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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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Sturmfluthen würden ihn völlig zerstören. Auf der Ostseite würde man alter-
nirende starke Strömungen zu ganz unbestimmten Zeiten haben , und auch diese
würden sich bei bedeutenden Schwankungen des Wasserspiegels in der Ostsee
bis zu zerstörenden Wirkungen steigern.

Der offne Durchstich ohne alle Schleichen ist folglich unmöglich, das putt-
kammersche Project eine Chimäre.

Hiernach bleiben nur noch die beiden Linien Elbe-Eckernförde, oder
das lentzesche, und Elbe-Kiel, oder das Project unsrer Denkschrift, für ein¬
gehende Prüfung übrig.

Betrachten wir zuerst die Linie Lentzes. die im Osten bei Eckernförde
beginnen, sich dann der Obereider bei Rendsburg zuwenden und in der Nähe
von Se. Margarethen in die Elbe münden soll, so hat dieselbe folgende Vor¬
züge: 1) nach den Terrainverhältnissen ist es wahrscheinlich, daß ein auf ihr
auszuführender Kanal bei gleicher Art der Ausführung für etwa 12 Millionen
Thaler, also um ungefähr ein Viertel billiger hergestellt werden kann, als ein Kanal
von der Elbe nach Kiel; 2) das mit dem eckernförder Meerbusen leicht in Ver¬
bindung zu bringende windebyer Noer ist ein Wasserbecken, welches sich vortreff¬
lich zur Herstellung eines Binnenhafens für die Marine eignet. Nachtheile
dagegen sind: 1) daß die eckernförder Bucht sich in nautischer Beziehung nicht
empfiehlt, 2) daß die Anlegung eines Kriegs- und Handelshafens an ihr oder
im Noer kostspielige Bauten erfordert, 3) daß ein solches Etablissement sich
nicht genügend befestigen läßt. 4) daß die Linie im Osten nicht strategisch
günstig ist, endlich 5) daß ein Durchstich mit nur zwei Endschleußen. wie ihn
Herr Lentze dem Vernehmen nach beabsichtigt, sehr bedeutende Summen in
Anspruch nehmen und trotzdem mangelhaft sein wird.

Die nautischen Mängel des eckernförder Busens bestehen in Folgendem:
die Weite und die Oeffnung desselben nach Osten macht, daß er bei heftigen
Ostwinden, wie sie hier im Frühling und Herbst oft Wochen hindurch wehen,
keine sichere Rhede ist. Große Fahrzeuge finden zwar in der Mitte der Bucht
guten Ankergrund, für kleinere ist aber nur an wenigen Stellen volle Sicher¬
heit zu haben, was, wenn sich bei conträren Winde viele solcher Schiffe dort
angesammelt haben, ein sehr bedenklicher Uebelstand ist. Hafenbauten in der
Bucht selbst vorzunehmen -- etwa durch Herstellung langer Molen am innern
Ende -- würde bei der Breite und Tiefe des Meerbusens äußerst kostspielig
sein, und wäre es vollendet, so bleibe das Ein- und Auslaufen in die Bucht
immer noch unter gewissen Umständen gefährlich, theils wegen der vor derselben
liegenden landlosen Gründe Stollergrund und Mittelgrund, theils wegen des
am nördlichen Uferrande befindlichen Bockenis Riffs, welches die Einfahrt be¬
engt. Bei trüber Witterung ferner, wo Landmarken und Feuerzeichen versagen,
ist der Meeresgrund der Bucht von Eckernförde nicht geeignet, die Schiffe mit


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Sturmfluthen würden ihn völlig zerstören. Auf der Ostseite würde man alter-
nirende starke Strömungen zu ganz unbestimmten Zeiten haben , und auch diese
würden sich bei bedeutenden Schwankungen des Wasserspiegels in der Ostsee
bis zu zerstörenden Wirkungen steigern.

Der offne Durchstich ohne alle Schleichen ist folglich unmöglich, das putt-
kammersche Project eine Chimäre.

Hiernach bleiben nur noch die beiden Linien Elbe-Eckernförde, oder
das lentzesche, und Elbe-Kiel, oder das Project unsrer Denkschrift, für ein¬
gehende Prüfung übrig.

Betrachten wir zuerst die Linie Lentzes. die im Osten bei Eckernförde
beginnen, sich dann der Obereider bei Rendsburg zuwenden und in der Nähe
von Se. Margarethen in die Elbe münden soll, so hat dieselbe folgende Vor¬
züge: 1) nach den Terrainverhältnissen ist es wahrscheinlich, daß ein auf ihr
auszuführender Kanal bei gleicher Art der Ausführung für etwa 12 Millionen
Thaler, also um ungefähr ein Viertel billiger hergestellt werden kann, als ein Kanal
von der Elbe nach Kiel; 2) das mit dem eckernförder Meerbusen leicht in Ver¬
bindung zu bringende windebyer Noer ist ein Wasserbecken, welches sich vortreff¬
lich zur Herstellung eines Binnenhafens für die Marine eignet. Nachtheile
dagegen sind: 1) daß die eckernförder Bucht sich in nautischer Beziehung nicht
empfiehlt, 2) daß die Anlegung eines Kriegs- und Handelshafens an ihr oder
im Noer kostspielige Bauten erfordert, 3) daß ein solches Etablissement sich
nicht genügend befestigen läßt. 4) daß die Linie im Osten nicht strategisch
günstig ist, endlich 5) daß ein Durchstich mit nur zwei Endschleußen. wie ihn
Herr Lentze dem Vernehmen nach beabsichtigt, sehr bedeutende Summen in
Anspruch nehmen und trotzdem mangelhaft sein wird.

Die nautischen Mängel des eckernförder Busens bestehen in Folgendem:
die Weite und die Oeffnung desselben nach Osten macht, daß er bei heftigen
Ostwinden, wie sie hier im Frühling und Herbst oft Wochen hindurch wehen,
keine sichere Rhede ist. Große Fahrzeuge finden zwar in der Mitte der Bucht
guten Ankergrund, für kleinere ist aber nur an wenigen Stellen volle Sicher¬
heit zu haben, was, wenn sich bei conträren Winde viele solcher Schiffe dort
angesammelt haben, ein sehr bedenklicher Uebelstand ist. Hafenbauten in der
Bucht selbst vorzunehmen — etwa durch Herstellung langer Molen am innern
Ende — würde bei der Breite und Tiefe des Meerbusens äußerst kostspielig
sein, und wäre es vollendet, so bleibe das Ein- und Auslaufen in die Bucht
immer noch unter gewissen Umständen gefährlich, theils wegen der vor derselben
liegenden landlosen Gründe Stollergrund und Mittelgrund, theils wegen des
am nördlichen Uferrande befindlichen Bockenis Riffs, welches die Einfahrt be¬
engt. Bei trüber Witterung ferner, wo Landmarken und Feuerzeichen versagen,
ist der Meeresgrund der Bucht von Eckernförde nicht geeignet, die Schiffe mit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/101>, abgerufen am 26.06.2024.