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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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Da der Kanal ein für den großen Weltverkehr bestimmter ist, wird am
besten das Größemciß angenommen, welches am häufigsten vorkommt, und
dieses ist die Gewichtstonne, englisch rsZistsr ton, französisch toiweg>u, die auch
in Belgien und Nordamerika im Gebrauch ist. Fast jedes größere Schiff der
deutschen Handelsmarine (die nach Schiffslasten rechnet) ist in England gewesen
und dort gemessen worden; es führt folglich den englischen Meßbrief bei sich. Wo
dieser noch fehlt, wird eine Rcductionstabelle aushelfen können.

Den Gewinn, den jedes Fahrzeug durch Benutzung des großen norddeut¬
schen Kanals macht, berechnet die Denkschrift folgendermaßen.

Kost und Heuer der Schiffsmannschaft so wie gewöhnliche Verzinsung
stellt sich durchschnittlich für die Tonne und den Monat auf 1 bis IV" THIr.
Die durch den Kanal gewährte Zeitersparnis; für Schiffe, welche vom englischen
Kanal, dem südöstlichen England, Holland und Nordwestdcutschland nach der
Ostsee oder von dieser nach jenen Küsten wollen, und nicht mit Dampf fahren,
ist durchschnittlich auf 7 Tage anzusetzen (für Klipper auf weniger, für Dampfer
auf etwa 2 Tage). Diese Zcitersparung würde also einem Geldwerth von 7 bis
9V- Silbergroschen auf die Tonne gleichkommen, wobei der Gewinn der bei
hohen Assecuranzen zu berücksichtigenden Versicherungsprämie für 7 Tage nicht
mitgerechnet ist. Der Rheder hat jedoch einen anderen Maßstab der Zeiter¬
sparnis; anzulegen: er verlangt mehr als die gewöhnliche Verzinsung, und wird
dieses Mehr zugelegt, so wird fast ein Vortheil von 10 Sgr. sür die Tonne
durch Benutzung des Kanals erreicht. Berücksichtigt man aber, daß in einer
Abgabe von 10 Sgr. pro Tonne zugleich die Ladung eine Ersparnis; in- der
Assccuranzprämie genießt, und daß diese Ersparnis; in dem Frachtsatze eine
theilweise Ausgleichung findet, so ist der Denkschrift nicht zu widersprechen,
wenn sie behauptet:

1) daß beladene Schiffe bei einer Diirchgangsabgabe von 10 Sgr. für
die Tonne ihrer Tragfähigkeit eine sehr erhebliche Ersparung machen, indem,
wie bemerkt, in dem Frachtsatze indirect die Ersparnis; an der Assecuranz der
Ladung enthalten ist;

2) daß in Ballast fahrende Schiffe bei der Hälfte jener Gebühr, also
S Sgr. pro Tonne, erheblich direct ersparen;

3) daß sür in Ballast fahrende wie für beladene die stark verminderte See
gefahr bei Gebrauch der näheren Wasserstraße von der Nordsee in das baltische
Meer ein reeller Gewinn ist.

Berechnen wir nach dem Gesagten die Rentabilität der Anlage des Kanals,
so kommen wir zu folgenden Resultaten:

Bei der geringsten Frequenz, d. h. bei einer jährlichen Passage von
15,000 Schiffen ii> 200 Tonnen, von welchen Schiffen 13,600 beladen sind,
also pro Tonne 10 Sgr. Abgabe entrichten, während der Nest als in Ballast


Da der Kanal ein für den großen Weltverkehr bestimmter ist, wird am
besten das Größemciß angenommen, welches am häufigsten vorkommt, und
dieses ist die Gewichtstonne, englisch rsZistsr ton, französisch toiweg>u, die auch
in Belgien und Nordamerika im Gebrauch ist. Fast jedes größere Schiff der
deutschen Handelsmarine (die nach Schiffslasten rechnet) ist in England gewesen
und dort gemessen worden; es führt folglich den englischen Meßbrief bei sich. Wo
dieser noch fehlt, wird eine Rcductionstabelle aushelfen können.

Den Gewinn, den jedes Fahrzeug durch Benutzung des großen norddeut¬
schen Kanals macht, berechnet die Denkschrift folgendermaßen.

Kost und Heuer der Schiffsmannschaft so wie gewöhnliche Verzinsung
stellt sich durchschnittlich für die Tonne und den Monat auf 1 bis IV» THIr.
Die durch den Kanal gewährte Zeitersparnis; für Schiffe, welche vom englischen
Kanal, dem südöstlichen England, Holland und Nordwestdcutschland nach der
Ostsee oder von dieser nach jenen Küsten wollen, und nicht mit Dampf fahren,
ist durchschnittlich auf 7 Tage anzusetzen (für Klipper auf weniger, für Dampfer
auf etwa 2 Tage). Diese Zcitersparung würde also einem Geldwerth von 7 bis
9V- Silbergroschen auf die Tonne gleichkommen, wobei der Gewinn der bei
hohen Assecuranzen zu berücksichtigenden Versicherungsprämie für 7 Tage nicht
mitgerechnet ist. Der Rheder hat jedoch einen anderen Maßstab der Zeiter¬
sparnis; anzulegen: er verlangt mehr als die gewöhnliche Verzinsung, und wird
dieses Mehr zugelegt, so wird fast ein Vortheil von 10 Sgr. sür die Tonne
durch Benutzung des Kanals erreicht. Berücksichtigt man aber, daß in einer
Abgabe von 10 Sgr. pro Tonne zugleich die Ladung eine Ersparnis; in- der
Assccuranzprämie genießt, und daß diese Ersparnis; in dem Frachtsatze eine
theilweise Ausgleichung findet, so ist der Denkschrift nicht zu widersprechen,
wenn sie behauptet:

1) daß beladene Schiffe bei einer Diirchgangsabgabe von 10 Sgr. für
die Tonne ihrer Tragfähigkeit eine sehr erhebliche Ersparung machen, indem,
wie bemerkt, in dem Frachtsatze indirect die Ersparnis; an der Assecuranz der
Ladung enthalten ist;

2) daß in Ballast fahrende Schiffe bei der Hälfte jener Gebühr, also
S Sgr. pro Tonne, erheblich direct ersparen;

3) daß sür in Ballast fahrende wie für beladene die stark verminderte See
gefahr bei Gebrauch der näheren Wasserstraße von der Nordsee in das baltische
Meer ein reeller Gewinn ist.

Berechnen wir nach dem Gesagten die Rentabilität der Anlage des Kanals,
so kommen wir zu folgenden Resultaten:

Bei der geringsten Frequenz, d. h. bei einer jährlichen Passage von
15,000 Schiffen ii> 200 Tonnen, von welchen Schiffen 13,600 beladen sind,
also pro Tonne 10 Sgr. Abgabe entrichten, während der Nest als in Ballast


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[0154] Da der Kanal ein für den großen Weltverkehr bestimmter ist, wird am besten das Größemciß angenommen, welches am häufigsten vorkommt, und dieses ist die Gewichtstonne, englisch rsZistsr ton, französisch toiweg>u, die auch in Belgien und Nordamerika im Gebrauch ist. Fast jedes größere Schiff der deutschen Handelsmarine (die nach Schiffslasten rechnet) ist in England gewesen und dort gemessen worden; es führt folglich den englischen Meßbrief bei sich. Wo dieser noch fehlt, wird eine Rcductionstabelle aushelfen können. Den Gewinn, den jedes Fahrzeug durch Benutzung des großen norddeut¬ schen Kanals macht, berechnet die Denkschrift folgendermaßen. Kost und Heuer der Schiffsmannschaft so wie gewöhnliche Verzinsung stellt sich durchschnittlich für die Tonne und den Monat auf 1 bis IV» THIr. Die durch den Kanal gewährte Zeitersparnis; für Schiffe, welche vom englischen Kanal, dem südöstlichen England, Holland und Nordwestdcutschland nach der Ostsee oder von dieser nach jenen Küsten wollen, und nicht mit Dampf fahren, ist durchschnittlich auf 7 Tage anzusetzen (für Klipper auf weniger, für Dampfer auf etwa 2 Tage). Diese Zcitersparung würde also einem Geldwerth von 7 bis 9V- Silbergroschen auf die Tonne gleichkommen, wobei der Gewinn der bei hohen Assecuranzen zu berücksichtigenden Versicherungsprämie für 7 Tage nicht mitgerechnet ist. Der Rheder hat jedoch einen anderen Maßstab der Zeiter¬ sparnis; anzulegen: er verlangt mehr als die gewöhnliche Verzinsung, und wird dieses Mehr zugelegt, so wird fast ein Vortheil von 10 Sgr. sür die Tonne durch Benutzung des Kanals erreicht. Berücksichtigt man aber, daß in einer Abgabe von 10 Sgr. pro Tonne zugleich die Ladung eine Ersparnis; in- der Assccuranzprämie genießt, und daß diese Ersparnis; in dem Frachtsatze eine theilweise Ausgleichung findet, so ist der Denkschrift nicht zu widersprechen, wenn sie behauptet: 1) daß beladene Schiffe bei einer Diirchgangsabgabe von 10 Sgr. für die Tonne ihrer Tragfähigkeit eine sehr erhebliche Ersparung machen, indem, wie bemerkt, in dem Frachtsatze indirect die Ersparnis; an der Assecuranz der Ladung enthalten ist; 2) daß in Ballast fahrende Schiffe bei der Hälfte jener Gebühr, also S Sgr. pro Tonne, erheblich direct ersparen; 3) daß sür in Ballast fahrende wie für beladene die stark verminderte See gefahr bei Gebrauch der näheren Wasserstraße von der Nordsee in das baltische Meer ein reeller Gewinn ist. Berechnen wir nach dem Gesagten die Rentabilität der Anlage des Kanals, so kommen wir zu folgenden Resultaten: Bei der geringsten Frequenz, d. h. bei einer jährlichen Passage von 15,000 Schiffen ii> 200 Tonnen, von welchen Schiffen 13,600 beladen sind, also pro Tonne 10 Sgr. Abgabe entrichten, während der Nest als in Ballast

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/154>, abgerufen am 26.06.2024.