Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.der Landesherrschaft und ein Compatronat der Stadt Rostock über die Univer¬ Der dreißigjährige Krieg, obgleich sonst für Mecklenburg von verderblichster der Landesherrschaft und ein Compatronat der Stadt Rostock über die Univer¬ Der dreißigjährige Krieg, obgleich sonst für Mecklenburg von verderblichster <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0388" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282629"/> <p xml:id="ID_1073" prev="#ID_1072"> der Landesherrschaft und ein Compatronat der Stadt Rostock über die Univer¬<lb/> sität begründet, zu deren Attributen namentlich die früher der Universitäts-<lb/> corporation selbst zuständige Berufung und Anstellung der Professoren gehörte.<lb/> Der Rath übernahm die Besoldung von zwei theologischen und einem juristischen<lb/> Professor, die ihm besonders verpflichtet werden sollten, und gelobte außer¬<lb/> dem jährlich noch eine Summe zum Unterhalt von sechs andern Professoren<lb/> (einem Juristen, einem Mediciner und vier Artisten). So entstanden zwei Kol¬<lb/> legien von Professoren, ein fürstliches und ein räthliches, von denen jedes neun<lb/> Professoren (zwei Theologen, zwei Juristen, einen Mediciner und vier Artisten)<lb/> zählte. Beide zusammen bildeten das aus achtzehn Mitgliedern bestehende Con¬<lb/> cilium (den akademischen Senat). Die überzähligen Artisten hatten im Con¬<lb/> cilium keinen Sitz. Die Reorganisation setzte sich in neuen Facultätsstatuten,<lb/> einer neuen Regentienordnung und in der Errichtung eines Convictoriums für<lb/> Studirende fort. Neue Differenzen, welche zwischen der Universität und dem<lb/> Rath entstanden, führten zu einem Ergänzungsvertrage., welcher am 19. Oct.<lb/> 1677 zwischen beiden Theilen abgeschlossen ward und zum Unterschiede von dem<lb/> Bertrage von 1563 die ^ormulo. eoneoräiaö posterior genannt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1074" next="#ID_1075"> Der dreißigjährige Krieg, obgleich sonst für Mecklenburg von verderblichster<lb/> Wirkung, schlug der Universität keine nachhaltigen Wunden. Aber in der ersten<lb/> Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts nahm ihr Glanz merklich ab. Dazu kamen<lb/> dann die Zwistigkeiten, welche um das Jahr 1738 zwischen Herzog Friedrich<lb/> von Mecklenburg-Schwerin und der Stadt Rostock sich erhoben und bald zu<lb/> einer für die Universität überaus unheilvollen Explosion führten. So weit die<lb/> Universität einen Antheil an diesem Zerwürfnisse hatte ward dasselbe durch den<lb/> Zusammenstoß zwischen den beiden theologischen Richtungen, der scholastisch,<lb/> orthodoxen und der pietistischen, herbeigeführt. Die letztere war in dem (um<lb/> Ostern 17S8) vom Herzog berufenen Hallenser Professor Chr. Alvr. D öderlein<lb/> vertreten. Derselbe weigerte sich, den Eid aus die symbolischen Bücher in der<lb/> strengen Form zu leisten, welche die Statuten der Facultät als Bedingung<lb/> der Aufnahme vorschrieben; und die Facultät weigerte sich ihrerseits, dem<lb/> auf eine Abänderung und mildere Fassung der Eidesformel gerichteten Befehl<lb/> des Herzogs Folge zu leisten. Der Herzog entschloß sich nun, den unter seinem<lb/> Patronat stehenden Theil der Universität nach der vier Meilen von Rostock ent¬<lb/> fernten Stadt Vützow zu verlegen und denselben hier als neue Universität zu<lb/> constituiren. Die vom Rath berufenen Professoren, neun an der Zahl , blieben<lb/> in Rostock zurück und setzten hier die Universität fort, freilich ohne Siegel und<lb/> Jnsignien, da diese nach Bützow mitgenommen waren, und ohne Promotions-<lb/> befugniß, da diese von dem Herzog als Kanzler der Universität, in welches Amt<lb/> die Landesherren als Rechtsnachfolger des Bischofs von Schwerin eingetreten<lb/> waren, für jeden einzelnen Fall ertheilt werden mußte. Daß durch diese Hat-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0388]
der Landesherrschaft und ein Compatronat der Stadt Rostock über die Univer¬
sität begründet, zu deren Attributen namentlich die früher der Universitäts-
corporation selbst zuständige Berufung und Anstellung der Professoren gehörte.
Der Rath übernahm die Besoldung von zwei theologischen und einem juristischen
Professor, die ihm besonders verpflichtet werden sollten, und gelobte außer¬
dem jährlich noch eine Summe zum Unterhalt von sechs andern Professoren
(einem Juristen, einem Mediciner und vier Artisten). So entstanden zwei Kol¬
legien von Professoren, ein fürstliches und ein räthliches, von denen jedes neun
Professoren (zwei Theologen, zwei Juristen, einen Mediciner und vier Artisten)
zählte. Beide zusammen bildeten das aus achtzehn Mitgliedern bestehende Con¬
cilium (den akademischen Senat). Die überzähligen Artisten hatten im Con¬
cilium keinen Sitz. Die Reorganisation setzte sich in neuen Facultätsstatuten,
einer neuen Regentienordnung und in der Errichtung eines Convictoriums für
Studirende fort. Neue Differenzen, welche zwischen der Universität und dem
Rath entstanden, führten zu einem Ergänzungsvertrage., welcher am 19. Oct.
1677 zwischen beiden Theilen abgeschlossen ward und zum Unterschiede von dem
Bertrage von 1563 die ^ormulo. eoneoräiaö posterior genannt wird.
Der dreißigjährige Krieg, obgleich sonst für Mecklenburg von verderblichster
Wirkung, schlug der Universität keine nachhaltigen Wunden. Aber in der ersten
Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts nahm ihr Glanz merklich ab. Dazu kamen
dann die Zwistigkeiten, welche um das Jahr 1738 zwischen Herzog Friedrich
von Mecklenburg-Schwerin und der Stadt Rostock sich erhoben und bald zu
einer für die Universität überaus unheilvollen Explosion führten. So weit die
Universität einen Antheil an diesem Zerwürfnisse hatte ward dasselbe durch den
Zusammenstoß zwischen den beiden theologischen Richtungen, der scholastisch,
orthodoxen und der pietistischen, herbeigeführt. Die letztere war in dem (um
Ostern 17S8) vom Herzog berufenen Hallenser Professor Chr. Alvr. D öderlein
vertreten. Derselbe weigerte sich, den Eid aus die symbolischen Bücher in der
strengen Form zu leisten, welche die Statuten der Facultät als Bedingung
der Aufnahme vorschrieben; und die Facultät weigerte sich ihrerseits, dem
auf eine Abänderung und mildere Fassung der Eidesformel gerichteten Befehl
des Herzogs Folge zu leisten. Der Herzog entschloß sich nun, den unter seinem
Patronat stehenden Theil der Universität nach der vier Meilen von Rostock ent¬
fernten Stadt Vützow zu verlegen und denselben hier als neue Universität zu
constituiren. Die vom Rath berufenen Professoren, neun an der Zahl , blieben
in Rostock zurück und setzten hier die Universität fort, freilich ohne Siegel und
Jnsignien, da diese nach Bützow mitgenommen waren, und ohne Promotions-
befugniß, da diese von dem Herzog als Kanzler der Universität, in welches Amt
die Landesherren als Rechtsnachfolger des Bischofs von Schwerin eingetreten
waren, für jeden einzelnen Fall ertheilt werden mußte. Daß durch diese Hat-
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