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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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damals verbündet mit derjenigen der legitimistischen Particularistcn, hat nicht am
wenigsten dazu beigetragen die Nation um die Früchte jenes großen Jahres zu be¬
trügen. Wohl ist es auch in dieser Hinsicht ein Unglück, daß eine formell berech¬
tigte deutsche Centralgewalt zur Zeit nicht existirt und Preußen seine Legitimation
nur aus der zwingenden Macht der Verhältnisse hernimmt; mancher Kurzsichtige
mag dieses nicht zu begreifen vermögen, mancher Eigensinnige mit Erfolg sich selber
belügen. Aber die Sache selbst wird darum nicht anders: unter Umständen hat der Ge¬
schäftsführer ohne Austrag gerade so viel Pflichten und so viel Rechte wie der Mandatar.
Die Schleswig-Holsteincr vor allem sollten dies nicht verkennen. Unter den vielen
taufenden von elenden Tagen, die sie in der dänischen Zwingherrschaft der letzten
Decennien zubrachten, ist keiner zu Ende gegangen, ohne daß Tausende und aber
Tausende dort die Preußen herbeigerufen hätten gegen die Dänen als das Schwert
von Deutschland. Wollten sie wirklich jetzt, wo das Schwert geblitzt und getroffen
hat, wo dasselbe sich anschickt weithin über die deutschen Meere sich auszustrecken,
wollte" sie jetzt auch nur sagen: wir acceptiren nicht, wir pactiren -- nun, der
Pöbel aller Sorten in Deutschland würde ihnen freilich Bravo rufen, aber von den
Bessern in Deutschland wäre die Antwort: Pfui!

Indeß nicht blos diese principiellen Bedenken sprechen dafür, hinsichtlich der
mit Recht von Preußen gestellten Forderungen den Herzogthümern das Vcrcinba-
rungs- oder Mitbcstimmungsrecht nicht zu gestatten. Wer mit den Verhältnissen
einigermaßen bekannt ist, wird es zweifelhaft finden, ob die Schleswig-holsteinische
Landcsvcrsammlung, einerlei nach welchem Wahlgesetz man sie beruft, auf diese
Forderungen eingehen würde, wenn sie so, wie es gewünscht wird, an dieselbe ge¬
langten. Sie enthalten eine schwere Belastung des Landes; und ob einer überwiegend
aus Landleuten bestehenden, vorzugsweise von Legitimitätsgcfühl und Particular-
patriotismus getragenen, von keiner dominirenden Intelligenz beherrschten Versamm¬
lung die politische Nothwendigkeit unbedingt einleuchten und in ihr durchschlagen
wird, wer kann das verbürgen? Aus den letzten Erklärungen der Schleswig-holstcinschen
Vereine oder vielmehr nur ihres Ausschusses auf jene Entscheidung zurückzuschießen,
ist im hohen Grade bedenklich, um so mehr als dessen Bekehrung vom specifisch-an¬
tipreußischen Particularismus mit einer zwar sehr erfreulichen, aber keineswegs für
die Zukunft beruhigenden Plötzlichkeit erfolgt ist. Indeß wir beurtheilen vor allem
Schleswig-Holstein nicht nach den zur Zeit sogenannten Schleswig-holsteinischen Vereinen.
Vielmehr, da der gesunde Menschenverstand auch eine Großmacht ist, leben wir der
sicheren Hoffnung, daß bei der nächsten (bei der nächsten gewiß nicht) Schleswig-holsteinischen
Landcsvcrsammluug er die erste Rolle spielen wird, und davon sind wir sehr fest überzeugt,
(in dieser Ueberzeugung irrt der Verfasser wieder) daß die Männer, die zu der Fahne
unseres unvergeßlichen Lehmann stehen, in dieser Versammlung nicht so völlig fehlen
werden wie in derjenigen, die vor Kurzem bei uus mit dem Anspruch auftrat, Schles¬
wig-Holstein vor Deutschland zu vertreten. Aber naiv bleibt es doch, uns Preußen
zuzumuthen, daß zuerst und vor allen Dingen eine Versammlung einberufen werde,
der möglicherweise der angestammte Herzog mehr werth sein wird, als die Zukunft
Deutschlands. Und was soll denn werden, wenn wirklich jene Versammlung sich
an Wien und Frankfurt hält statt um Berlin, und die berechtigten Forderungen
Preußens ablehnt oder durchkreuzt? Soll etwa vor dem Particularismus das
Schwert gestreckt werden, das die Dänen aus dem Lande schlug? Oder soll etwa
dann der Vercinbarungsstandpunkt aufgegeben und schließlich doch zum Zwang ge¬
griffen werden? Wahrscheinlich ist ein solcher Fall nicht, aber möglich; und die
bloße Möglichkeit genügt, um von der Vereinbarungstheorie gänzlich abzusehen."

Mommsen meint nun, daß es am besten sein würde, wenn die Herzogtümer
sich, vertreten durch eine Anzahl Fachmänner, mit Preußen über die zukünftige
Ordnung des Verhältnisses zwischen Schleswig-Holstein und Preußen ver-


damals verbündet mit derjenigen der legitimistischen Particularistcn, hat nicht am
wenigsten dazu beigetragen die Nation um die Früchte jenes großen Jahres zu be¬
trügen. Wohl ist es auch in dieser Hinsicht ein Unglück, daß eine formell berech¬
tigte deutsche Centralgewalt zur Zeit nicht existirt und Preußen seine Legitimation
nur aus der zwingenden Macht der Verhältnisse hernimmt; mancher Kurzsichtige
mag dieses nicht zu begreifen vermögen, mancher Eigensinnige mit Erfolg sich selber
belügen. Aber die Sache selbst wird darum nicht anders: unter Umständen hat der Ge¬
schäftsführer ohne Austrag gerade so viel Pflichten und so viel Rechte wie der Mandatar.
Die Schleswig-Holsteincr vor allem sollten dies nicht verkennen. Unter den vielen
taufenden von elenden Tagen, die sie in der dänischen Zwingherrschaft der letzten
Decennien zubrachten, ist keiner zu Ende gegangen, ohne daß Tausende und aber
Tausende dort die Preußen herbeigerufen hätten gegen die Dänen als das Schwert
von Deutschland. Wollten sie wirklich jetzt, wo das Schwert geblitzt und getroffen
hat, wo dasselbe sich anschickt weithin über die deutschen Meere sich auszustrecken,
wollte» sie jetzt auch nur sagen: wir acceptiren nicht, wir pactiren — nun, der
Pöbel aller Sorten in Deutschland würde ihnen freilich Bravo rufen, aber von den
Bessern in Deutschland wäre die Antwort: Pfui!

Indeß nicht blos diese principiellen Bedenken sprechen dafür, hinsichtlich der
mit Recht von Preußen gestellten Forderungen den Herzogthümern das Vcrcinba-
rungs- oder Mitbcstimmungsrecht nicht zu gestatten. Wer mit den Verhältnissen
einigermaßen bekannt ist, wird es zweifelhaft finden, ob die Schleswig-holsteinische
Landcsvcrsammlung, einerlei nach welchem Wahlgesetz man sie beruft, auf diese
Forderungen eingehen würde, wenn sie so, wie es gewünscht wird, an dieselbe ge¬
langten. Sie enthalten eine schwere Belastung des Landes; und ob einer überwiegend
aus Landleuten bestehenden, vorzugsweise von Legitimitätsgcfühl und Particular-
patriotismus getragenen, von keiner dominirenden Intelligenz beherrschten Versamm¬
lung die politische Nothwendigkeit unbedingt einleuchten und in ihr durchschlagen
wird, wer kann das verbürgen? Aus den letzten Erklärungen der Schleswig-holstcinschen
Vereine oder vielmehr nur ihres Ausschusses auf jene Entscheidung zurückzuschießen,
ist im hohen Grade bedenklich, um so mehr als dessen Bekehrung vom specifisch-an¬
tipreußischen Particularismus mit einer zwar sehr erfreulichen, aber keineswegs für
die Zukunft beruhigenden Plötzlichkeit erfolgt ist. Indeß wir beurtheilen vor allem
Schleswig-Holstein nicht nach den zur Zeit sogenannten Schleswig-holsteinischen Vereinen.
Vielmehr, da der gesunde Menschenverstand auch eine Großmacht ist, leben wir der
sicheren Hoffnung, daß bei der nächsten (bei der nächsten gewiß nicht) Schleswig-holsteinischen
Landcsvcrsammluug er die erste Rolle spielen wird, und davon sind wir sehr fest überzeugt,
(in dieser Ueberzeugung irrt der Verfasser wieder) daß die Männer, die zu der Fahne
unseres unvergeßlichen Lehmann stehen, in dieser Versammlung nicht so völlig fehlen
werden wie in derjenigen, die vor Kurzem bei uus mit dem Anspruch auftrat, Schles¬
wig-Holstein vor Deutschland zu vertreten. Aber naiv bleibt es doch, uns Preußen
zuzumuthen, daß zuerst und vor allen Dingen eine Versammlung einberufen werde,
der möglicherweise der angestammte Herzog mehr werth sein wird, als die Zukunft
Deutschlands. Und was soll denn werden, wenn wirklich jene Versammlung sich
an Wien und Frankfurt hält statt um Berlin, und die berechtigten Forderungen
Preußens ablehnt oder durchkreuzt? Soll etwa vor dem Particularismus das
Schwert gestreckt werden, das die Dänen aus dem Lande schlug? Oder soll etwa
dann der Vercinbarungsstandpunkt aufgegeben und schließlich doch zum Zwang ge¬
griffen werden? Wahrscheinlich ist ein solcher Fall nicht, aber möglich; und die
bloße Möglichkeit genügt, um von der Vereinbarungstheorie gänzlich abzusehen."

Mommsen meint nun, daß es am besten sein würde, wenn die Herzogtümer
sich, vertreten durch eine Anzahl Fachmänner, mit Preußen über die zukünftige
Ordnung des Verhältnisses zwischen Schleswig-Holstein und Preußen ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/170>, abgerufen am 26.06.2024.