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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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Erstens ließe sich die Frage aufwerfen, ob es sich nicht rechtfertigen ließe,
wenn von Dampfschiffen eine höhere Gebühr als von Segelschiffen erhoben
würde; denn diese Art Fahrzeuge haben (wegen der Möglichkeit infolge der
Zeitersparnis) mehr Fahrten zu machen, ferner wegen der größeren Kosten ihres
Betriebs und wegen ihrer stärkeren Bemannung) einen ungleich größeren Vor¬
theil von der Benutzung des Kanales als andere Schisse. Indeß mag dies
dahingestellt bleiben.

Zweitens aber sind in der Denkschrift die Renten so berechnet, als ob das
Werk von einer Privatgesellschaft ausgeführt wäre. In diesem Falle aber
würde es in der Billigkeit liegen, daß für die Benutzung des Kanales durch
die Kriegsmarine von Seiten des Staates eine Entschädigung gewährt würde.
Die Denkschrift sagt hierüber:

- "Wird der Kanal auf Staatskosten gebaut, so kann der Staat erwarten,
daß er das Anlagecapital verzinst und amortisirt und somit die für die Kriegs¬
marine so wichtige Anlage gewissermaßen umsonst herstellt.

Soll der Bau der Privatindustrie übergeben werden, so würde es wegen
des Interesses des Staates an dem Zustandekommen des Werkes sich vielleicht
empfehlen, gegen die Leistung einer kostenfreien Beförderung der Kriegsmarine
der Baugesellschaft eine Minimaleinnahme zu garantiren. Die Garantiesumme
würde sich bei der angenommenen Minimalfrequenz des Kanals (von 1S,000
Schiffen jährlich), je nachdem ein Ertrag von 4Vs oder S Procent garantirt
werden sollte, auf höchstens V" bis ^ Procent des Anlagecapitals, d. h. auf
46,250 bis 138,760 Thlr. jährlich belaufen, was als keine große Entschädigung
für die Gegenleistung der Kanalbaugesellschaft anzusehen sein dürste."

Drittens ließe sich unter Umständen sogar noch eine ^Ermäßigung der Bau¬
summe herbeiführen. Von selbst versteht sich, daß die Techniker, welche die
Kieler beriethen, ihre Voranschlägenach reiflicher Ueberlegung aufgestellt haben.
Immer aber wird es bei einem so weitschichtigen und in vielen Beziehungen
nothwendig auf Wahrscheinlichkeiten beruhenden Unternehmen manche Punkte
geben können, bei welchen die Ansichten der Fachleute von einander abweichen.
Dem Einen mag diese, dem Andern jene Position zu hoch gegriffen sein. In¬
deß zeigt die oben gegebene summarische Rentabilitätsberechnung, daß selbst bei
einer auf 20 Millionen Thlr. gesteigerten Vausumme eine ziemlich gute Ver¬
zinsung des eingezahlten Capitals zu erwarten wäre. Es hätten also die Vor¬
anschläge noch um anderthalb Millionen höher ausfallen können, ohne die
Rentabilität zu gefährden, und so sah sich der Verfasser der Denkschrift nicht
veranlaßt, solche Modificationen in der Ausführung des Kanalbaus zu berechnen,
welche, ohne die Brauchbarkeit des Werkes zu beeinträchtigen, beträchtliche
Summen ersparen lassen. Dahin gehört vorzüglich der Umstand, daß der Kanal
nicht in seiner ganzen Ausdehnung die oben angesetzte Breite von 160 Fuß


Erstens ließe sich die Frage aufwerfen, ob es sich nicht rechtfertigen ließe,
wenn von Dampfschiffen eine höhere Gebühr als von Segelschiffen erhoben
würde; denn diese Art Fahrzeuge haben (wegen der Möglichkeit infolge der
Zeitersparnis) mehr Fahrten zu machen, ferner wegen der größeren Kosten ihres
Betriebs und wegen ihrer stärkeren Bemannung) einen ungleich größeren Vor¬
theil von der Benutzung des Kanales als andere Schisse. Indeß mag dies
dahingestellt bleiben.

Zweitens aber sind in der Denkschrift die Renten so berechnet, als ob das
Werk von einer Privatgesellschaft ausgeführt wäre. In diesem Falle aber
würde es in der Billigkeit liegen, daß für die Benutzung des Kanales durch
die Kriegsmarine von Seiten des Staates eine Entschädigung gewährt würde.
Die Denkschrift sagt hierüber:

- „Wird der Kanal auf Staatskosten gebaut, so kann der Staat erwarten,
daß er das Anlagecapital verzinst und amortisirt und somit die für die Kriegs¬
marine so wichtige Anlage gewissermaßen umsonst herstellt.

Soll der Bau der Privatindustrie übergeben werden, so würde es wegen
des Interesses des Staates an dem Zustandekommen des Werkes sich vielleicht
empfehlen, gegen die Leistung einer kostenfreien Beförderung der Kriegsmarine
der Baugesellschaft eine Minimaleinnahme zu garantiren. Die Garantiesumme
würde sich bei der angenommenen Minimalfrequenz des Kanals (von 1S,000
Schiffen jährlich), je nachdem ein Ertrag von 4Vs oder S Procent garantirt
werden sollte, auf höchstens V» bis ^ Procent des Anlagecapitals, d. h. auf
46,250 bis 138,760 Thlr. jährlich belaufen, was als keine große Entschädigung
für die Gegenleistung der Kanalbaugesellschaft anzusehen sein dürste."

Drittens ließe sich unter Umständen sogar noch eine ^Ermäßigung der Bau¬
summe herbeiführen. Von selbst versteht sich, daß die Techniker, welche die
Kieler beriethen, ihre Voranschlägenach reiflicher Ueberlegung aufgestellt haben.
Immer aber wird es bei einem so weitschichtigen und in vielen Beziehungen
nothwendig auf Wahrscheinlichkeiten beruhenden Unternehmen manche Punkte
geben können, bei welchen die Ansichten der Fachleute von einander abweichen.
Dem Einen mag diese, dem Andern jene Position zu hoch gegriffen sein. In¬
deß zeigt die oben gegebene summarische Rentabilitätsberechnung, daß selbst bei
einer auf 20 Millionen Thlr. gesteigerten Vausumme eine ziemlich gute Ver¬
zinsung des eingezahlten Capitals zu erwarten wäre. Es hätten also die Vor¬
anschläge noch um anderthalb Millionen höher ausfallen können, ohne die
Rentabilität zu gefährden, und so sah sich der Verfasser der Denkschrift nicht
veranlaßt, solche Modificationen in der Ausführung des Kanalbaus zu berechnen,
welche, ohne die Brauchbarkeit des Werkes zu beeinträchtigen, beträchtliche
Summen ersparen lassen. Dahin gehört vorzüglich der Umstand, daß der Kanal
nicht in seiner ganzen Ausdehnung die oben angesetzte Breite von 160 Fuß


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/156>, abgerufen am 26.06.2024.