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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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Sicherheit einzulothen. Dann fehlt hier die Möglichkeit, viele Schiffe mit
Süßwasser zu versorgen. Endlich gefriert zwar der eckernförder Meerbusen fast
niemals, wohl aber füllt er sich um so regelmäßiger im Winter mit Eisschollen
aus der Ostsee.

Das windebyer Noer, jetzt nur durch einen schmalen Damm vom eckern¬
förder Busen getrennt, ließe sich leicht mit letzterem verbinden und zu einem
brauchbaren Bassin für die deutsche, d. h. bis auf Weiteres die preußische
Flotte machen. Schon die früheren Peilungen und zweifelsohne die neuerdings
im Nver vorgenommenen lassen es als gewiß erscheinen, daß durch Baggerungen
und Ausgrabungen hier ein durchaus befriedigender Hafen herzustellen ist.
Indeß leidet es ebenso wenig einen Zweifel, daß diese nothwendigen Wasser¬
bauten sehr theuer und, um das gleich hier zu sagen, auf alle Fälle bedeutend
theurer sein werden, als im kieler Hafen, wo die Natur fast alles Erforderliche
darbietet, daß ferner die Einfahrt von der Bucht in das zum Hafen umgeschaffne
Noer nicht völlig zu beseitigende Mängel zeigen wird, und daß endlich, wenn
die Handelsmarine das Noer mitbenutzen soll, was nach dem Obigen nur mit
sehr beträchtlichen Kosten zu umgehen wäre, die 200.000 Quadratruthen große
Fläche desselben kaum ausreichen würde.

Ferner ist die strategische Lage des wiedebyer Noer nicht günstig, und
dasselbe gilt von der ganzen lcntzeschen Linie von Eckernförde bis zur Eider.
Die Flotte würde im Hafen hier gegen einen Angriff zur See geschützt sein,
dagegen wären alle Anstalten zu Lande und mit diesen auch die Schiffe im
Fall, daß eine feindliche Armee im Norden Schleswigs siegte, höchst gefährdet,
und wie bedenklich auch die an sich unbedeutendste Belagerung für einen Platz
ist, wo sich so große Schätze an brennbarem Material befinden, wie hier, wissen
wir von Scbastopol her. Aber nicht blos der Kriegshafen würde in solchem
Fall schwerer Gefahr ausgesetzt sein, sondern ein großer Theil des Kanals nach
Lentzes Project.

Der Kanal muß, wo er von der Landseite gefährdet erscheint, möglichst
vor jedem Angriff gedeckt liegen. Da die Seestärke Deutschlands auf der durch
ihn vermittelten Verbindung der beiden Geschwader in Nord- und Ostsee beruht,
so wird es dem Feinde, wenn er den Kanal erreicht, als das Erste und Wich¬
tigste erscheinen, die Benutzung desselben für längere Zeit unmöglich zu machen,
und so muß man der ganzen Linie eine solche Richtung geben, durch welche sie
nicht blos vor längerer Besetzung, sondern auch vor einem plötzlichen localen
Angriffe gesichert ist. Dies ist offenbar von so großer Bedeutung, daß daneben
der Gesichtspunkt der Kosten für die Kanallinie nur wenig in Betracht kommt.

So aber wäre die Richtung des norddeutschen Kanals auf Eckernförde zu
verwerfen. Jeder Angriff auf den Nordwesten Deutschlands muß vom Norden
ausgehen. In dem ganzen Gebiete vom Limfjord bis zur Elbe aber giebt es,


Sicherheit einzulothen. Dann fehlt hier die Möglichkeit, viele Schiffe mit
Süßwasser zu versorgen. Endlich gefriert zwar der eckernförder Meerbusen fast
niemals, wohl aber füllt er sich um so regelmäßiger im Winter mit Eisschollen
aus der Ostsee.

Das windebyer Noer, jetzt nur durch einen schmalen Damm vom eckern¬
förder Busen getrennt, ließe sich leicht mit letzterem verbinden und zu einem
brauchbaren Bassin für die deutsche, d. h. bis auf Weiteres die preußische
Flotte machen. Schon die früheren Peilungen und zweifelsohne die neuerdings
im Nver vorgenommenen lassen es als gewiß erscheinen, daß durch Baggerungen
und Ausgrabungen hier ein durchaus befriedigender Hafen herzustellen ist.
Indeß leidet es ebenso wenig einen Zweifel, daß diese nothwendigen Wasser¬
bauten sehr theuer und, um das gleich hier zu sagen, auf alle Fälle bedeutend
theurer sein werden, als im kieler Hafen, wo die Natur fast alles Erforderliche
darbietet, daß ferner die Einfahrt von der Bucht in das zum Hafen umgeschaffne
Noer nicht völlig zu beseitigende Mängel zeigen wird, und daß endlich, wenn
die Handelsmarine das Noer mitbenutzen soll, was nach dem Obigen nur mit
sehr beträchtlichen Kosten zu umgehen wäre, die 200.000 Quadratruthen große
Fläche desselben kaum ausreichen würde.

Ferner ist die strategische Lage des wiedebyer Noer nicht günstig, und
dasselbe gilt von der ganzen lcntzeschen Linie von Eckernförde bis zur Eider.
Die Flotte würde im Hafen hier gegen einen Angriff zur See geschützt sein,
dagegen wären alle Anstalten zu Lande und mit diesen auch die Schiffe im
Fall, daß eine feindliche Armee im Norden Schleswigs siegte, höchst gefährdet,
und wie bedenklich auch die an sich unbedeutendste Belagerung für einen Platz
ist, wo sich so große Schätze an brennbarem Material befinden, wie hier, wissen
wir von Scbastopol her. Aber nicht blos der Kriegshafen würde in solchem
Fall schwerer Gefahr ausgesetzt sein, sondern ein großer Theil des Kanals nach
Lentzes Project.

Der Kanal muß, wo er von der Landseite gefährdet erscheint, möglichst
vor jedem Angriff gedeckt liegen. Da die Seestärke Deutschlands auf der durch
ihn vermittelten Verbindung der beiden Geschwader in Nord- und Ostsee beruht,
so wird es dem Feinde, wenn er den Kanal erreicht, als das Erste und Wich¬
tigste erscheinen, die Benutzung desselben für längere Zeit unmöglich zu machen,
und so muß man der ganzen Linie eine solche Richtung geben, durch welche sie
nicht blos vor längerer Besetzung, sondern auch vor einem plötzlichen localen
Angriffe gesichert ist. Dies ist offenbar von so großer Bedeutung, daß daneben
der Gesichtspunkt der Kosten für die Kanallinie nur wenig in Betracht kommt.

So aber wäre die Richtung des norddeutschen Kanals auf Eckernförde zu
verwerfen. Jeder Angriff auf den Nordwesten Deutschlands muß vom Norden
ausgehen. In dem ganzen Gebiete vom Limfjord bis zur Elbe aber giebt es,


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[0102] Sicherheit einzulothen. Dann fehlt hier die Möglichkeit, viele Schiffe mit Süßwasser zu versorgen. Endlich gefriert zwar der eckernförder Meerbusen fast niemals, wohl aber füllt er sich um so regelmäßiger im Winter mit Eisschollen aus der Ostsee. Das windebyer Noer, jetzt nur durch einen schmalen Damm vom eckern¬ förder Busen getrennt, ließe sich leicht mit letzterem verbinden und zu einem brauchbaren Bassin für die deutsche, d. h. bis auf Weiteres die preußische Flotte machen. Schon die früheren Peilungen und zweifelsohne die neuerdings im Nver vorgenommenen lassen es als gewiß erscheinen, daß durch Baggerungen und Ausgrabungen hier ein durchaus befriedigender Hafen herzustellen ist. Indeß leidet es ebenso wenig einen Zweifel, daß diese nothwendigen Wasser¬ bauten sehr theuer und, um das gleich hier zu sagen, auf alle Fälle bedeutend theurer sein werden, als im kieler Hafen, wo die Natur fast alles Erforderliche darbietet, daß ferner die Einfahrt von der Bucht in das zum Hafen umgeschaffne Noer nicht völlig zu beseitigende Mängel zeigen wird, und daß endlich, wenn die Handelsmarine das Noer mitbenutzen soll, was nach dem Obigen nur mit sehr beträchtlichen Kosten zu umgehen wäre, die 200.000 Quadratruthen große Fläche desselben kaum ausreichen würde. Ferner ist die strategische Lage des wiedebyer Noer nicht günstig, und dasselbe gilt von der ganzen lcntzeschen Linie von Eckernförde bis zur Eider. Die Flotte würde im Hafen hier gegen einen Angriff zur See geschützt sein, dagegen wären alle Anstalten zu Lande und mit diesen auch die Schiffe im Fall, daß eine feindliche Armee im Norden Schleswigs siegte, höchst gefährdet, und wie bedenklich auch die an sich unbedeutendste Belagerung für einen Platz ist, wo sich so große Schätze an brennbarem Material befinden, wie hier, wissen wir von Scbastopol her. Aber nicht blos der Kriegshafen würde in solchem Fall schwerer Gefahr ausgesetzt sein, sondern ein großer Theil des Kanals nach Lentzes Project. Der Kanal muß, wo er von der Landseite gefährdet erscheint, möglichst vor jedem Angriff gedeckt liegen. Da die Seestärke Deutschlands auf der durch ihn vermittelten Verbindung der beiden Geschwader in Nord- und Ostsee beruht, so wird es dem Feinde, wenn er den Kanal erreicht, als das Erste und Wich¬ tigste erscheinen, die Benutzung desselben für längere Zeit unmöglich zu machen, und so muß man der ganzen Linie eine solche Richtung geben, durch welche sie nicht blos vor längerer Besetzung, sondern auch vor einem plötzlichen localen Angriffe gesichert ist. Dies ist offenbar von so großer Bedeutung, daß daneben der Gesichtspunkt der Kosten für die Kanallinie nur wenig in Betracht kommt. So aber wäre die Richtung des norddeutschen Kanals auf Eckernförde zu verwerfen. Jeder Angriff auf den Nordwesten Deutschlands muß vom Norden ausgehen. In dem ganzen Gebiete vom Limfjord bis zur Elbe aber giebt es,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/102>, abgerufen am 26.06.2024.