerke,
'sind fast alle alt und werden in der Regel nur von einer Familie bewohnt.
Aus 'neuerer Zeit sind fast nur die öffentlichen Bauten, von welchen besonders
die Schulen in die Augen fallen. Dagegen . wohnt der Jute gern bequem,
und die weitläufigen Wohnungen sind in den Städten fast durchgängig, selbst
bei den schlichtesten Leuten gut, häufig sogar luxuriös ausgestattet. Besonders
gut nehmen sich die Wände aus, die man in vielen Wohnungen mit dunkel¬
grüner oder rother Oelfarbe angestrichen findet. Von diesem Hintergrund heben
sich denn dann die Statuen, durchgängig Nachbildungen thorwaldsenscher Kunst¬
werke, für welche der Däne eine große Verehrung und Vorliebe hat, vortrefflich
ab. Von sonstigen Zimmerdecorationen findet man besonders Stiche nach den
cxnerschen Bildern aus dem Leben der dänischen Seeleute. Außerdem hängen
überall Portraits des Königs.Friedrich des Siebenten und sonst wohl auch die dänischen
Dichter Oelenschläger und Andersen, ihr größter Künstler Thorwaldsen und
die Schauspielerin Heiberg, von deutschen Portraits der große Preußcnkönig Friedrich
der Zweite und Goethe. Die Möbel entsprechen allen Anforderungen der Bequem¬
lichkeit; eine besondere Vorliebe scheinen die Juten für Gasbeleuchtung in den
Zimmern zu haben. Flügelinstruinente sieht man selten, die Klaviere sind in der Regel
altmodisch und mangelhaft. Ueberhaupt scheint die Musik die Kunst zu sein,
Welche in Dänemark am weitesten zurückgeblieben ist. Von Büchern bemerkt man
bei den Juden außer dänischen vorzugsweise deutsche, da fast jeder gebidete
Jute der deutschen Sprache vollkommen mächtig ist. Zur Aufbewahrung von
Hüten und Mänteln pflegt der Flur benutzt zu werden, und niemand braucht zu
fürchten, daß sich durch die stets offen stehende Hausthür jemals ein Dieb ein-
schleichen werde. Bei dem allgemeinen Wohlstande und den vortrefflichen Armen-
Gesetzen ist der Diebstahl ebenso selten, ja man könnte fast sagen ebenso unbekannt,
wie die Bettelei.

Auf dem Lande sind die Wohnungen sehr verschieden. Die alten Häuser
sind häufig von Bindwerk aufgeführt und an den Pfosten und Balken roth
angestrichen; doch sind in den wohlhabenden Gegenden die Gebäude meist in
den letzten zehn oder zwanzig Jahren neu erbaut, aber auch bei den Neubauten hat
sub der Bauer von dem Strohdach nicht trennen können. In den fruchtbaren
Küstenlandschaften bilden die Bauerhöfe meist zusammenhängende Dörfer, in
^r Mitte des Landes aber und überhaupt in den Haidegegenden liegen die
Gehöfte meist vereinzelt. Der Grundcharakter der Bauernhöfe ist die Form
unes Vierecks. Die Seite nach der Straße zu enthält die Einfahrt und zu
beiden Seiten Scheunen; gegenüber liegt das Wohnhaus, und die beiden Ver-
bindungsgebäudc enthalten die Ställe und die Gesindewohnungen. Diese Bau-
hat den Nachtheil, daß die Sonne selten in die Wohnungsräume eindringen
^um, die daher sehr oft feucht und dumpfig sind. Aber überall findet man


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[0275] druck. Die Häuser in den Städten haben nur ein, höchstens zwei Stockwerke, 'sind fast alle alt und werden in der Regel nur von einer Familie bewohnt. Aus 'neuerer Zeit sind fast nur die öffentlichen Bauten, von welchen besonders die Schulen in die Augen fallen. Dagegen . wohnt der Jute gern bequem, und die weitläufigen Wohnungen sind in den Städten fast durchgängig, selbst bei den schlichtesten Leuten gut, häufig sogar luxuriös ausgestattet. Besonders gut nehmen sich die Wände aus, die man in vielen Wohnungen mit dunkel¬ grüner oder rother Oelfarbe angestrichen findet. Von diesem Hintergrund heben sich denn dann die Statuen, durchgängig Nachbildungen thorwaldsenscher Kunst¬ werke, für welche der Däne eine große Verehrung und Vorliebe hat, vortrefflich ab. Von sonstigen Zimmerdecorationen findet man besonders Stiche nach den cxnerschen Bildern aus dem Leben der dänischen Seeleute. Außerdem hängen überall Portraits des Königs.Friedrich des Siebenten und sonst wohl auch die dänischen Dichter Oelenschläger und Andersen, ihr größter Künstler Thorwaldsen und die Schauspielerin Heiberg, von deutschen Portraits der große Preußcnkönig Friedrich der Zweite und Goethe. Die Möbel entsprechen allen Anforderungen der Bequem¬ lichkeit; eine besondere Vorliebe scheinen die Juten für Gasbeleuchtung in den Zimmern zu haben. Flügelinstruinente sieht man selten, die Klaviere sind in der Regel altmodisch und mangelhaft. Ueberhaupt scheint die Musik die Kunst zu sein, Welche in Dänemark am weitesten zurückgeblieben ist. Von Büchern bemerkt man bei den Juden außer dänischen vorzugsweise deutsche, da fast jeder gebidete Jute der deutschen Sprache vollkommen mächtig ist. Zur Aufbewahrung von Hüten und Mänteln pflegt der Flur benutzt zu werden, und niemand braucht zu fürchten, daß sich durch die stets offen stehende Hausthür jemals ein Dieb ein- schleichen werde. Bei dem allgemeinen Wohlstande und den vortrefflichen Armen- Gesetzen ist der Diebstahl ebenso selten, ja man könnte fast sagen ebenso unbekannt, wie die Bettelei. Auf dem Lande sind die Wohnungen sehr verschieden. Die alten Häuser sind häufig von Bindwerk aufgeführt und an den Pfosten und Balken roth angestrichen; doch sind in den wohlhabenden Gegenden die Gebäude meist in den letzten zehn oder zwanzig Jahren neu erbaut, aber auch bei den Neubauten hat sub der Bauer von dem Strohdach nicht trennen können. In den fruchtbaren Küstenlandschaften bilden die Bauerhöfe meist zusammenhängende Dörfer, in ^r Mitte des Landes aber und überhaupt in den Haidegegenden liegen die Gehöfte meist vereinzelt. Der Grundcharakter der Bauernhöfe ist die Form unes Vierecks. Die Seite nach der Straße zu enthält die Einfahrt und zu beiden Seiten Scheunen; gegenüber liegt das Wohnhaus, und die beiden Ver- bindungsgebäudc enthalten die Ställe und die Gesindewohnungen. Diese Bau- hat den Nachtheil, daß die Sonne selten in die Wohnungsräume eindringen ^um, die daher sehr oft feucht und dumpfig sind. Aber überall findet man Grenzboten II. 18«i5. 33

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/275>, abgerufen am 29.06.2024.