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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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teor nicht eben fern stehen. Es ist weiter ein offenes Geheimniß, daß Massimo
d'Azeglio zugleich den innersten Gedanken Victor Emanuels ausgesprochen hat, der
nicht im mindesten nach dem zweifelhaften Glücke geizt, in päpstlichen Gemächern zu
logiren und in Gesellschaft des heiligen Vaters Rom zu bewohnen. Aber wenn die
Idee nicht neu ist, so kann doch erst, seitdem der Vertrag vom 15. Sept. unter¬
zeichnet ist, an ihre Verwirklichung gedacht werden. Man begreift nun, weiche
Wichtigkeit für Louis Napoleon gerade die Bedingung der Verlegung der Hauptstadt
haben mußte. Turin wurde stets als provisorische Hauptstadt betrachtet. So lange
hier der Sitz der Negierung blieb, wandten sich die Blicke nach Rom. Es war unmög¬
lich, diesem idealen Ziel ein anderes zu substituiren. Durch den raschen Entschluß, nach
Florenz zu ziehen, lst die Lage völlig verändert. Schon die enormen Kosten des
Umzugs setzen der Lust, ihn so bald zu wiederholen, einen Dämpfer auf. Man
wird sich an die neue Hauptstadt gewöhnen, mit jedem Tag die Angemessenhcitdiescr Wahl
mehr schätzen lernen^). Aber was die Hauptfache ist, das Verhältniß des Papstes zu
Italien wird damit ein ganz anderes. Mit Turin konnte er nie unterhandeln, der
Hintergedanke: Rom die Hauptstadt; machte es unmöglich. Noch weniger war an
eine Aussöhnung zu denken : der Papst im Vatican, der König im Quirinal be¬
deutete nur tödtliche Feindschaft, Es wäre ein Schauspiel, jenen mittcralterlichen
Fehden vergleichbar, als die Häupter fe-i-üblicher Familien sich in ihren Palästen
gegen einander verschanzten. Ist aber die italienische Regierung definitiv in Florenz
installirt, so kann die Kurie, gegen jeden Angriff gesichert, ohne ihre Würde zu
vergeben, sich zu Unterhandlungen herbeilassen.' Eine Annäherung, eine Abgrenzung
der Gewalten, eine Aussöhnung ist wenigstens möglich. Ob wahrscheinlich, ist eine
andere Frage.

Zu einer Aussöhnung gehören zwei. Ist zu erwarten, daß der Papst die auf
solche Bedingungen hin dargebotene Hand annehme? Wird er sich darauf resigni-
ren, in Rom Souverän zu. sein, aber nicht mehr zu regieren -- re-Z-zers, non gu-
Ksrnars, wie die neue Formel heißt, deren Durchführung man im gegenwärtigen
Stadium für praktischerhält als die ideale cavour'sehe: Freie Kirche im freien Staat?
Man muß es bezweifeln. Pius der Neunte hat sich daran gewöhnt, das Steuer des Schiff¬
leins Petri der lieben Vorsehung zu überlassen und seine schönen Hände in Un¬
schuld zu waschen. Entschlüsse, politische Gedanken sind von ihm nicht mehr zu er¬
warten. Seit den Tagen von Gaeta ist ihm sein Weg unabänderlich vorgezeichnet.
Diese himmlische Sorglosigkeit hatte aber nur so lange wenigstens den Schein einer
Politischen Haltung, als die entscheidenden Mächte ein Interesse an der Aufrechthal¬
tung des solus (zuo hatten. Etwas Anderes ist es, wenn das Papstthum auch auf
die angestrengten Versuche, eines der größten weltgeschichtlichen Probleme ohne Ka¬
tastrophe zu lösen, keine andere Antwort hat, als den üblichen Jammer über die
Verderbtheit der Zeit, das obligate, aus den Rüstkammern des Mittelalters zusam¬
mengeborgte Manifest wider die moderne Cultur. Durch diese unschädlichen Mono¬
loge, durch das unabänderliche non xossumus verzichtet das Papstthum darauf, selbst
ein Wort zu jener Lösung auszusprechen. Es ist zum bloßen Object der andern
Mächte geworden.

Allein man weiß auch, daß das thatsächlichste Hinderniß einer Aussöhnung mit
Italien eben die Person des gegenwärtigen Papstes ist. Das Cardinalcollegium be¬
steht zu zwei Dritttheilen ans Italienern. Wer mag errathen, was hier für den
Fall einer päpstlichen Vacanz vorbereitet wird? Selbst Antonclli, der Gegner der
hcißspornigen ausländischen Partei, ist nicht ohne Etwas, was man eine Art von
Nationalgefühl nennen könnte. Unvergessen ist, daß in den letzten Zeiten Eavours
Agenten dieses Staatsmannes heimliche Verhandlungen mit Agenten des Cardinal-



") Man vergleiche die treffenden Ausführungen von Noclolplrö Rh^ in seiner Schrift
1'urin, ki'lorenLg c>u Roos, ?in'is. 18t>4.

teor nicht eben fern stehen. Es ist weiter ein offenes Geheimniß, daß Massimo
d'Azeglio zugleich den innersten Gedanken Victor Emanuels ausgesprochen hat, der
nicht im mindesten nach dem zweifelhaften Glücke geizt, in päpstlichen Gemächern zu
logiren und in Gesellschaft des heiligen Vaters Rom zu bewohnen. Aber wenn die
Idee nicht neu ist, so kann doch erst, seitdem der Vertrag vom 15. Sept. unter¬
zeichnet ist, an ihre Verwirklichung gedacht werden. Man begreift nun, weiche
Wichtigkeit für Louis Napoleon gerade die Bedingung der Verlegung der Hauptstadt
haben mußte. Turin wurde stets als provisorische Hauptstadt betrachtet. So lange
hier der Sitz der Negierung blieb, wandten sich die Blicke nach Rom. Es war unmög¬
lich, diesem idealen Ziel ein anderes zu substituiren. Durch den raschen Entschluß, nach
Florenz zu ziehen, lst die Lage völlig verändert. Schon die enormen Kosten des
Umzugs setzen der Lust, ihn so bald zu wiederholen, einen Dämpfer auf. Man
wird sich an die neue Hauptstadt gewöhnen, mit jedem Tag die Angemessenhcitdiescr Wahl
mehr schätzen lernen^). Aber was die Hauptfache ist, das Verhältniß des Papstes zu
Italien wird damit ein ganz anderes. Mit Turin konnte er nie unterhandeln, der
Hintergedanke: Rom die Hauptstadt; machte es unmöglich. Noch weniger war an
eine Aussöhnung zu denken : der Papst im Vatican, der König im Quirinal be¬
deutete nur tödtliche Feindschaft, Es wäre ein Schauspiel, jenen mittcralterlichen
Fehden vergleichbar, als die Häupter fe-i-üblicher Familien sich in ihren Palästen
gegen einander verschanzten. Ist aber die italienische Regierung definitiv in Florenz
installirt, so kann die Kurie, gegen jeden Angriff gesichert, ohne ihre Würde zu
vergeben, sich zu Unterhandlungen herbeilassen.' Eine Annäherung, eine Abgrenzung
der Gewalten, eine Aussöhnung ist wenigstens möglich. Ob wahrscheinlich, ist eine
andere Frage.

Zu einer Aussöhnung gehören zwei. Ist zu erwarten, daß der Papst die auf
solche Bedingungen hin dargebotene Hand annehme? Wird er sich darauf resigni-
ren, in Rom Souverän zu. sein, aber nicht mehr zu regieren — re-Z-zers, non gu-
Ksrnars, wie die neue Formel heißt, deren Durchführung man im gegenwärtigen
Stadium für praktischerhält als die ideale cavour'sehe: Freie Kirche im freien Staat?
Man muß es bezweifeln. Pius der Neunte hat sich daran gewöhnt, das Steuer des Schiff¬
leins Petri der lieben Vorsehung zu überlassen und seine schönen Hände in Un¬
schuld zu waschen. Entschlüsse, politische Gedanken sind von ihm nicht mehr zu er¬
warten. Seit den Tagen von Gaeta ist ihm sein Weg unabänderlich vorgezeichnet.
Diese himmlische Sorglosigkeit hatte aber nur so lange wenigstens den Schein einer
Politischen Haltung, als die entscheidenden Mächte ein Interesse an der Aufrechthal¬
tung des solus (zuo hatten. Etwas Anderes ist es, wenn das Papstthum auch auf
die angestrengten Versuche, eines der größten weltgeschichtlichen Probleme ohne Ka¬
tastrophe zu lösen, keine andere Antwort hat, als den üblichen Jammer über die
Verderbtheit der Zeit, das obligate, aus den Rüstkammern des Mittelalters zusam¬
mengeborgte Manifest wider die moderne Cultur. Durch diese unschädlichen Mono¬
loge, durch das unabänderliche non xossumus verzichtet das Papstthum darauf, selbst
ein Wort zu jener Lösung auszusprechen. Es ist zum bloßen Object der andern
Mächte geworden.

Allein man weiß auch, daß das thatsächlichste Hinderniß einer Aussöhnung mit
Italien eben die Person des gegenwärtigen Papstes ist. Das Cardinalcollegium be¬
steht zu zwei Dritttheilen ans Italienern. Wer mag errathen, was hier für den
Fall einer päpstlichen Vacanz vorbereitet wird? Selbst Antonclli, der Gegner der
hcißspornigen ausländischen Partei, ist nicht ohne Etwas, was man eine Art von
Nationalgefühl nennen könnte. Unvergessen ist, daß in den letzten Zeiten Eavours
Agenten dieses Staatsmannes heimliche Verhandlungen mit Agenten des Cardinal-



") Man vergleiche die treffenden Ausführungen von Noclolplrö Rh^ in seiner Schrift
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/45>, abgerufen am 23.07.2024.